Faire Verträge für Verbraucher*innen: Das bringt das neue Gesetz
Verbraucher*innen sind häufig vertraglich an viele verschiedene Dienstleister gebunden. Eine Umfrage von forsa im Auftrag der Verbraucherzentrale unter 1.000 Teilnehmer*innen aus dem Jahr 2020 zeigt, dass bei jeder vierten Person ungewollt ein Vertrag verlängert wurde, den sie eigentlich kündigen wollte. Fast jede*r fünfte Verbraucher*in hat einen Vertrag, den sie oder er gar nicht abschließen wollte. Dabei handelt es sich häufig um Verträge mit Telefon-, Streaming-, Strom- oder Fitnessstudio-Anbietern. Besonders ärgerlich: Hat man die Kündigungsfrist versäumt, verlängert sich der (häufig ungewollte) Vertrag direkt um ein ganzes Jahr oder noch länger.
Verbraucherschutzorganisationen prangern diese Geschäftspraktiken schon lange an – mit Erfolg: Der Bundestag hat am 24. Juni 2021 ein neues „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ verabschiedet, das Verbraucher*innen mehr Rechte bei der Beendigung von Vertragsverhältnissen zusichern soll. Gleichzeitig sollen Verbraucher*innen auch mehr vor aufgedrängten oder untergeschobenen Verträgen geschützt werden. Auch der Bundesrat stimmte dem Gesetz zu.
Verträge erhalten kürzere Laufzeiten
Verträge, die die regelmäßige Lieferung von Waren (zum Beispiel ein Zeitungsabo) oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen (zum Beispiel ein Fitnessstudio-Vertrag) betreffen, sollen als Regelfall in Zukunft nur noch für ein Jahr laufen.
Allerdings sollen Verbraucher*innen auch weiterhin die Freiheit haben, längere Vertragslaufzeiten zu vereinbaren, wenn sie das wollen. Hier macht der Gesetzgeber zusätzliche Vorgaben: Eine Vertragslaufzeitvereinbarung von über einem Jahr soll nur dann wirksam sein, wenn dem*r Verbraucher*in bei Vertragsschluss auch ein Angebot über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von nur einem Jahr gemacht wird.
Flexibler kündigen – per Button
Neben kürzeren Vertragslaufzeiten soll das Gesetz auch die Möglichkeit bieten, sich einfacher von einem Vertrag zu lösen. Gerade bei Verträgen mit langen Laufzeiten vergessen Verbraucher*innen häufig die Kündigungsfrist und der Vertrag verlängert sich automatisch um ein weiteres Jahr oder länger. Dadurch entgeht ihnen auch die Chance, auf einen anderen Anbieter oder ein besseres Angebot umzusteigen.
Das ändert sich jetzt: Unternehmen müssen die Verbraucher*innen rechtzeitig auf die Kündigungsmöglichkeit hinweisen, bevor sich der Vertrag verlängert.
Enthält ein Vertrag eine Klausel, wonach sich der Vertrag automatisch verlängert, wenn er nicht gekündigt wird, erhalten Verbraucher*innen zudem in Zukunft ein monatliches Kündigungsrecht.
Schließlich soll die Kündigung auch dadurch vereinfacht werden, dass Unternehmen die Möglichkeit anbieten müssen, dass Verbraucher*innen ihre Verträge online kündigen können – durch einen „Kündigungsbutton“, der voraussichtlich zum 1. Juli 2022 Pflicht wird.
Weitere Pflichten für Unternehmen
Speziell für Energielieferverträge gelten bald strenge Formerfordernisse. Damit soll vermieden werden, dass Verbraucher*innen am Telefon oder an der Haustür überrumpelt werden und sich Energielieferverträge aufdrängen lassen.
So müssen Energielieferunternehmen künftig bei Strom- und Gaslieferverträgen die Textform einhalten. Das bedeutet, dass solche Verträge nur schriftlich, also zum Beispiel per E-Mail, Brief oder Fax, abgeschlossen werden dürfen. Dadurch erhalten Verbraucher*innen die Möglichkeit, den Vertrag in Ruhe zu prüfen oder es sich nochmal anders zu überlegen.
Der Gesetzgeber möchte außerdem unerlaubte Telefonwerbung weiter einschränken. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, Einwilligungen von Verbraucher*innen in Telefonwerbung zu dokumentieren und aufzubewahren. In Zukunft werden Unternehmen also Briefe oder E-Mails an ihre Kund*innen verschicken müssen, in denen sie eine Einwilligung dafür abfragen, diese anrufen zu dürfen. Erteilt der Kunde oder die Kundin die Einwilligung nicht oder kann das Unternehmen die Erteilung der Einwilligung nicht nachweisen und ruft das Unternehmen trotzdem an, drohen Bußgelder.
Änderungen kommen bald
Der Bundespräsident muss das Gesetz noch unterzeichnen und verkünden. Viele der Neuerungen treten dann voraussichtlich zum 1. Oktober 2021 in Kraft. Für die neuen Kündigungsregeln wird den Unternehmen allerdings eine mehrmonatige Übergangsfrist, gewährt: Sie gelten voraussichtlich ab 1. Februar 2022. Die Verpflichtung zum Kündigungsbutton soll zum 1. Juli 2022 kommen.
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