Foto-Reproduktionen: Wikimedia verliert Bilderstreit mit Mannheimer Museum (Update)
Wie Wikimedia Deutschland mitteilt, hat das Landgericht nun im Sinne der Reiss-Engelhorn-Museen entschieden. Diese wollten vor Gericht erreichen, dass Foto-Reproduktionen von Kunstwerken aus den Beständen der Museen vom Bildarchiv Wikimedia Commons gelöscht werden müssen.
Wikimedia steht auf dem Standpunkt, dass fotografische Reproduktionen von Werken, deren Urheberrechte bereits abgelaufen sind, ebenfalls gemeinfrei sind. Die Reiss-Engelhorn-Museen dagegen beriefen sich darauf, durch die fotografische Reproduktion der Werke ergebe sich ein neuer Schutz – entweder als fotografisches Werk mit vollem Urheberschutz, zumindest aber als einfaches Lichtbild für 50 Jahre ab Erscheinen. Bei den Bildern auf Wikimedia Commons handelt es sich um Fotos, die ursprünglich der Hausfotograf des Museums angefertigt hatte.
Gang durch die Instanzen angekündigt
Wikimedia beharrt auf seinem Standpunkt und kritisiert das Urteil: „Wir sind davon überzeugt, dass das Gericht eine falsche Entscheidung gefällt und nicht berücksichtigt hat, welch langfristigen Schaden dieses Urteil für die Gemeinfreiheit darstellt“, heißt es in der Erklärung. Die in Los Angeles ansässige Wikimedia-Stiftung kündigte an, Widerspruch einzulegen und im Zweifel durch die Instanzen zu gehen.
Gemeinfreiheit
Gemeinfrei sind Inhalte, die nicht oder nicht mehr urheberrechtlich geschützt sind. Jeder kann mit ihnen machen, was er will. In Deutschland endet der Schutz 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Gemeinfrei sind zum Beispiel auch Ideen, einzelne Wörter oder Töne, weil sie allein noch keine „Werke“ sind. Auch „amtliche Werke“ wie Gesetzestexte sind vom Urheberschutz ausgenommen. In Ländern wie den USA steht der Begriff „Public Domain“ für ein ähnliches Modell.
Abgewiesen wurde dagegen eine weitere Klage, die sich speziell gegen den deutschen Wikimedia-Verein richtete. Dieser sei für die Inhalte nicht verantwortlich, die auf Plattformen wie Wikimedia Commons angeboten werden.
Wie mit den betroffenen Bildern weiter verfahren wird, soll nun die Community um Wikimedia Commons entscheiden. Nach Ansicht von Wikimedia könnten sie weiterhin etwa für Nutzer aus den USA angeboten werden, für Nutzer in Deutschland dagegen ein Hinweis auf fehlende Nutzungsrechte angezeigt werden.
Das Urteil selbst ist noch nicht veröffentlicht, nach Auskunft von Wikimedia soll dies noch folgen (Aktenzeichen 15 O 428/15, Urteil vom 31.05.2016). In der Begründung geht das Landgericht demnach zumindest von einem einfachen Lichtbildschutz für die fotografierten Kunstwerke aus.
Updates, 22. und 23.06.2016
Erwartungsgemäß begrüßt wird das Urteil von den Reiss-Engelhorn-Museen. Die Einrichtung bekräftigt in einer Erklärung ihre Position, man wolle über das Ob und Wie der Zugänglichmachung ihrer Bestände mitentscheiden. Es sei für das Museum nicht nachvollziehbar, wenn ein Wikipedia-Autor „alleine darüber zu entscheiden“ beanspruche, die digitalisierten Bestände zur freien Nutzung anzubieten.
Die Wikimedia-Stiftung hat nun die Urteilsbegründung veröffentlicht. Das Landgericht lehnt darin einen Urheberschutz für die Reproduktionen ab. Es handele sich bei den Fotos nur um eine rein handwerkliche Leistung, „ohne dass es einen gestalterischen Spielraum gibt“. Allerdings sei auch eine „aufwendige handwerklich-technische Leistung“ bei der Reproduktion als Lichtbild geschützt. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die Vorlage gemeinfrei sei. Wikimedia könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Lichtbildschutz durch die Sozialbindung des Eigentums eingeschränkt ausgelegt werden müsse, so das Landgericht.
1 Kommentar
1 Schmunzelkunst am 22. Juni, 2016 um 18:36
Die Gemeinfreiheit darf in der Argumentation keine Rolle spielen. Die richtige Aussage muss lauten: Für originalgetreue Reproduktionen darf es keinen Schutz gem. UrhG geben, egal ob die Vorlage urheberrechtlich geschützt ist oder nicht. Leider hat sich bereits das AG Nürnberg (vgl. https://www.rechtambild.de/2016/02/reproduktionsfotografie-gemeinfreier-werke-nicht-schuetzenswert/) mit dem Hinweis auf die Gemeinfreiheit verrannt, obwohl seine Entscheidung im Ergebnis m. E. richtig ist. Man darf sich eben auch auf dem richtigen Weg nicht verrennen ;-).
MFG
Johannes
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