„Der Vergangenheit eine Zukunft“: Neues Buch zum kulturellen Erbe in digitalen Welten veröffentlicht
Für eine Bestandsaufnahme zur Digitalisierung des kulturellen Erbes formulieren die Herausgeber – Paul Klimpel, Anwalt bei der Kanzlei iRights.Law, und Ellen Euler, stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) – zwei zentrale Ausgangspunkte:
- Wie sollen Archive, Museen, Bibliotheken und Mediatheken sowie Einrichtungen aus Wissenschaft und Denkmalpflege unter veränderten Bedingungen ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen?
- Welche Rahmenbedingungen behindern und welche befördern sie bei dabei, Vergangenes digital zu sichern und zugänglich zu halten?
Dem Staat komme dabei eine Schlüsselrolle zu, schreibt Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, in ihrem Geleitwort. Zwar könnten private Anbieter – insbesondere in Kooperation mit öffentlichen Einrichtungen – eine wichtige Rolle spielen, doch dürften dabei nicht ökonomische Interessen maßgeblich dafür sein, wem welche Angebote zur Verfügung stünden.
„Die Zinsen unseres kulturellen Erbes stehen allen Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen zu“, stellt die Staatsministerin fest, um im gleichen Atemzug die Regierung – und damit sich selbst – in die Pflicht zu nehmen: „In die Digitalisierung des kulturellen Erbes und seine für alle Bürgerinnen und Bürger attraktive Präsentation im Netz zu investieren, ist deshalb eine wichtige Aufgabe der Kulturpolitik und liegt besonders in staatlicher Verantwortung.“
Texte zur Situation der Institutionen: zwischen Erwartungen und Möglichkeiten
So plausibel sich das liest, so herausfordernd scheint es, dieser Verantwortung konkret in den jeweiligen staatlichen Einrichtungen gerecht zu werden. Zumindest bringen das die beiden Herausgeber in ihrer Einleitung zum Ausdruck: „Der Auftrag und die Erwartungen an diese Institutionen und die Möglichkeiten, die sie haben, klaffen häufig auseinander.“
Aus diesem Grund beschäftigt sich der Sammelband, der die Themen und Vorträge der Konferenz der Reihe „Zugang gestalten“ aufgreift, zunächst mit den Wechselverhältnissen, in denen „Öffentliche Verantwortung, gesellschaftliche Aufgabe, privates Engagement“ miteinander stehen. Die Kluft zwischen Erwartungen und Möglichkeiten gelte auch im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen, die angesichts der Digitalisierung und infolge rechtlicher Unsicherheiten neu zu justieren seien. Mit ihnen beschäftigt sich ein weiteres der vier Hauptkapitel des Buches.
So formulieren Ellen Euler und der Rechtswissenschaftler Thomas Dreier in ihrem Beitrag zur „Onleihe“ in Bibliotheken den dringenden Bedarf für neue Schrankenregelungen, um den Zugang zu digitalen Beständen von rechtlichen Hürden zu befreien. Momentan, schreibt dazu Paul Klimpel in seinem Beitrag, erzwinge die geltende Rechtslage, dass sich die Bibliotheken mit Rechterecherchen beschäftigen müssten, was erhebliche Ressourcen binde. Doch „das Lösen von Rechtsfragen gehört nicht zu den Kernaufgaben von Archiven, Museen und Bibliotheken“, so Klimpel.
Als einen Weg, digitalisierte Werke nicht nur zugänglich zu machen sondern auch deren möglichst vielfältige Nachnutzung zu ermöglichen, schlägt John Weitzmann – ebenfalls Anwalt bei iRights.Law – in seinem Beitrag den Einsatz von Creative-Commons-Lizenzen vor. Die Lizenzen gehörten längst zu einem juristischen Standardwerkzeug und sind für Nutzer relativ leicht verständlich, rechtssicher und internationalen Standards genügend, so Weitzmann. Er weist besonders auf die Lizenz „CC0“ (auch „CC Zero“) hin, mit der man ein Werk de facto als gemeinfrei definieren kann.
Beiträge zu technischen Standards, Regeln und Nutzerbeteiligung
In den weiteren Abschnitten und Beiträgen beleuchten die Autorinnen und Autoren technische Aspekte der Digitalisierung und gehen auf die „Regeln der Vernetzung“ ein, etwa zu Datenformaten, Metadaten und internationalen Standards; weiterhin zur Frage, wie man digitale Speichermedien, Betriebs- und Dateisystemen auf Dauer sichern kann, ohne darüber die analogen Objekte zu vernachlässigen.
Wie das Publikum einbezogen werden kann, beschäftigt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, in seinem Beitrag: „Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist ein Beispiel dafür, welches Potenzial in Teilen der Nutzergemeinschaft des Webs besteht, und zeigt das Interesse und die Bereitschaft, selbst aktiv an der Erarbeitung, dem Ausbau und der Positionierung von Information teilzunehmen.“
„Der Vergangenheit eine Zukunft“ ist als gedruckte Ausgabe erhältlich (rund 300 Seiten, A5, Paperback) sowie als E-Book; nähere Informationen und Bestellmöglichkeit bei iRights.Media.
Podiumsdiskussion in Leipzig
Anlässlich seiner Veröffentlichung und zur Vorstellung des Buches findet am kommenden Freitag eine Podiumsrunde auf der Leipziger Buchmesse statt. Auf Einladung der Deutschen Digitalen Bibliothek will sich das Expertengespräch den Herausforderungen bei der Digitalisierung des kulturellen Erbes widmen.
Alle Podiumsdiskutanten sind auch Autoren des Buches: Ellen Euler (Deutsche Digitale Bibliothek), Monika Hagedorn-Saupe (Institut für Museumsforschung), Jürgen Keiper (Deutsche Kinemathek), Paul Klimpel (iRights.Law), Eric W. Steinhauer (Bibliothek der Fernuniversität Hagen). Die Moderation übernimmt Astrid B. Müller (Deutsche Digitale Bibliothek).
Wann: 12. März 2015 | 17:00 bis 18:00 Uhr
Wo: Messe Leipzig, Halle 5, Stand D600
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