Freie Lizenzen für ARD-Bildungsformat

Kai Wegner, via Flickr unter CC-BY-2.0
Der Bayerische Rundfunk (BR), die viertgrößte Landesrundfunkanstalt unter den ARD-Anstalten, betreibt seit 1996 das „Telekolleg“. Das ist ein kostenloses Bildungsangebote für Erwachsene zum zeitlich unabhängigen Lernen. Nutzende können über das Angebot verschiedene Schulabschlüsse wie Mittlere Reife oder Fachhochschulreife erwerben. Die Inhalte können aber auch einzeln von Schülerinnen und Schülern zur Vorbereitung, Nachbereitung oder Begleitung des Unterrichts genutzt werden. Angeboten wird das Lernmaterial in Form von Fernsehsendungen, schriftlichem Studienmaterial und regelmäßigen Unterrichtsveranstaltungen.
„Telekolleg“ wird „kolleg24“ – mit offener CC-Lizenz
Der Großteil der Sendungen in den Mediatheken des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks (ÖRR) steht unter dem Schutz des Urheberrechts – und darf ohne Erlaubnis nicht weiterverbreitet oder -verwendet werden. Das soll sich jetzt ändern – zumindest schrittweise. In einer Pressemitteilung vom 8. Juli 2022 hat die ARD bekannt gegeben, dass ab 2023 der überwiegende Teil der Neuproduktionen CC-lizenziert werden soll. Dafür soll das bisherige Lernangebot „Telekolleg“ umgebaut werden „zu einem digitalen und multimedialen Angebot“ und künftig unter dem Namen „kolleg24“ laufen. Mit dem Format gehen BR und ARD „neue Wege auf dem Lizenzsektor“, wie es in der Pressemitteilung heißt: Die meisten der ab 2023 verfügbaren Neuproduktionen sollen unter der CC-Lizenz „CC BY-SA“ veröffentlicht werden.
Was CC BY-SA erlaubt
Das ist Musik in den Ohren der OER-Fans: Die Lizenz „CC BY-SA“ gilt als besonders geeignet für Offene Bildungsmaterialien (englisch: Open Educational Resources; kurz: OER), da sie Bearbeitungen zulässt und damit auch eine nachträgliche Anpassung oder Rekombination mit anderen, offen lizenzierten Inhalten erlaubt. Das „BY“ steht hierbei für die Namensnennung des*r Urhebers*in, also von wem (englisch by) das Werk stammt. „SA“ steht für „share alike“. Konkret bedeutet das: Wer den Inhalt bearbeitet, darf die neue Version nur unter den gleichen Lizenzbedingungen weitergeben.
Veröffentlicht beispielsweise ein Musiker einen Song unter dieser Lizenz, kann eine Nutzerin das Stück rearrangieren und anderweitig bearbeiten. Sie muss aber den ursprünglichen Urheber nennen und darf ihren neu entstandenen Song dann nicht unter restriktiveren Bedingungen zur Verfügung stellen als die Lizenz CC BY-SA.

Wie offen darf es sein? Was man beim Einräumen von CC-Lizenzen wissen sollte
Creative Commons-Lizenzen zu verwenden und die eigenen Werke zur Nachnutzung freizugeben, das ist kein Zauberwerk, wenn man einige Grundregeln beachtet. Dieser Text erläutert, welche Module bei CC zur Auswahl stehen (und empfehlenswert für OER sind) und wie man die Lizenzhinweise akkurat angibt. Hilfestellung rund um das Thema Creative Commons bieten auch die rund 130 CC-FAQs in deutscher Sprache. » mehr
Mehr freie ÖRR-Angebote – Vorbild Terra-X
Der Vorstoß in die Welt der freien Lizenzen sei Teil der „Public-Value-Strategie“ der ARD, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Damit wolle die ARD eine „noch breitere und rechtlich vereinfachte Weiterverwendung von Inhalten als Element zur Erfüllung ihres Auftrags zur freien Meinungsbildung und zur Orientierung in der Informations- und Mediengesellschaft“ ermöglichen. Zwar gab es bereits Veröffentlichungen von Inhalten unter CC-Lizenzen, wie etwa einzelne Tagesschau-Videos oder der Corona-Podcast von Prof. Ciesek und Prof. Drosten. Diese erscheinen jedoch unter der besonders restriktiven CC BY-NC-ND 4.0-Lizenz, die jegliche Bearbeitungen verbietet und nicht OER-kompatibel ist.
Das ZDF gibt bereits seit einigen Jahren ausgewählte Videos von Terra X unter CC-Lizenz frei. Damit können auch Plattformen wie Wikipedia die Videos teilen, also in ihre Artikel einbauen und verwenden. Und das mit großem Erfolg: Die Clips wurden über Wikipedia bereits mehr als 15 Millionen Mal angeklickt.
Übersicht: CC-FAQs auf iRights.info
Fragen oder Unsicherheiten bei Creative-Commons-Lizenzen? Die deutschen CC-FAQs helfen weiter! iRights.info bietet dazu eine siebenteilige Übersicht:
- Teil 1: Wozu es Creative-Commons-Lizenzen braucht und wie genau sie funktionieren
- Teil 2: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig verstehen und anwenden – Beispiel Namensnennung (CC-BY)
- Teil 3: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig kombinieren – Besonderheiten des NC-Moduls (non-commercial)
- Teil 4: Datenbanken und Creative-Commons-Lizenzen: Was gilt es grundsätzlich zu beachten?
- Teil 5: Daten und Creative-Commons-Lizenzen – Trainingsmaterial für Künstliche Intelligenz
- Teil 6: Creative Commons: Was tun bei Lizenzverstößen? Wie setze ich meine Rechte durch?
- Teil 7: Wie stehen Creative Commons zu Public Domain und Open Access?
Außerdem interessant: Das iRights.info-Dossier zu Creative Commons mit vielen hilfreichen Tipps und Texten.
Öffentliches Geld, öffentliches Gut?
Verschiedene Organisationen fordern bereits seit Jahren mehr Creative-Commons-Lizenzen für Inhalte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR), so etwa Wikimedia e.V.. Gemeinsam mit Bundeselternrat, Bundesschülerkonferenz, dem Deutschen Lehrerverband, dem Deutschen Bundesjugendring, der Klassik Stiftung Weimar und weiteren hatte Wikimedia 2020 eine Kampagne unter dem Motto „Öffentliches Geld – Öffentliches Gut“ gestartet. Darin forderten sie die ÖRR-Sender auf, Bildungsinhalte möglichst unter freier Lizenz und dauerhaft online verfügbar zu halten.
ÖRR meets OER: Mehr Vor- als Nachteile
Für die Öffentlich-Rechtlichen kann die freie Lizenzierung kompliziert sein, da die Sender darauf angewiesen sind, dass die Urheber oder Rechteinhaberinnen die Inhalte freigeben. Diese haben bei der Gestaltung der Lizenzen ein Mitspracherecht.
Dennoch lässt sich mir dem von der ARD als „Public-Value-Strategie“ bezeichneten Plan auch ein Umdenken erkennen: Weil der ÖRR durch öffentliche Rundfunkbeiträge, die jede*r einzelne zahlt, finanziert ist, bekennen sich die Sender zunehmend zu mehr Offenheit der Inhalte.
Für die OER-Community haben die Angebote des ÖRR einen entscheidenden Vorteil: Sie sind professionell erstellt und fachlich geprüft. So werden die ÖRR ihrem Bildungs- und Grundversorgungsauftrag gerecht(er) und sorgen gleichzeitig für mehr Verbreitung öffentlich-rechtlicher Inhalte im Netz. Gerade die Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Möglichkeit für Lernende ist, Inhalte online und möglichst barrierefrei nutzen zu können.
iRights.info informiert und erklärt rund um das Thema „Urheberrecht und Kreativität in der digitalen Welt“.
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