Freedom-House-Bericht: Erneut kein gutes Jahr für bürgerliche Freiheiten im Netz
Die Freiheiten, die die Bürger auf der ganzen Welt genießen, wenn sie sich online betätigen, sind im fünften Jahr in Folge weiter eingeschränkt worden. Das ist die zentrale Erkenntnis des Jahresberichts „Freedom on the Net“, der vergangene Woche von der US-amerikanischen Organisation Freedom House veröffentlicht wurde.
Der Bericht untersucht die Lage exemplarisch in 65 Ländern. In 42 von ihnen sei es zu behördlich angeordneten Löschungen von Inhalten gekommen, die sich mit religiösen, politischen oder sozialen Themen beschäftigt hatten. Auch Verhaftungen von Personen, die über solche Themen im Internet berichteten, haben im Berichtszeitraum zwischen Juni 2014 und September 2015 erneut zugenommen. Darüber hinaus beobachtet der Bericht eine weitere Zunahme staatlicher Überwachungstätigkeit im Netz und damit zusammenhängend eine zunehmende Aushöhlung der Möglichkeit, anonym oder verschlüsselt über das Internet zu kommunizieren.
In Deutschland gibt es insgesamt weniger zu beanstanden. Das Land steht in der Gesamtbetrachtung hinter Island, Estland und Kanada sogar auf dem vierten Rang. Dennoch ist auch hier nicht alles positiv.
So vermerkt der von Philipp Otto und mir erstellte Länderbericht, dass sich das Leistungsschutzrecht für Presseverleger negativ auf den freien Zugang zu Informationen und damit auch auf die Meinungsäußerungsfreiheit auswirkt. Hinzu kommt das Festhalten an der Vorratsdatenspeicherung, die das Recht auf Privatsphäre beschneidet. Auch die Rolle des Bundesnachrichtendiensts bei der Ausspähung deutscher Bürger und Unternehmen durch den US-Geheimdienst NSA konnte noch nicht zufriedenstellend aufgeklärt werden. Die Bundesregierung wird hier als insgesamt noch zu passiv bewertet.
Der in Washington ansässige Think Tank Freedom House wurde 1941 gegründet. Finanziert wird er in erster Linie über Bundeszuschüsse und private Spenden. Er beobachtet die Entwicklung der demokratischen Rechte und politischen und bürgerlichen Freiheiten weltweit. Seit 1972 wird jährlich der Bericht „Freedom in the World“ herausgegeben, seit fünf Jahren erscheint zusätzlich der Bericht „Freedom on the Net“, der sich mit den Freiheiten im Internet befasst.
Der Gesamtbericht 2015 (PDF) ist bei Freedom House nachzulesen.
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