Deutliches Signal gegen überhöhte Abmahnungen bei CC-lizenzierten Fotos
Das Gericht zeigte sich überzeugt, „dass hinsichtlich des Vorgehens des Beklagten eine systematische Masche steckt, wonach er versucht, Geld zu verdienen, indem er Personen sucht, die seine Bilder unberechtigt verwenden, um an diese überhöhte Forderungen in Form von Schadensersatzansprüchen zu stellen“. So heißt es in der Urteilsbegründung (Urteil vom 18.12.2018, 18 C 611-18).
Davon berichtet der Kölner Rechtsanwalt Markus Kompa, der als Anwalt für den Abgemahnten tätig ist. Ausgangspunkt war eine Abmahnung des Fotografen Thomas Wolf gegen den Nutzer eines seiner Fotos, dessen Hinweis auf die Creative-Commons-Lizenzierung des Fotos formale Fehler enthielt.
Das Würzburger Gericht wies nicht nur die finanziellen Schadensensersatzforderungen des klagenden Fotografen als unverhältnismäßig hoch zurück. Vielmehr erlegte es ihm einen Schadensersatz zugunsten des Abmahnopfers auf, weil diesem Anwaltskosten entstanden seien. Diese Kosten seien für den Abgemahnten unumgänglich gewesen. Er habe angesichts der hohen Forderung anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen dürfen.
Nach Ansicht des Gerichts, dessen Begründung Kompa zitiert, handele der Abmahnende „unredlich“. Denn er wisse, dass seine Forderungen „völlig oder ganz überwiegend“ unberechtigt seien – weil es dazu eine ganze Serie an gerichtlichen Entscheidungen gebe, die ihm bekannt sein müssten. Er hätte aber dennoch unbeirrt Forderungsschreiben ausgesendet. Damit würde er Kosten für die Beauftragung eines Rechtsanwalts provozieren.
Völlig überhöhte Schadensersatzforderungen der Fotografen
Damit stellt sich das Gericht klar gegen kalkulierte Abmahnpraktiken bei freien Lizenzen, mit denen einige wenige Fotografen seit Jahren für Verunsicherung sorgen und viel Unmut auf sich ziehen. Sie nutzen formale Fehler bei der Kennzeichnung creative-commons-lizensierter Bilder aus, um überhöhte Forderungen zu stellen.
Für Ärger sorgen die systematisch abmahnenden Fotografen insbesondere, weil sie einerseits ihre Fotos frei lizenzieren und kostenlos zur Verfügung stellen, ihre Schadensersatzforderungen dann aber viel zu hoch ansetzen. Die von ihnen herangezogenen „Preislisten“ von Fachverbänden orientieren sich an den Honoraren für professionelle Fotografen, führt Kompa an anderer Stelle aus.
Da sie ihre Fotos jedoch kostenlos im Internet verbreiten, könnten sie nicht gleichzeitig hohe finanzielle Schäden beanstanden, die allein durch fehlerhafte Lizenzhinweise entstanden seien. Genau darum sei es in den vielen Fällen gegangen, die gerichtlich verhandelt wurden. Doch keiner der Abmahner hätte die überzogenen Abmahnbeträge plausibel machen können, so Kompa.
Stattdessen sei für solche Fälle der Schaden üblicherweise mit 100 Euro anzusetzen. Dieser Auffassung folgte auch jüngst der Bundesgerichtshof in einem ähnlichen Fall eines auf Facebook veröffentlichten Fotos, das widerrechtlich genutzt wurde.
Abmahnungen weiterhin ernst nehmen
Auch wenn das Urteil des Würzburger Amtsgericht dem Abmahn-Unwesen einen Dämpfer verpasst, sollten Abmahnungen zu fehlerhaften Creative-Commons-Lizenzhinweisen auch in Zukunft ernst genommen werden. Markus Kompa rät zu Unterlassungserklärungen bei gleichzeitiger Unterstützung durch einen Anwalt.
Korrektur 15.1.2019: Irrtümlich schrieben wir im dritten Absatz „Ausgangspunkt war eine Klage des Fotografen Thomas Wolf…“. Das war falsch. Richtig muss es heißen „Ausgangspunkt war eine Abmahnung des Fotografen Thomas Wolf…“.
2 Kommentare
1 Sabine Pallaske am 16. Januar, 2019 um 17:34
Es ist ganz sicher zu unterscheiden, ob Bildanbieter Unsicherheiten bei der Auslegung von Lizenzanforderungen bewußt in Kauf nehmen oder sogar provozieren (nicht nur wg CC-Lizenzen schwarze Schafe, man trifft sie auch auf Websites mit vermeintlich kostenlosen Bildnutzungen wie pixelio.de, Pixabay.com und ähnlichen) und den” unfreiwilligen Marktteilnehmer” wie dem im angeführten Urteil (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&az=I%20ZR%20187/17&nr=90839) aufgeführtem, dessen privates Bild von einem kommerziellen Nutzer ohne Wissen und Zustimmung eingesetzt wurde.
Für Nutzer heisst es einfach: Augen auf, Lizenzbedingungen genau lesen und nicht auf das Attribut “kostenlos” hereinfallen – Finger weg, so verlockend es klingt.
Dann doch lieber bei dem Urheber direkt oder über Bildagenturen lizenzieren. Was sind Lizenzgebühren im Hunderter-Bereich gegen den Stress und die Kosten,die Abmahnungen mit sich bringen?
2 Ian R. am 27. Februar, 2019 um 22:54
Hilfreich zur Einschätzung des Falls wäre die Erwähnung gewesen, was die “formalen Fehler” des Hinweises auf Creative-Commons-Lizenzierung des Fotos gewesen sind und wie hoch die Forderung des Abmahnenden gewesen ist. Gerade private Blogs und andere nichtkommerzielle oder -vereinsgestützte Erscheinungen abseits des hippen Hackeschen Marktes können sich entgeltliche Lizenzierungen von mitunter notwendigen bildlichen Darstellungen nicht leisten und sind auf kostenfreie Lizenzen geradezu angewiesen. Denen helfen die letzten beiden Absätze des Artikels so gar nicht weiter.
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