Exklusiv: Bundestag-Gutachten zum Leistungsschutzrecht
Inhaltlich wird der Sachstand der Diskussion um eine mögliche Einführung von Leistungsschutzrechten aus dem Frühjahr 2009 dargelegt. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht bekannt, dass die Forderung der Verlagswirtschaft nach einer Einführung sowohl im CDU-Wahlprogramm als auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zu finden sein würde. Auch viele kritische Stimmen – analytische Beiträge sowie Artikel, die in der Folgezeit entstanden sind – fanden keine Berücksichtigung.
Der wissenschaftliche Dienst umgeht eine Antwort auf die Frage, ob die Einführung eines solchen Verlegerrechtes innerhalb des Urheberrechts sinnvoll und dementsprechend zu empfehlen oder abzulehnen sei. Dass es um die Aufteilung des Einnahmekuchens insbesondere aus der Internetwerbung geht, ist klar. Auch dass die Forderung nach der Einführung eines solchen Rechtes in erster Linie gegen den Werbe-Marktführer Google gerichtet ist. Folgerichtig heißt es im Gutachten auch vorsichtig: „Fraglich könnte sein, ob die Verlage rechtzeitig geeignete Modelle gefunden haben, um sich auf diese Situation (Anm. d. Verf.: Einnahmesituation durch verstärkte Konkurrenz im Netz) einzustellen. Ein Leistungsschutzrecht könnte für Presseunternehmen allein aus diesem Grund interessant sein.“ Dies trifft zweifelsohne zu.
Der Preis eines Leistungsschutzrechtes
Die Frage ist jedoch, wie hoch der Preis dafür sein soll, den Urheber und Nutzer dafür bezahlen sollen. Im Gutachten wird darauf ebenfalls hingewiesen: „Fraglich ist jedoch, ob durch die Einführung einer einzelnen gesetzlichen Bestimmung der Problematik in ausreichender Weise Rechnung getragen werden könnte. Es hat sich vielmehr gezeigt, dass die Einbettung einer derartigen Bestimmung in die Gesamtsystematik und gegebenenfalls Änderungen anderer bestehender Vorschriften, die als Folge einer derartigen Gesetzesänderung notwendig wären, zu erwägen sind.“ Denn: „In Zeiten neuer Informationstechnologien hat sich nicht nur die Rolle des Verlegers gewandelt, auch Autoren können zunehmend ihre Texte selbst mittels dieser Technologien verfügbar machen. Ein neu einzuführendes Leistungsschutzrecht müsste beide Gruppen von Rechteinhabern angemessen berücksichtigen.“ Genau diese Bedenken haben inzwischen auch verschiedene journalistische Verbände oder auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi geäußert.
Auch die iRights.info-Kollegen Matthias Spielkamp („Die Lobbyisten der Unfreiheit“) und Till Kreutzer („Die Faszination des Mystischen“) haben in ihren Artikeln bereits deutlich auf mögliche Folgen für die Netzwelt und die Öffentlichkeit hingewiesen. Diese Aspekte tauchen im Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes allerdings nicht auf. Dafür findet sich dort noch eine Übersicht zu vergleichbaren Regelungen in Großbritannien, Finnland, Portugal und Griechenland. Das Gutachten ist kein großer Wurf und enthält auch keine sensationellen Neuigkeiten. Trotzdem sollte es im Rahmen der Frage, ob ein solches Leistungsschutzrecht überhaupt sinnvoll ist, berücksichtigt werden.
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