Das unendliche Musikarchiv
Das wird besonders interessant, wenn man die Stücke nicht mehr, wie früher, auf analoge Musikkassetten aufnehmen muss, sondern gleich als komprimierte Audio-Dateien (MP3, Ogg Vorbis oder andere) auf der Festplatte abspeichern kann. Zwar muss man dafür sein Radio an den Computer anschließen oder spezielle Hardware verwenden (wie zum Beispiel eine Radioempfangskarte). Doch wer diesen Aufwand nicht scheut, kann die aufgenommenen Songs direkt von der Festplatte auf CD brennen oder auf den tragbaren Player für unterwegs überspielen. Sehr bequem. Aber auch erlaubt?
Mitschneiden erlaubt
Die Antwort lautet eindeutig: ja. So, wie man früher das Radioprogramm auf Kassetten aufgenommen hat, darf man heute Musik digital mit dem Computer aufnehmen. Nicht weniger, aber auch nicht mehr, denn es ist nicht erlaubt, diese Musik weiterzugeben, sei es über die eigene Website, eine Tauschbörse, eine Web-2.0-Plattform oder einen Podcast – geschweige denn, sie zu verkaufen. Denn das hieße, sie öffentlich wiederzugeben oder zu verbreiten, und das ist nur mit Erlaubnis der Urheber gestattet, die in diesem Fall nicht vorliegt.
Allerdings darf man die Stücke im Rahmen der sogenannten Privatkopieregelung auf CDs brennen und an Freunde weitergeben oder sich – wie früher bei Musikkassetten – die Songs von Freunden oder Verwandten überspielen. Da die Musik im Radio gespielt wurde, heißt das, dass sie rechtskonform angeboten wurde (was bei vielen Stücken, die in Tauschbörsen angeboten werden, nicht der Fall ist – mehr dazu in den Artikeln zu Tauschbörsen und Privatkopie, Links unten).
Internet-Radios: legaler Komfort
Ein spezieller Fall sind Internetradios, auch Webcasting genannt. Diese Radios senden ihr Programm über das Netz. Einen Computer mit Internetzugang vorausgesetzt, kann man diese Sender direkt digital empfangen. Nachteil: Man muss, um Internetradio hören zu können, immer mit dem Internet verbunden sein. Diese Art des Radiohörens bietet sich also vor allem für diejenigen an, die eine Flatrate haben. Vorteil: Man braucht keine besondere Hardware (außer einer Soundkarte, die heute in fast jedem Computer steckt) und die Musik ist leichter archivierbar. Denn fast immer liefern die Internetradios Dateiinformationen für die einzelnen Musikstücke mit: Wer ist der Interpret, wie lang ist der Song, von welchem Album stammt er?
Wenn man diese Infos direkt verarbeiten kann, muss man nichts mehr von Hand eingeben. Das haben sich auch die Softwarehersteller gedacht, die inzwischen zahlreiche Programme anbieten, die Songs mitschneiden und diese Daten direkt auslesen, und die Musik inklusive der Datei-Informationen auf der Festplatte ablegen. Manche Programme bieten sogar an, einen bestimmten Musikstil auszuwählen – die Software sucht anschließend selbstständig Sender und Programme aus, die dazu passen, und speichert die Musik.
Kann soviel Komfort legal sein? Auch hier ein eindeutiges Ja. Als Nutzer darf man Musik aus Internetradios aufnehmen und im persönlichen Umfeld weitergeben. Zwar hat die Musikindustrie im Rahmen der aktuellen Urheberrechtsnovellierung (Zweiter Korb, in Kraft getreten im Januar 2008) gefordert, intelligente Aufnahmesoftware zu verbieten. Hiermit sind Programme gemeint, die automatisch einzelne Songs aus Internetradios mitschneiden, Playlisten erstellen und so weiter. Da die Musikindustrie mit ihrem Anliegen jedoch – vorerst – gescheitert ist, gilt weiterhin, dass solche Programme angeboten und verwendet werden dürfen.
Es bleibt also bei der geltenden Rechtslage: Mitschneiden wäre nur dann verboten, wenn die gespielten Stücke „offensichtlich rechtswidrig“ hergestellt oder online zugänglich gemacht wurden. Diese „Offensichtlichkeit“ dürfte für die Durchschnittshörer praktisch nie gegeben sein. Auch hier gilt jedoch die gleiche Einschränkung wie bei herkömmlichen Radiostationen: Man darf die Songs nicht öffentlich zugänglich machen (also etwa in Tauschbörsen) oder verkaufen (zum Beispiel die eigene Best-of-CD auf dem Flohmarkt).
Kopierschutz demnächst auch beim Internet-Radio?
Seit dem 1. April 2005 gelten neue Tarife und Vertragsbedingungen der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), die im Auftrag der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller Lizenzen an Internetradios vergibt. Darin ist festgelegt, dass Webcaster, „sofern es nicht mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist“, effektive technische Maßnahmen einsetzen müssen, um zu verhindern, dass die Programme gescannt oder aufgezeichnet werden. Außerdem muss der Betreiber eines Internetradios „technische Maßnahmen unterstützen, die von Tonträgerherstellern eingesetzt werden, um ihre Musikaufnahmen zu identifizieren und zu schützen“.
Derzeit herrscht Streit darüber, ob Internetradios diese Vorgaben umsetzen können und werden. Sollten sie es jedoch tun – oder bereits getan haben –, ist davon auszugehen, dass auch Webradioprogramme mit einem effektiven Kopierschutz versehen sind. Der darf nicht geknackt werden, um das Programm auf dem PC aufzuzeichnen.
Analoge Kopien wären weiterhin erlaubt. Wer also seinen Minidisk-Rekorder an den Audio-Ausgang des Computers anschließt, um das Programm aufzuzeichnen, ist auf der sicheren Seite.
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