EuGH entscheidet gegen diskriminierende Parodien, Haftung für Facebook-Fanpage, Störerhaftung bei Sicherheitslücke

Foto: melenita2012, CC BY-SA
Europäischer Gerichtshof entscheidet über Urheberrecht und Parodien
Urheber haben ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Werke nicht in rassistischer oder sonst diskriminierender Weise entstellt werden. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden und damit geklärt, was unter einer Parodie zu verstehen ist – und welche Grenzen dieser Form der satrisichen Meinungsäußerung gesetzt sind. Eine Parodie muss demnach wahrnehmbare Unterschiede zu dem Werk aufweisen, an das sie erinnert und Ausdruck von Humor oder Spott sein. Die Grenzziehung erfolgt wiederum anhand einer Interessenabwägung im Einzelfall. In diesem Rahmen komme dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse, Hautfarbe oder ethnischen Herkunft ein hoher Stellenwert bei.
Die Erben des belgischen Comic-Zeichners Willy Vandersteen hatten einen Politiker der rechtspopulistischen flämischen Partei Vlaamse Belang verklagt. Dieser hatte 2011 einen Kalender verteilt, auf dessen Deckblatt der Bürgermeister der Stadt Gent abgebildet war, der mit Münzen um sich wirft, die von verschleierten und farbigen Personen aufgelesen werden. Die Szenerie war einem Comic Vandersteens entlehnt („Der Wilde Wohltäter”), bei dem eine mit einer weißen Tunika bekleidete Person anderen Münzen zuwirft, die wiederum versuchen, sie aufzuheben.
Mit der Aussage der Parodie wollten die Erben die Vorlage nicht in Verbindung gebracht wissen. Das zuständige Gericht hatte den Prozess ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof die Frage nach den rechtlichen Voraussetzungen einer Parodie zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Frage, ob es sich bei der streitgegenständlichen Zeichnung überhaupt um eine Parodie handelt und ob die Erben Vandersteens diese dulden müssen oder nicht, hat nun das mit dem Fall befasste Gericht zu beantworten.
Die Entscheidung im Volltext.
Zur Meldung auf Sueddeutsche.de
Kommentar von Max Steinbeis auf Verfassungsblog.de.
Oververwaltungsgericht Schleswig entscheidet über Haftung für Facebook-Fanpages
Haften Betreiber von Fanpages für die Verarbeitung von Daten durch Facebook? Nein, hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig vergangene Woche entschieden (Az. 4 LB 20/13). Hintergrund war ein Streit zwischen dem Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein und der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH. Das ULD hatte der Wirtschaftsakademie den Betrieb ihrer Facebook-Seite untersagt. Begründung: Facebook verarbeite rechtswidrig Daten der Nutzer von Fanpages. Der Betreiber der Fanpage ist dafür aber jedenfalls nicht allein verantwortlich, so das OVG. Dieser habe keinen Einfluss auf die „technische und rechtliche Ausgestaltung der Datenverarbeitung” durch Facebook. Das OVG hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, das Urteil ist daher noch nicht rechtskräftig.
Zur Pressemeldung des Gerichts.
Amtsgericht Braunschweig: Keine Haftung bei Sicherheitslücke im Router
Wer glaubhaft darlegen kann, dass sein Router von einer gravierenden Sicherheitslücke betroffen ist, haftet nicht für Filesharing Dritter über seinen Internetanschluss. Das hat das Amtsgericht Braunschweig entschieden, wie die Legal Tribune Online vergangene Woche berichtet. Hintergrund war ein typisches Filesharingverfahren: Der Inhaber eines Internetanschlusses war im Jahr 2010 wegen der Verbreitung eines Films in einer P2P-Tauschbörse abgemahnt worden.
Vor Gericht verteidigte er sich damit, dass 2012 – zwei Jahre nach der angeblichen Urheberrechtsverletzung – bekannt geworden sei, dass sein Router von einer Sicherheitslücke betroffen war, wodurch Dritte Zugriff auf sein WLAN hätten nehmen können. Es sei also sehr gut möglich, dass Nachbarn sein Netzwerk für Filesharing benutzt hätten. Dem Gericht genügte das: Es sei nicht ausgeschlossen, dass Personen mit „hoher IT-Kompetenz” die Sicherheitslücke bereits zwei Jahre vor ihrem Bekanntwerden ausgenutzt haben könnten.
Ausführlich bei der LTO.
Landgericht Köln: Bundesarbeitsgericht erstreitet sich Domain bag.de
Am Donnerstag hat das Landgericht Köln einen Domainhändler verurteilt, in die Löschung der auf ihn registrierten, aber ungenutzten Domain „bag.de” einzuwilligen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte den Domainhändler, der die Domain zum Verkauf angeboten hatte, zunächst vergeblich abgemahnt. Die Argumentation des Beklagten: Die Buchstabenkombination „bag” sei vielseitig gebräuchlich und keineswegs dem BAG zuzordnen, zumal es sich dabei um einen generischen Begriff des Englischen handle.
Dies überzeugte das Landgericht Köln nicht. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06.11.2013 – I ZR 153/12 – “sr.de”) sah das Landgericht durch die Registrierung der Domain das Namensrecht der Klägerin (Paragraf 12 Bürgerliches Gesetzbuch) verletzt. Die seit 1995 verwendete Bezeichnung „BAG” für das Bundesarbeitsgericht verfügt über den nötigen Bekanntheitsgrad. Eine Bekanntheit in allen Verkehrskreisen sei ebenso wenig erforderlich, wie eine Beschränkung der Verwendung auf einen einzelnen Namensträger. Dem englischen Begriff „bag” kommt im Deutschen dagegen kein beschreibender Charakter zu. Künftig dürfte daher das Bundesarbeitsgericht auch unter „bag.de” zu erreichen sein.
Das Urteil im Volltext.
Zur Blogmeldung der Kanzlei CMS Hashe Sigle.
Verwaltungsgericht Köln: Verfassungsschutz muss Gysi-Akten löschen
Das Verwaltungsgericht Köln hat das Bundesamt für Verfassungsschutz dazu verurteilt, seine Akten über den Kläger und Chef der Linken Fraktion im Bundestag, Gregor Gysi, zu vernichten. Gysi und andere Vertreter der Partei Die Linke wehren sich seit Jahren gegen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Bereits im vergangenen Jahr hatte der Verfassungsschutz eine Schlappe vor dem Bundesverfassungsgericht erlitten, das ihm eine weitere Beobachtung des Linken Politikers Bodo Ramelow untersagte. Bereits damals hatte das Bundesverfassungsgericht festgehalten, dass die Überwachung von Abgeordneten durch den Verfassungsschutz einen Eingriff in die freie Mandatsausübung (Artikel 38 GG) darstellt. Grundsätzlich darf der Verfassungsschutz auch Bundes- oder Landtagsabgeordnete beobachten. Ein solcher Eingriff unterliegt im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit strengen Anforderungen.
Zur Meldung der Leipziger Volkszeitung Online.
Zur Meldung auf Tagesschau.de.
Landgericht Darmstadt: Bank haftet nicht bei manipulierter Überweisung mit „Smart-TAN-plus“
Eine Bank haftet nicht für manipulierte Überweisungen, wenn im Online-Banking das sogenannte Smart-TAN-plus-Verfahren eingesetzt wird. Das hat das Landgericht Darmstadt Ende August entschieden (Az. 28 O 36/14), wie vergangene Woche bekannt wurde. Beim Smart-TAN-plus-Verfahren müssen Bankkunden jede Überweisung mit einer TAN freigeben. Diese wird über ein spezielles Lesegerät mit Hilfe der EC-Karte generiert. Die Besonderheit: Zusätzlich müssen die Kunden ihr TAN-Gerät an den Bildschirm halten, wo über spezielle Lichtsignale die Daten der Überweisung (Empfänger und Betrag) an das TAN-Gerät übermittelt und dort noch einmal angezeigt werden, bevor die TAN generiert werden kann. Wenn einem Kunden aber die manipulierten Bankdaten noch einmal zur Freigabe angezeigt werden, ist ihm die daraufhin erfolgte Freigabe als Anscheinsvollmacht zuzurechnen, so das Landgericht Darmstadt. Die Bank haftet daher nicht für die manipulierten Überweisungen.
Besprechung der Entscheidung von Thomas Stadler.
Das Urteil im Volltext.
Dieser Wochenrückblick wurde von Sebastian Brüggemann und Adrian Schneider verfasst. Lizenz: CC BY-NC-SA.
1 Kommentar
1 Lisa Lustig am 27. November, 2014 um 21:43
Hallo, ich liege seid mehreren Jahren im Clinch mit einer Gruppe von Personen auf Facebook und in einer Blog – Gruppe. Teilweise habe ich mich auf Facebook mit anderen Leuten in geheime Gruppen zurückgezogen, dort auch dann über die vermeintlich nicht Anwesenden abgelästert. Leider gab es doch immer Leute, die Inhalte gescreent und an die Gruppe von Personen weitergegeben haben, die diese teilweise auch auf öffentlichen Seiten entsprechend hämisch kommentiert haben. Wie ist das rechtlich mit den Screens? Der absolute Oberhammer ist mir nun passiert, das mir jemand auf einer öffentlichen Seite einen Kommentar von 2010/2011 vorgehalten hat, viel mehr wäre noch vorhanden. Also meine Kommentare sind archiviert und ich darf jederzeit mit Veröffentlichung rechnen, falls ich nicht pariere.
Was sagen Sie dazu?