EU unterstützt europäische digitale Bibliothek
Reding reagierte mit ihrer Ankündigung auf einen Brief, den sechs Staats- und Regierungschefs verschiedener EU-Mitgliedsländer an das Präsidium und die Kommission der Europäischen Union gerichtet hatten. Darin fordern die Staatschefs, die bereits bestehenden Bemühungen um eine europäische digitale Bibliothek besser zu koordinieren und zu unterstützen. Neben dem Initiator, Frankreichs Präsident Jacques Chirac, wurde die Aufforderung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Aleksander Kwasniewski, Präsident von Polen, Italiens Premierminister Silvio Berlusconi, Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero und Ferenc Gyurcsany, Premierminister von Ungarn, unterzeichnet.
In der Erklärung vom 28. April heißt es: „Der Reichtum und die Vielfalt des Erbes europäischer Bibliotheken sind einzigartig in der Welt. Sie sind Ausdruck für den Universalismus eines Kontinents, der in seiner Geschichte mit der übrigen Welt im Dialog stand. Doch wenn dieses Erbe nicht digitalisiert und online abrufbar gemacht wird, wird es in der zukünftigen Welt des Wissens keinen Platz haben.“
Wie die Deutsche Welle berichtet, haben auch die Nationalbibliotheken 19 europäischer Länder dem Projekt ihre Unterstützung zugesichert. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es, für die Digitalisierung müssten die nationalen Anstrengungen auf EU-Ebene gut koordiniert werden, um darüber zu entscheiden, welche Werke zum Zuge kommen.
Wie das EU-Kommissariat für Informationsgesellschaft und Medien mitteilt, werden 36 Millionen Euro für Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt, um Suchmaschinen für die „breite Öffentlichkeit“ zu entwickeln. Weitere 60 Millionen Euro sind im Zeitraum von 2005 bis 2008 vorgesehen, um Inhalte und den Zugang zu ihnen zu digitalisieren.
Dabei geht es jedoch nach den Worten von Kommissarin Reding nicht nur um die Werke als Kultur-, sondern vor allem auch als Wirtschaftsgut. „Die Digitalisierung dieses Kulturerbes beinhaltet außerdem enorme Möglichkeiten für unsere Industrie!“ äußert sie sich in der Presseerklärung.
Kommentatoren interpretieren sowohl die Erklärung der Länderchefs, als auch der Bibliotheken und der EU-Kommission als Reaktion auf die Ankündigung der Suchmaschinenfirma Google Inc., Bestände der Universitätsbibliotheken in Harvard, Stanford, Michigan und Oxford sowie der Stadtbibliothek von New York zu digitalisieren. Im Rahmen dieses so genannten „Google Print“-Programms, das seit Anfang dieses Jahres als Beta-Version im Netz steht, sollen mehrere Hundert Milliarden Buchseiten online zur Verfügung gestellt werden.
Die Bemühungen um eine grenzüberschreitende digitale Bibliothek haben allerdings schon vor längerer Zeit angefangen – auch in Europa. Im Projekt „Bibliotheca Universalis“ arbeiten bereits seit 1995 zehn europäische Nationalbibliotheken mit ihren Pendants in Kanada, den USA, Japan und Australien zusammen, um Richtlinien zu entwickeln, wie Werke digitalisiert zur Verfügung gestellt werden können.
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