Youtube, kinox.to & Co.: Filme gucken im Internet
Neben den bekannten Video-Angeboten wie Netflix, Amazon Video oder Youtube gibt es im Netz auch rechtlich fragwürdige Streaming-Angebote. Technisch betrachtet unterscheiden sie sich selten: Statt eine dauerhafte Kopie des Films auf dem eigenen Gerät zu speichern, wird der jeweilige Film beim Streaming direkt im Browser, auf dem internetfähigen Fernseher oder in einem Abspielprogramm angezeigt.
Ein wichtiger Unterschied zwischen Streaming und Filesharing-Diensten ist: Wer sich einen Film bei einem Streaming-Dienst anschaut, stellt selber keine Inhalte bereit. Anders als bei Streaming-Portalen ist zum Beispiel beim Bittorrent-Protokoll jeder Nutzer zugleich auch ein Anbieter: Beim Filesharing wird jede Datei während des Downloads automatisch anderen Nutzern wieder zur Verfügung gestellt.
Das führt zu rechtlichen Problemen, denn es ist nicht erlaubt, geschützte Inhalte jedermann online bereit zu stellen oder zum Download anzubieten, ohne über die Rechte zu verfügen. Natürlich hat kein Schüler das Recht erworben, „Harry Potter und der Halbblut-Prinz“ über Bittorrent zum Download anzubieten. Natürlich hat auch kein Student mit RTL einen Vertrag geschlossen, der es ihm erlaubt, die neueste Folge von DSDS bei einem Filehoster einzustellen.
„Werkgenuss“ erlaubt
Sich im privaten Umfeld Online-Inhalte anzuschauen, ist etwas anderes als sie anzubieten. Filme anzuschauen fällt sogar – ebenso wie Musik anhören oder Bücher lesen – grundsätzlich gar nicht unter das Urheberrecht. Es gilt der Grundsatz, dass der „reine Werkgenuss“ rechtlich nicht beeinträchtigt werden soll. Niemand braucht also eine Erlaubnis, um Filme im Fernsehen zu sehen oder sich Musik im Radio oder in der Disko anzuhören. Auch kann kein Buchhändler oder Verlag seinem Kunden vorschreiben, dass er sein gedrucktes Buch nur dreimal kostenlos lesen darf und beim vierten Mal eine Gebühr zahlen muss.
Digitaler Werkgenuss erfordert Kopien
Bei der digitalen Nutzung ist die Sache allerdings etwas komplizierter. Denn wenn ein Film auf einem Computer angesehen wird – und sei es auch nur per Stream – entstehen automatisch eine Reihe von Kopien. Manche dieser Kopien werden auch vom Computer oder Gerät des Nutzers in einem Zwischenspeicher oder im Arbeitsspeicher erzeugt. Auch wenn diese nach der Nutzung, spätestens nach einem Neustart, wieder gelöscht werden, handelt es sich aus urheberrechtlicher Sicht um Vervielfältigungen. Diese sind nur dann erlaubt, wenn man eine Erlaubnis vom Anbieter selbst hat oder es eine gesetzliche Gestattung gibt. Solche gesetzlichen Gestattungen werden im Urheberrecht „Schrankenbestimmungen“ genannt.
Auch Streaming-Konsum kann verboten sein
Klar ist, dass rechtmäßig in das Internet gestellte Inhalte per Streaming auf dem eigenen Rechner angeschaut werden dürfen. Sich die Tagesschau in der ARD-Mediathek oder eine neue Folge „House of Cards“ auf Netflix anzusehen, ist natürlich in Ordnung. Bei Streams, die über Plattformen wie kinox.to abgerufen werden können, ist das aber im Zweifel nicht der Fall.
Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Domains der Streaming-Anbieter, auf denen die neuesten Kinofilme umsonst zu finden sind, häufig in Tonga oder auf anderen Südseeinseln registriert sind. Mit Sicherheit ist davon auszugehen, dass die Betreiber der Portale nicht die für ein solches Angebot erforderlichen Rechte haben, es sich also um eine rechtswidrige Quelle handelt. Die Urteile gegen die Betreiber von kino.to, einem Vorgängerportal, sprechen hierbei für sich.
Der Europäische Gerichtshof entschied in einem ähnlichen Zusammenhang, dass auch die temporären Kopien, die während des Streamings auf dem Gerät des Nutzers entstehen, Urheberrechte verletzen können. In dem Fall ging es um Streaming-Boxen zum Anschluss an den Fernseher, die ausdrücklich zur Nutzung kostenloser, rechtswidriger Quellen dienen sollten. Es sei deren Käufern offensichtlich gewesen, dass sie illegale Angebote nutzten, um sich Bezahlangebote zu sparen. Die beim Streaming anfallenden Kopien schadeten somit den Rechteinhabern, auch die Nutzer solcher Angebote verletzten daher Urheberrechte. Eine andere Frage ist es, wie leicht entsprechende Rechtsverstöße tatsächlich verfolgt werden können. Normalerweise können Außenstehende beim Streaming – anders als etwa bei Filesharing-Diensten – nicht erkennen, wer einen bestimmten Inhalt abruft.
Wie findige Rechtsanwälte die Unsicherheit vieler Nutzer in Bezug auf Streaming-Portale ausnutzen, zeigten dagegen Ende 2013 verschickte Abmahnungen für das Anschauen von Videos auf dem Portal „Redtube”. Nutzern wurde vorgeworfen, mit dem Abspielen von Porno-Clips per Streaming Urheberrechte verletzt zu haben. Wie Gerichte später feststellten, waren die Abmahnungen jedoch unberechtigt. Für die beteiligte, heute nicht mehr existente Kanzlei ging die Sache nach hinten los.
Vorsicht bei „Popcorn Time“ und Peer-to-Peer-Streaming
Doch Vorsicht: Manche Programme sehen auf den ersten Blick zwar nach Streaming aus, im Hintergrund findet aber Filesharing statt. Bekannt geworden ist in diesem Bereich die Software „Popcorn Time“. Da die Zuschauer eines Films diesen – wie bei anderen Filesharing-Diensten auch – gleichzeitig öffentlich anbieten, müssen Nutzer des Programms mit Abmahnungen rechnen. Denn Filme öffentlich zur Nutzung anzubieten, sei es als Download, sei es als Stream, ist in keinem Fall erlaubt, wenn man nicht die nötigen Rechte dafür erworben hat.
Fazit: Streaming und Urheberrecht
Wer illegale Streaming-Quellen nutzt, um sich die neuesten Kinofilme, Serien oder andere Inhalte kostenlos anzusehen, kann auch als bloßer Zuschauer Urheberrechte verletzen. In der Praxis besteht beim reinen Abruf per Stream selten ein Risiko, dafür belangt zu werden. Allerdings sprechen auch andere Gründe gegen die Nutzung illegaler Streaming-Portale. Einer davon liegt darin, dass auf solchen Websites häufig Schadsoftware lauert, beispielsweise getarnt als Aktualisierung oder Erweiterung installierter Programme. Ohnehin sind viele Filme und Serien bei legalen Streaming-Anbietern ohne Probleme zu haben.
- Teil 2: Youtube & Co. – Abgreifen und Speichern von Video-Streams
- Teil 3: Youtube & Co. – Darf ich Videos in meine Webseite einbetten?
Rechtsfragen im Netz
Dieser Text ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
Der Text steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland (CC BY-ND 2.0 DE).
Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht am 25. Juni 2011 und zuletzt aktualisiert im Juni 2017. Für die Aktualisierung wurden neue Tendenzen in der Rechtsprechung aufgegriffen. Kommentare können sich auf eine alte Version des Beitrags beziehen.
2 Kommentare
1 Schmunzelkunst am 30. Oktober, 2014 um 20:36
Das Streamen von Filmen aus illegaler Quelle kann einzig und allein wegen der dabei entstehenden flüchtigen Kopien untersagt werden. Mit Systemen, die schnell und ohne Zwischenspeicherung auf das Internet zugreifen, wäre der Betrachten der Filme wie beim Fernsehen erlaubt.
Wer ist denn jetzt der Bösewicht, der Mensch, der guckt, oder der Computer, der streamt?
MfG
Johannes
2 Verfechter der bezahlten Arbeit am 7. Januar, 2015 um 04:41
Guter Artikel, aber die Redaktion sollte doch lieber diese Geschichte nicht so weichspülen. Immerhin geht es hier um Arbeitsplätze, es geht um Millionen die investiert wurden. Die Produzenten werden um ihren Lohn gebracht und oftmals auch die gesamten Beteiligten zum Beispiel bei Produktionen die nicht aus Hollywood stammen. Es ist in meinen Augen ein Unding, dass den Kinder und Jugendlichen hier auch noch die Angst genommen wird. Man sollte vielmehr klar machen das eine geleistete Arbeit bezahlt werden muss wenn man das Produkt nutzen will. Das hat auch was mit Respekt zu tun und der geht in unserer Gesellschaft immer mehr verloren. Gerade hinter Filmproduktionen zu schwierigen Themen stecken oft Filmemacher die dafür alles geopfert haben, was sie in ihrem Leben besaßen um ein schwieriges Thema in einen Film zu bringen. Das Risiko das niemand den Film mag das ist klar, aber wenn der Film dann über Streaming Tausendfach angeguckt wird und der Filmemacher nicht mal seine Schulden zurückzahlen kann, dann ist das einfach richtig MIES
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