DRM unter Druck, EU eröffnet Kartellverfahren
Auf einer Pressekonferenz kündigten Apple und EMI, der kleinste der vier großen, marktbeherrschenden Musikkonzerne, am Montag an, dass Apple in Zukunft den größten Teil des EMI-Repertoires in seinem Online-Musikshop iTunes ohne digitalen Kopierschutz (DRM) verkaufen wird. Ausdrücklich ausgenommen von der Vereinbarung ist der Bestand an Beatles-Titeln, den EMI vermarktet. Die ungeschützten Musiktitel sollen als AAC in höherer Qualität und zu einem höheren Preis angeboten werden. Käufer erhalten damit erstmals die Möglichkeit, bei iTunes gekaufte Titel auf MP3-Playern von anderen Herstellern als Apple abzuspielen, wenn diese das AAC-Format unterstützen.
Für diese Mehrleistung wird Apple einen Preisaufschlag von ca. 30 Prozent berechnen. Ein ungeschütztes Lied wird dann in Kontinentaleuropa für 1,29 Euro über die virtuelle Ladentheke gehen, in Großbritannien für 0,99 britische Pfund. DRM-geschützte Titel minderer Qualität sind weiterhin für 0,99 Euro beziehungsweise 0,79 britische Pfund im Angebot.
Mit dem Ausscheren von EMI aus der Riege der DRM-Verfechter geraten auch die übrigen Musikkonzerne unter Druck, ihre Titel in absehbarer Zukunft ohne DRM anzubieten. Andernfalls könnten die Käufer sich bevorzugt mit Titeln aus dem EMI-Katalog versorgen.
EU eröffnet Kartellverfahren
Die Preisunterschiede zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa hat die EU-Kommission zur selben Zeit zum Anlass genommen, formal ein Verfahren wegen der Verletzung der Wettbewerbsregeln aus Paragraph 81 des EU-Vertrages gegen Apple und die vier marktbeherrschenden Musikkonzerne zu eröffnen. Die Kommission sieht in der Tatsache, dass europäische Verbraucher nur bei ihrer jeweiligen „Landesfiliale“ des Apples iTunes-Musikshops einkaufen können, nicht aber in den iTunes-Filialen in anderen EU-Mitgliedstaaten einen klaren Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht. Das ihrer Meinung nach illegale Verhalten von Apple und seinen Lieferanten, den großen Musikkonzernen, führt zu künstlich überhöhten Preisen, wie man in Großbritannien oder Dänemark sehen kann.
Auslöser für das jetzt eingeleitete Kartellverfahren war eine Beschwerde der britischen Verbraucherschutzorganisation „Which?“, die von der britischen Handelsaufsicht Office of Fair Trading (OFT) an die EU-Kommission weitergeleitet wurde.
Apple hat in einer ersten Stellungnahme bestritten, gegen EU-Recht verstoßen zu haben. Die Musikkonzerne, die wegen der geltenden Urheberrechtsbestimmungen exklusive Vereinbarungen aushandeln könnten, hätten Apple vielmehr dazu veranlasst, in verschiedenen EU-Ländern die Musik zu unterschiedlichen Bedingungen anzubieten. Eine EMI-Sprecherin erklärte laut Forbes zu den Vorwürfen der EU-Kommission: „Wir glauben nicht, dass wir gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben und werden uns gegen diese Vorwürfe zur Wehr setzen.“
DRM für EU-Kommission kein Problem
Nicht Teil des Kartellverfahrens sind nach Aussage der EU-Kommission Apples marktbeherrschende Stellung im Online-Musikvertrieb (rund 70 Prozent Marktanteil weltweit) oder das proprietäre DRM-System von Apple, FairPlay, mit dem Apple erzwingt, dass Titel aus dem iTunes-Shop sich nur auf iPods, den Apple-eigenen MP3-Playern, abspielen lassen. Apple war in der Vergangenheit von Verbraucherschützern in den USA und Europa bereits mehrfach der Missbrauch seiner marktbeherrschenden Stellung vorgeworfen worden.
Was sagen Sie dazu?