Klare Ansage aus Karlsruhe: Bundesgerichtshof erlaubt Abbildungen von Fototapeten
Dem Urteil war ein jahrelanger Streit vorausgegangen: Ein Fotograf hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Bilder von Fototapeten im Netz aufzuspüren und gegen ihre Nutzung juristisch vorzugehen.
Typisch dafür waren Aufnahmen von Ferienwohnungen oder Hotelzimmern, etwa auf einschlägigen Buchungsportalen. Aber auch Aufnahmen, die Privatpersonen in Sozialen Medien geteilt hatten, wurden abgemahnt. In einem weiteren Fall ging es um eine Medienagentur, die auf ihrer Internetpräsenz eine Abbildung von einer selbst gestalteten Webseite hochgeladen hatte. Darauf war eine Fototapete in einem Gastraum eines Tenniscenters zu sehen.
Fototapeten verkaufen und dann die Nutzung abmahnen – fragwürdiges Geschäftsmodell eines Fotografen
Der Fotograf behauptete, dass er beziehungsweise seine Firma das Urheberrecht an diesen Aufnahmen habe. Und dass es sich bei der Darstellung solcher Fototapeten um eine kommerzielle Nutzung handle. Mit dieser Begründung forderte er Schadensersatz von den Nutzenden ein.
Folgte auf diese Schadensersatzforderung keine Zahlung, ging der Fotograf einen Schritt weiter und reichte Klage ein. Offenbar fühlten sich einige Betroffene von diesem Vorgehen derart eingeschüchtert, dass sie zähneknirschend die – teils vierstelligen – Beträge beglichen, ohne es auf einen Rechtsstreit ankommen zu lassen.
BGH: Wer Fototapeten verkauft, muss mit ihrer öffentlichen Abbildung rechnen
Der Bundesgerichtshof (BGH) schob dem Abmahndrang des Fotografen nun jedoch einen Riegel vor. Am vergangenen Mittwoch kam man in Karlsruhe zu dem Urteil,
„dass die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet die nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechte an den auf der Tapete abgedruckten Fotografien nicht verletzt.“
Das Gericht begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass es „üblich“ sei, dass Privatpersonen wie gewerblich orientierte Unternehmen öffentlich Aufnahmen von dekorierten Innenräumen zeigten – online wie offline. Eine solche Nutzung sei „im für den Urheber vorhersehbaren Rahmen der vertragsgemäßen Verwendung der Fototapeten“. Heißt im Klartext: Wer Fototapeten verkauft, muss damit rechnen und es hinnehmen, dass Dritte Aufnahmen davon im Netz öffentlich zeigen, egal ob zu privaten und gewerblichen Zwecken.
Konkludente Einwilligung für „übliche“ Nutzungen – nicht nur bei Fototapeten?
Der Fotograf hatte auf den Fototapeten auch keine Nennung seines Namens als Urheber oder andere lizenzrechtliche Einschränkungen angebracht. Die Nutzenden waren dem Gericht zufolge zu Recht davon ausgegangen, dass mit dem Kauf der Fototapete eine mögliche Nutzung bereits abgegolten sei. In der juristischen Fachsprache nennt sich das eine „konkludente Einwilligung“.
Interessant ist das Verfahren zudem, weil es über den Fall mit den Fototapeten hinaus Wirkung entfalten könnte. Denn auf die „konkludente Einwilligung“ des Urhebers bzw. der der Urheberin könnten sich in Zukunft auch andere Nutzende berufen, so der Bundesgerichtshof in seinem Urteil, wenn „ihre Nutzungshandlungen aus objektiver Sicht als üblich anzusehen sind“.
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