Frei lizenzierte Texte hinter Bezahlschranken
Freie Lizenzen kurz erklärt
Freie Lizenzen wie beispielsweise CC BY, CC BY-SA oder CC0 erlauben eine freie Nutzung und Bearbeitung von urheberrechtlich geschützten Werken.
Ein Beispiel: Eine Autorin schreibt einen Text. Sie möchte, dass jede*r den Text bearbeiten, auf dem eigenen Blog weiterverbreiten oder für ein YouTube-Video einsprechen kann – auch um damit Einnahmen zu erzielen. Für diesen Zweck eignet sich u.a. die Lizenz CC BY: Bei CC BY müssen Nachnutzende den Namen der Autorin und den Hinweis auf die Lizenz übernehmen.
Bei CC BY-SA kommt als Bedingung hinzu, dass die Weitergabe von Bearbeitungen unter gleichen Lizenzbedingungen erfolgen muss. Soll heißen: Wer eine Bearbeitung eines Werks mit CC BY-SA veröffentlichen will, muss für die Bearbeitung ebenfalls die Lizenz CC BY-SA benutzen.
Wenn der Autorin all diese Dinge nicht wichtig sind, kann sie auch die Lizenz CC0 vergeben. Damit entlässt sie ihr Werk in die Gemeinfreiheit: In diesem Fall gibt es keine Beschränkungen oder Lizenzbedingungen mehr – nicht einmal der Name der Autorin oder die Lizenz müssen genannt werden.
CC-Lizenzen mit NC- oder ND-Modul sind für Offenheit nicht zu empfehlen. Sie schränken die Nutzung zu sehr ein oder bringen andere Probleme mit sich. Besser sind die liberaleren Lizenzen CC BY, CC BY-SA und natürlich CC0.
Bezahlschranken im Netz
Beim digitalen Publizieren von Inhalten, zum Beispiel journalistischen oder wissenschaftlichen Texten, setzen viele Verlage und Medien auf Bezahlschranken (Englisch: paywalls). Landen Interessierte vor einer Bezahlschranke, müssen sie sich registrieren, einen Einzelbetrag entrichten oder sogar ein Abonnement abschließen. Erst dann können sie den betreffenden Text lesen und/oder herunterladen. Bezahlschranken sind also Mittel, um Einnahmen zu generieren.
Vielen Leser*innen sind Bezahlschranken ein Dorn im Auge – besonders bei öffentlich finanzierten wissenschaftlichen Texten. Aber auch bei journalistischen Medien, die den Zugang zu einem Einzeltext nur per Abo ermöglichen und keine Micro-Payments anbieten, gibt es immer wieder Klagen und Umgehungsstrategien.
Auch kommerzielle Streaming-Services wie Netflix, Disney+, Spotify und andere nutzen Bezahlschranken für ihre Inhalte. Je nach Zuschnitt erhalten zahlende Kund*innen Zugriff auf einzelne Inhalte (z.B. einen Film oder eine Folge einer Serie) oder auf den gesamten Katalog des Anbieters.
Öffentlich-rechtliche Inhalte, die sich beispielsweise in den Mediatheken von ARD und ZDF finden lassen, sind ohne Bezahlschranken zugänglich. Die Inhalte sind bereits durch die allgemein erhobene Rundfunkabgabe finanziert. Erfreulicherweise setzen die Öffentlich-Rechtlichen Rundfunkanstalten zunehmend auf freie Lizenzen.
Wie freie Lizenzen und Bezahlschranken zueinander stehen
Auch wenn es zunächst kontra-intuitiv wirken mag: Es ist rechtmäßig, frei lizenzierte Inhalte hinter eine Bezahlschranke zu stellen. Damit darf also beispielsweise eine Zeitung ein CC-BY-lizenziertes Bild in einem Artikel einbinden, der insgesamt hinter einer Paywall steht. Denn die Creative-Commons-Lizenzen schreiben nicht vor, dass der weitergegebene Inhalt für alle frei zugänglich sein muss. Dies mag im Sinne der Offenheit zwar zu begrüßen sein, es lässt sich aus der Lizenz aber nicht herleiten.
Ein hinter einer Bezahlschranke verfügbar journalistischer Text beispielsweise steht weiterhin für Veränderungen, Weiterverbreitungen etc. zur Verfügung, auch wenn man sich für den Zugang registrieren oder bezahlen muss.
Allerdings verbieten die CC-Lizenzen, dass die Nutzung des betreffenden Werks für nachfolgende Nutzer*innen eingeschränkt wird. Es muss also allgemein möglich sein, ein frei lizenziertes Werk zu nutzen, insbesondere weiterzugeben. Das ist bei Bezahlschranken oder Registrierungen weiterhin gegeben: Solange ein CC-lizenzierter Text oder ein CC-lizenziertes Bild in einem Zeitungstext o.ä., der hinter einer Paywall steht, korrekt mit dem CC-Lizenzhinweis versehen ist und kopiert werden kann, ist die Lizenz gewahrt.
In der Folge bedeutet das aber auch: Einmal von der Bezahlschranke „befreit“, darf man frei lizenzierte Inhalte ohne Bezahlschranke im Netz weiterverbreiten, also etwa auf den eigenen Blog, YouTube-Account oder in den Sozialen Medien hochladen.
Bezahlschranken vs. technischer Kopierschutz
Ein anderer Fall liegt vor, wenn der Text technisch so eingebunden wird, dass nicht mehr kopiert oder anderweitig im Sinne der Lizenz genutzt werden kann. Das ist etwa durch Kopierschutzmechanismen denkbar (als Verfahren auch unter dem Begriff digital rights management, kurz: DRM, bekannt).
Gemeinfreie Materialien bei kommerziellen Anbietern
Ähnlich verhält es sich bei gemeinfreiem Material: Kommerzielle Bildagenturen machen sich die Gemeinfreiheit von Werken immer wieder zunutze. Gemeinfrei wird ein Werk nach deutschem Urheberrecht, wenn der Urheber vor mehr als 70 Jahren verstorben ist – der Urheberrechtsschutz ist damit ausgelaufen.
Wer beispielsweise bei dem großen Anbieter Getty Images stöbert, stößt immer wieder auf solches gemeinfreies Bildmaterial. Wer Material aus dem Angebot von Getty nutzen will, muss in der Regel dafür bezahlen. Das mag das ärgerlich sein, es ist aber legal – es kann sich also lohnen, eine andere Quelle für ein gemeinfreies Werk zu suchen, zum Beispiel über die Rückwärtssuche bei Google oder TinEye.
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1 Kommentar
1 Thomas Uwe Grüttmüller am 13. Juli, 2024 um 01:57
Die Stärke der CC0 liegt imho in der Kompatibilität zu sämtlichen freien Lizenzen. Copyleft-Lizenzen sind zwar eine gute Sache, aber meist inkompatibel zueinander. Es ist blöd, wenn man aus zwei Musikstücken kein Mashup mixen darf, nur weil das eine unter das LFFI und das andere unter der GPL3 steht. Mit der CC0 hat man solche Probleme nicht.
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