DMCA-Bilanz: Sieben dunkle Jahre
Die USA waren Vorreiter bei der Einführung des gesetzlichen Schutzes für technische Schutzmaßnahmen. Bereits 1998 wurde der DMCA in das Copyright-Gesetz eingefügt. Damit wurde – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Umgehung technischer Schutzmaßnahmen verboten und unter Strafe gestellt. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers war es, Copyright-Verletzungen durch technische Schutzmaßnahmen zu stoppen. Der DMCA ist das US-Pendant zu den Urheberrechtsnovellen des so genannten 1. und des anstehenden 2. Korbes in Deutschland.
Unbeabsichtigte Folgen
Bürgerrechtler und Wissenschaftler hatten bereits vor der Einführung des DMCA vor dessen möglichen Nebenwirkungen gewarnt. Die von der EFF in den letzten sieben Jahren zusammengetragenen Beispiele für den Missbrauch der DMCA-Bestimmungen belegen, dass die Warnungen berechtigt waren. Statt massenhafte Copyright-Verletzungen zu verhindern, wird der DMCA benutzt, um kritische Meinungsäußerungen zu unterdrücken, legitime Nutzungshandlungen und die wissenschaftliche Forschung zu kriminalisieren, den Wettbewerb einzuschränken und Innovation zu verhindern. So werden Wissenschaftler daran gehindert, ihre Erkenntnisse über Sicherheitslücken zu veröffentlichen; Hardware-Hersteller versehen ihre Produkte mit Passwörtern und Verschlüsselungsmechanismen, um Wettbewerber daran zu hindern, Verbrauchsmittel zu liefern, Geräte zu reparieren oder auf Daten zuzugreifen.
So hat beispielsweise Nikon, ein großer Hersteller von Digital-Kameras für professionelle Anwender, im April 2005 damit begonnen, Teile der so genannten Rohdaten von Bildern zu verschlüsseln, um Herstellern von Bildverarbeitungsprogrammen den Zugriff darauf zu verwehren. Die Rohdaten entsprechen bei Digital-Kameras dem Filmmaterial von herkömmlichen Fotoapparaten. Fotografen, die vollständigen Zugang zu ihrem Bildmaterial erhalten wollen, sehen sich daher gezwungen, teure Spezialsoftware von Nikon zu kaufen, oder Profi-Bildverarbeitungssoftware von Adobe. Der Marktführer für Bildverarbeitungssoftware hat sich mit Nikon darauf geeinigt, vollständigen Zugriff auf die Rohdaten zu bekommen; andere Hersteller waren nicht so erfolgreich.
Traurige Bilanz
Dutzende von der EFF zusammengetragene Fälle legen nahe, dass der US-Gesetzgeber voreilig gehandelt hat. Der DMCA in seiner jetzigen Form sei zu unspezifisch und lässt seine Anwendungen in vielen Fällen zu, für die er nicht gedacht war, so die EFF. Die Rechnung dafür zahlen Erfinder, Forscher, Presse und Öffentlichkeit.
Dass die EFF mit ihrer Meinung nicht allein ist, belegt ein kürzlich veröffentlichter Forschungsbericht des konservativen privaten Cato-Forschungsinstituts aus Washington. Der Autor eines Berichts über dieAuswirkungen des DMCA, Tim Lee, kommt zu den gleichen Schlüssen wie die EFF: „Der DMCA ist wettbewerbsfeindlich. Er gibt Rechteinhabern – und den Technologieunternehmen, die deren Inhalte verbreiten – die rechtlich abgestützte Macht, geschlossene Technologien zu entwickeln und Wettbewerber daran zu hindern, Interoperabilität herzustellen. Am schlimmsten ist, dass DRM-Technologien plump und wirkungslos sind; sie behindern zwar die legitime Nutzung, zeigen jedoch wenig Wirkung, wo es darum geht, Piraten zu stoppen.“
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