Der Wochenrückblick: De-Mail, Hulu, Netzsperren
Bundestag winkt De-Mail durch
Der Bundestag hat am Donnerstag Abend das De-Mail-Gesetz (PDF) verabschiedet. Das Gesetz, das unter verschiedenen Namen schon seit Jahren geplant worden war, soll eine erleichterte rechtssichere Kommunikation der Bürger möglich machen. Da das System E-Mail in vielen Punkten unsicher und fälschungsanfällig ist, soll das Gesetz „De-Mail” etablieren: Eine eigene Infrastruktur, die Email zwar ähnlich sein soll, jedoch deutlich sicherer sei. Das Gesetz wurde bei seiner Verabschiedung aus verschiedenen Gründen kritisiert: Es fehle an einer durchgängigen Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und bringe den Bürgern eigentlich nur Nachteile.
Weitere Informationen bei Heise Online.
Kartellamt bremst deutsches Hulu-Pendant
Die beiden großen Sendergruppen Deutschlands, RTL und ProSieben/Sat.1, wollen gemeinsam ein Videoportal an den Start bringen. Das als das „deutsche Hulu” bekannte Projekt soll die Fernsehinhalte der Sender werbefinanziert und kostenlos im Internet zweitverwerten. Dieses Vorhaben ist nun vom Kartellamt beanstandet worden: Die beiden Sendergruppen bildeten faktisch ein Duopol, das sich auf diese Weise auch im Internet zementieren könnte. Weitaus weniger kritisch sehen das die Landesmedienanstalten, die eigentlich als Aufsichtsbehörden der Plattformregulierung ähnliche Zuständigkeiten haben wie das Bundeskartellamt: „Bleibt es bei der Ablehnung durch das Kartellamt, dann spielt die Entscheidung Hulu und auch Google in die Hände.” Eine formelle Entscheidung des Bundeskartellamts ist einstweilen noch nicht gefallen, die Sender sollen zunächst noch angehört werden.
Pressemitteilung des Bundeskartellamts (PDF).
Telemedicus ausführlich zur kartellrechtlichen Problematik.
Verfassungsbeschwerde gegen Netzsperren-Gesetz eingereicht
Unterstützt vom AK Zensur haben mehrere Personen gegen das Zugangserschwerungsgesetz Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Gesetz sollte eigentlich zur Durchsetzung von Netz-Sperren auf Ebene des Domain Name System gegen kinderpornografische Webseiten eingesetzt werden. In einem bisher einmaligen, rechtlich hoch problematischen Vorgang wurde es jedoch direkt nach seinem Inkrafttreten durch eine Anweisung der Bundesregierung an das BKA „außer Vollzug gesetzt”. Die Verfassungsbeschwerden werfen dadurch eine interessante Frage nach der verfassungsrechtlichen Beschwerdebefugnis auf.
Pressemitteilung des AK Zensur.
W3C will Schutz vor Nutzer-Tracking standardisieren
Die Diskussion um „Tracking” war in der vergangenen Woche groß. Denn der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte hat damit begonnen, gegen den Einsatz von Tracking-Software vorzugehen. Das ist einerseits logisch, denn Tracking-Software ist mit dem Datenschutzrecht häufig nicht in Einklang zu bringen. Andererseits kommt heutzutage kaum eine Webseite ohne ein solches Werkzeug aus. Auch die Datenschutzbeauftragen selbst schaffen es häufig nicht, ihre Webseiten datenschutzrechtskonform zu gestalten. Die Gegenwehr gegen die Aufsichtsmaßnahmen ist also groß, eine rechtliche Lösung nicht in Sicht. Ein Lösungsansatz technischer Natur erscheint nun von Seiten der Internet-Standardisierungs-Organisation W3C: Diese will nun Nutzern über einfache Browsereinstellungen möglich machen, selbst darüber zu entscheiden, welche und wie viele Daten sie preisgeben.
Detaillierte Informationen in einem Blog-Eintrag des Initiators Microsoft.
Telemedicus zu Tracking und deutschem Datenschutzrecht.
Demonstrationen am Flughafen erlaubt
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass am Flughafen Frankfurt a.M. demonstriert werden darf (Az. 1 BvR 699/06). Der Flughafen steht im Eigentum der Fraport AG: einem Unternehmen des Privatrechts, das allerdings mehrheitlich im Eigentum des Landes Hessen und der Stadt Frankfurt steht. Getreu dem Grundsatz „keine Flucht ins Privatrecht” entschied das BVerfG nun, dass auch die Fraport AG Versammlungen zulassen muss. Eigentlich nichts Neues; außer vielleicht für die Zivilgerichte, die in den Vorinstanzen sämtlich der Fraport AG Recht gegeben hatten.
Zur Entscheidung des BVerfG.
Neues Filmförderungsgesetz ist verfassungsgemäß
Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Bedenken gegen das neue Filmförderungsgesetz (FFG). In mehreren Urteilen vom 23.2 2011 (Az. 6 C 22.10 bis 30.10) entschied das Gericht, das FFG sei sowohl mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz vereinbar, als auch von der Gesetzgebundskompetenz des Bundes gedeckt. Die lange Rechtsunsicherheit um das FFG findet damit –- zumindest vorläufig – ein Ende.
Zur Pressemitteilung des BVerwG.
Assange kann an Schweden ausgeliefert werden
Ein britisches Bezirksgericht hat entschieden, dass der Wikileaks-Chef Julian Assange nach Schweden ausgeliefert werden soll. Dort werden ihm Sexualdelikte zur Last gelegt. Die Auslieferung dient der Durchsetzung einer Vorladung der schwedischen Staatsanwaltschaft zu einer Vernehmung; früheren Anforderungen war Assange offenbar nicht nachgekommen. Die britische Presse wertet die Entscheidung des Gerichts als „deutliche Niederlage” Assanges, der damit argumentiert hatte, das Auslieferungsverlangen sei politisch motiviert. Assange hat bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.
Weitere Informationen bei BBC Online.
Schneider neuer Chef der bayerischen Medienaufsicht
Einer der wichtigsten Stühle im Bereich der deutschen Medienaufsicht ist neu besetzt worden: Siegfried Schneider tritt die Nachfolge von Wolf-Dieter Ring an der Spitze der BLM an. Die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) gehört zu den einflussreichsten und wichtigsten Landesmedienanstalten. Unter anderem führte Ring als BLM-Direktor auch die Kommission für Jugendmedienschutz, die für die Umsetzung des umstrittenen Jugendmedienschutz-Staatsvertrags zuständig war. Ring und die BLM waren in der Vergangenheit wegen ihres Regulierungsgebarens häufig in die Kritik geraten, auch auf Telemedicus. Der Nachfolger von Ring war vorher Staatskanzleichef des bayerischen Ministerpräsidenten, was schon jetzt ebenfalls für Kritik sorgt
Pressemitteilung der BLM.
Kommentar von internet-law.
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