EU – Studie: Akzeptanz des Urheberrechts durch Vermittlung fördern
Zunächst bilanzieren die Autoren den Prozess der Rechtsangleichung des Urheberrechts innerhalb der europäischen Gemeinschaft. In den letzten 15 Jahren hat die Kommission sieben Richtlinien zum Urheberrecht und den verwandten Schutzrechten verabschiedet. Die größten Schwierigkeiten bei Harmonisierung des Urheberrechts sehen die Verfasser der Studie in der Regelungskompetenz der EU sowie in der Territorialität des Urheberrechts. Weitere Probleme bestünden nach wie vor darin, die Schrankenbestimmungen zu vereinheitlichen und ein europaweites Rechtemanagements zu ermöglichen.
Verbraucher sind gut aufgeklärt
Im Rahmen der Studie wurde unter anderem untersucht, inwiefern die Öffentlichkeit über das Urheberrecht aufgeklärt ist und ob das Recht durch die Bevölkerung akzeptiert wird. Dabei stellte sich heraus, dass Kenntnisse über die urheberrechtlichen Regelungen durchaus vorhanden sind, diese jedoch häufig nicht akzeptiert werden. Nicht zuletzt die zunehmende Verbreitung von Online-Shops habe dazu geführt, dass die Verbraucher im Alltag sehr häufig mit Fragen des Urheberrechts und des Digitalen Rechtemanagements (DRM) konfrontiert werden. Auch hätten Publicity-Kampagnen dazu geführt, dass die Endverbraucher über die Prinzipien des Urheberrechts sowie die hieraus erwachsenden Rechte und Pflichten aufgeklärt wurden.
Akzeptanz von Urheberrecht
Die weit verbreitete Missachtung des Urheberrechts durch die Verbraucher sei vor diesem Hintergrund nicht auf mangelnde Kenntnisse über die Rechtslage zurückzuführen. Es sei daher nicht erforderlich, das Bewusstsein der Bürger hinsichtlich des Urheberrechts durch weitere Aufklärungskampagnen zu fördern. Vielmehr stelle sich das Problem komplexer dar. Zu diesem Zweck analysierten die Autoren empirische Daten über die Nutzung von P2P–Tauschbörsen. Diese zeigten, dass 50% der EU-Bevölkerung den Tausch von rechtlich geschütztem Material als normal empfindet und entsprechend auch praktiziert. Vor allem in studentischen Kreisen und Online-Communities herrsche die ethische Norm vor, geschützte Werke zu teilen und zu tauschen, anstatt das Urheberrecht zu beachten.
Das Verhalten der Konsumenten sei dabei auch von einer genauen Abwägung der Vor- und Nachteile eines legalen Erwerbs von urheberrechtlich geschütztem Material gegenüber der Nutzung von Tauschbörsen geprägt. Ist ein kommerzielles Angebot zu teuer oder mit zu restriktiven Nutzungsbedingungen versehen, so wird es als nicht unethisch wahrgenommen, sich die gewünschte Software oder das Musikstück kostenlos über eine P2P-Plattform zu besorgen.
Aufgrund der starken sozialen Einflüsse und der wirtschaftlichen Erwägungen der Nutzer können die europäischen Institutionen nach Ansicht der Autoren der Studie nur geringen Einfluss auf die Einhaltung des Urheberrechts ausüben.
Verbraucherfreundliche Wirtschaftsmodelle stärken
Das IVIR empfiehlt daher, die Verbraucherschutzorganisationen mehr in die politischen Prozesse einzubinden, um ein ausgewogeneres Urheberrecht und im Ergebnis mehr Akzeptanz durch die Bevölkerung zu erreichen. Auch hätten es die Anbieter selbst in der Hand, diesen Aspekt zu beeinflussen. Hierfür bedürfe es verbraucherfreundlicherer Geschäftsmodelle und Aufklärungskampagnen, etwa in Form von standardisierten Informationen über die Abspielbarkeit von Produkten. Die Europäische Kommission sehen die Verfasser der Studie in diesem Zusammenhang als zentralen Vermittler zwischen Industrie und Verbrauchern.
Aufklärung statt weiterer Gesetze
Resümierend stellen die Autoren fest, dass der bisherige Harmonisierungsprozess einen hohen Verwaltungs- und Reformaufwand für die Mitgliedsstaaten bedeutet hat. Für die Zukunft mahnen sie an, sich mit weiteren Regelungsvorhaben, vor allem der Verabschiedung von neuen Richtlinien, zurückzuhalten. Stattdessen sollten die bestehenden Regelungen lediglich korrigiert und mehr Gewicht auf die Aufklärung über den bestehenden Rechtsrahmen gelegt werden. Geeignete Mittel seien solche des „soft-law“, also Erläuterungen, Anwendungstipps und eine bessere Kommunikation zwischen den beteiligten Staaten bei der Umsetzung. Nur so könne der Dynamik der Informationsgesellschaft Rechnung getragen und der gemeinsame europäische Markt gefördert werden.
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