Europäischer Gerichtshof: YouTube haftet für Urheberrechtsverletzungen nur bei Kenntnis
Die Urheberrechtsreform, deren Gesetzesänderungen noch im August in Kraft treten, nimmt die großen Upload-Plattformen stärker in die Pflicht – und in die Haftung. Ein gerade ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zeigt dagegen, wie es auch hätte sein können.
In zwei noch nach altem Recht zu beurteilenden Fällen von illegalen Uploads auf Plattformen entschied das Gericht, dass die Plattformen nur für Urheberrechtsverletzungen haften, wenn sie von den illegalen Inhalten wissen und diese nicht unverzüglich löschen und sperren. Damit hat sich der EuGH gegen eine generelle Haftung von Plattformbetreibern wie YouTube für die Veröffentlichung von illegal hochgeladenen Werken ausgesprochen.
In seinem Urteil führte der EuGH zwei Verfahren zu Video-Sharing- und zu Sharehosting-Diensten zu einer Entscheidung zusammen. Beide Verfahren stammen aus Deutschland und werden nun an den Bundesgerichtshof (BGH) als jeweilige Revisionsinstanz zurückverwiesen – der BGH muss die Verfahren entscheiden.
Musikproduzent vs. Youtube – Elsevier vs. Uploaded
Der BGH hatte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: Konkret ging es um die Frage, ob die Plattformen nach europäischem Recht selbst dafür haften, wenn Nutzer*innen unberechtigt Inhalte hochladen. Für die Auslegung von EU-Recht ist daher der EuGH zuständig.
Im ersten Fall (C-682/18) hat der Musikproduzent Frank Peterson gegen YouTube und dessen Mutterkonzern Google auf Unterlassung und Schadensersatz geklagt. Auf YouTube waren 2008 musikalische Werke der Sängerin Sarah Brightman hochgeladen worden, an denen der Produzent verschiedene Rechte innehat.
Im zweiten Fall (C-683/18) geht es um ein Verfahren des Wissenschaftsverlags Elsevier gegen die Sharehosting-Plattform „Uploaded“. Dort wurden 2013 verschiedene medizinische Werke, an denen Elsevier die ausschließlichen Rechte innehat, ohne die Erlaubnis von Elsevier hochgeladen.
UrhDaG wird Rechtslage in Kürze ändern
Der EuGH verneinte eine grundsätzliche Haftung der Plattform-Betreiber, machte aber auch Einschränkungen: Haben die Plattformen tatsächlich Kenntnis von den illegalen Inhalten und löschen oder sperren sie diese nicht unverzüglich, haften sie für die Urheberrechtsverletzung.
Die EuGH-Entscheidung wirkt wie ein Nachruf auf die alten Zeiten, denn die Rechtslage für Upload-Plattformen wird sich mit dem Inkrafttreten des neuen Urheberrechtsdiensteanbietergesetz (UrhDaG) ändern: Das Gesetz, das im Zuge der Urheberrechtsreform beschlossen wurde, begründet die urheberrechtliche Verantwortlichkeit der Upload-Plattformen für sämtliche Inhalte, die sie ihren Nutzer*innen zugänglich machen. Inhalte, die nicht lizenziert sind oder anderweitig gesetzlich nicht erlaubt sind, müssen gelöscht und dürfen nicht mehr verfügbar gemacht werden.
Bei den großen Plattformen wie YouTube wird das nur automatisch über die Einführung von Upload-Filtern machbar sein. Zwar gibt es Ausnahmen von der Lizenzpflicht für hochgeladene Inhalte im geringfügigen Maß, die Nutzer*innen als legal kennzeichnen können, wenn sie die Inhalte nicht kommerziell nutzen: Diese Inhalte sollen dann nicht von Upload-Filtern blockiert werden. In den beiden Fällen, über die der EuGH entschieden hat, wäre diese Bagatellgrenze aber vermutlich nicht zum Tragen gekommen – schließlich handelte es sich in beiden Verfahren um umfangreiche Uploads.
Entscheidung noch nach „alter“ Rechtslage
Anders (noch) der EuGH: Nach der alten Rechtslage hätten in den beiden Fällen die Plattformen die urheberrechtlich geschützten Inhalte nicht „öffentlich wiedergegeben”, was aber die Voraussetzung einer Haftung gewesen wäre. Das bloße Bereitstellen einer Upload-Plattform reiche dafür nicht aus.
Etwas anderes gelte aber dann, so die Richter*innen, wenn der Plattform-Betreiber von urheberrechtsverletzenden Inhalten konkret weiß und diesen Inhalt nicht unverzüglich löscht oder den Zugang zu ihm sperrt. Eine öffentliche Wiedergabe sei dagegen anzunehmen, wenn der Plattformbetreiber Hilfsmittel anbietet, die speziell zum unerlaubten Teilen solcher Inhalte bestimmt sind, oder ein solches Teilen wissentlich fördert.
Wie wird sich das Urteil auswirken?
Ob das Urteil für künftige Auseinandersetzungen über Uploads noch Auswirkungen haben wird, ist unklar. Die im UrhDaG geltenden Zurechnungs- und Haftungsregeln lassen nur wenig Spielraum: Plattform-Betreiber sind verpflichtet, für die von Nutzer*innen hochgeladenen Werke die Lizenzen der Rechteinhaber*innen einzuholen. Ohne Lizenz müssen die Inhalte gelöscht werden. Die großen Plattformen wie YouTube werden daher von vorneherein verhindern, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte rechtswidrig hochgeladen werden – das erledigen dann die Upload-Filter.
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