Felix Falk, Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle: „Ich halte nichts von Netzsperren“
Hintergrund zu diesem Interview: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – Reformvorschlag, Kritik und Online-Konsultation
iRights.info: Im Zuge der Reform des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages sollen Online-Inhalte freiwillig mit digital lesbaren Altersfreigaben gekennzeichnet werden. Entsprechend lesefähige Jugendschutzprogramme sind seit Jahren in Vielzahl auf dem Markt, werden aber kaum genutzt. Wie soll der Zugang zu als jugendgefährdend angesehenen Inhalten da in Zukunft wirksam verhindert werden?
Felix Falk: Nun, konkret anerkannt sind erst zwei Jugendschutzprogramme seit zwei Jahren. Diese bilden jetzt den technischen Standard für die Praxis. Momentan ist die Verbreitung aber noch viel zu gering. Deshalb müssen die Programme selbst noch besser werden, noch mehr Seiten müssen gekennzeichnet sein und wir müssen Eltern noch stärker auf diese Möglichkeit hinweisen.
iRights.info: Nach den bisherigen Reformplänen sollen auch Blogger, soziale Netzwerke oder Portale gezwungen sein, ihre Angebote zu kennzeichnen und dabei auch die nutzergenerierten Inhalte berücksichtigen, etwa Kommentare. Wie soll das funktionieren?
Felix Falk: Niemand wird gezwungen. Die Kennzeichnung soll freiwillig und nicht gesetzlich vorgeschrieben sein. Richtig ist aber, dass jeder Anbieter von Inhalten ab 16 oder ab 18 Jahren ohnehin schon jetzt Maßnahmen ergreifen muss, damit diese von kleinen Kindern üblicherweise nicht wahrgenommen werden können. Die Kennzeichnung für ein Jugendschutzprogramm ist dabei die – übrigens schon seit 2003 – einfachste aller Möglichkeiten, das zu tun.
Nutzergenerierter Content ist bei so einer Kennzeichnung übrigens ausgenommen, denn für diesen ist man erst verantwortlich, wenn man bemerkt, dass problematische Inhalte gepostet werden. Bei diesem Thema sind die Vorschläge der Länder aber tatsächlich noch recht unausgereift und unverständlich. Ich gehe aber davon aus, dass sich diese noch konkretisieren.
iRights.info: Wie soll der reformierte deutsche Jugendmedienschutz auf Seiten ausländischer Anbieter greifen, die sich deutschen Gesetzen entziehen und keine Kennzeichnungen vornehmen?
Felix Falk: Die Jugendschutzprogramme funktionieren nicht nur, indem sie mit dem technischen Standard gekennzeichnete Seiten erkennen. Sie arbeiten zudem mit Black- und Whitelists, mit denen sich auch ausländische Seiten erkennen lassen. Dennoch ist es eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben des Jugendschutzes, stärker als bislang in internationalen Kooperationen, für einen effektiven Jugendschutz im Internet zu sorgen.
iRights.info: Rechtsexperten, Internet-Branche und Politik ringen schon länger um die Frage, was mit nachweislich gefährdenden beziehungsweise falsch gekennzeichneten Inhalten passieren soll: Sperren oder löschen?
Felix Falk: Solange es nicht um strafrechtsrelevante Inhalte geht, haben Erwachsene jederzeit das Recht, auch gefährdende Inhalte zu konsumieren. Das sollen sie auch, solange sichergestellt ist, dass Kinder diese üblicherweise nicht wahrnehmen können. Ich halte nichts von Netzsperren, sondern von guten Optionen, die den selbstbestimmten Schutz durch die Eltern ermöglichen, ohne diese dabei zu überfordern. Hier haben wir noch einigen Weg vor uns, aber beim Thema Jugendschutzprogramme stimmt die Richtung zumindest schon einmal.
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