Creative Commons: Was tun bei Lizenzverstößen? Wie setze ich meine Rechte durch?
iRights.info berichtet und informiert seit Jahren über Creative Commons. In loser Folge stellen wir typische und oft nachgefragte Themen aus den deutschen Creative-Commons-FAQs vor und bereiten sie mit verschiedenen Schwerpunkten auf.
Insgesamt enthält die deutsche CC-Hilfeseite rund 130 Fragen und Antworten. In diesem Text geht es darum, was man tun kann, wenn man einen Verstoß an den eigenen mit Creative Commons lizenzierten Inhalten feststellt. Außerdem stellen wir zwei FAQs zum Thema CC und Verwertungsgesellschaften vor.
Creative Commons: Häufig gestellte Fragen
Seit Mitte 2021 liegen rund 130 oft gestellte Fragen und ihre Antworten zu Creative Commons in deutscher Sprache vor. Die deutschen CC-FAQs („Frequently Asked Questions“) orientieren sich in Form und Inhalt am Vorbild der offiziellen US-amerikanischen CC-FAQs, kommen aber mit zahlreichen Besonderheiten für das deutsche und das europäische Recht.
Die deutschen CC-FAQs stehen hier kostenlos zur Verfügung. Eine Aufteilung in fünf große Blöcke erleichtert die Orientierung:
1. Über Creative Commons
2. Allgemeine Information über die CC-Lizenzen
3. Für Lizenzgeberinnen und Lizenzgeber
4. Für Lizenznehmerinnen und Lizenznehmer
5. Datenbanken, Daten und KI
Die deutschen FAQs stehen selbst unter einer Creative Commons-Lizenz (CC BY 4.0). Erstellt wurde das deutsche FAQ-Informationsangebot von Mitgliedern des deutschen Chapters von Creative Commons. Federführend dabei war Fabian Rack, Rechtsanwalt bei iRights.Law und Autor bei iRights.info.
Die Creative-Commons-Lizenzen ermöglichen es, urheberrechtlich geschütztes Material durch Standardlizenzverträge zur Nutzung freizugeben. Urheber*innen und Rechteinhaber*innen können also selbst bestimmen, welche Inhalte zu welchen Bedingungen genutzt werden können. Die CC-Lizenzen sind selbst Lizenzen im Sinne des Urheberrechts und schützen somit auch vor Lizenzverletzungen durch Nutzer*innen.
Betroffene können sich deshalb gegen Lizenzverstöße wehren. Die im Folgenden ausgewählten Fragen und Antworten erläutern, wie das geht, was die Gerichte zu Creative Commons sagen und wie man gegen eine extremistische Vereinnahmung eigener Inhalte vorgehen kann.
Jemand anderes hat ohne meine Erlaubnis meine Inhalte verwendet und mit einer CC-Lizenz versehen. Was kann ich tun?
Fremde Inhalte dürfen nicht ungefragt – also ohne die dafür erforderliche Erlaubnis bzw. die nötigen Nutzungsrechte – CC-lizenziert werden. Wenn Ihnen auffällt, dass jemand anderes urheberrechtlich geschützte Materialien, die Sie geschaffen haben bzw. an denen Sie die Rechte halten, unter einer CC-Lizenz weitergibt und Sie dies gar nicht erlaubt haben, können Sie juristisch dagegen vorgehen und Ihre Urheberrechte durchsetzen.
Sind Creative-Commons-Lizenzen vor Gericht durchsetzbar?
Ja, CC-Lizenzen sind so konzipiert, dass sie vor Gericht Bestandskraft haben: CC-Lizenzen sind Verträge, an die Lizenznehmer und -geber rechtlich gebunden sind – und die im äußersten Fall gerichtlich durchsetzbar sind. Das bestätigen zahlreiche Gerichtsurteile (siehe die Entscheidungssammlung beim Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software, ifross). Die Organisation Creative Commons betont, dass sich Streitigkeiten über eine Verletzung der Lizenzbedingungen häufig gütlich klären lassen, sprich ohne dass man dafür vor ein Gericht ziehen muss (siehe hier).
Was sagen Gerichte in Deutschland zu Creative Commons?
Die Gerichtsentscheidungen zu CC-Lizenzen reichen in Deutschland bis ins Jahr 2010 zurück – so ist es beim Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifross) dokumentiert. Dass CC-Lizenzen bindend sind und damit vor Gericht anerkannt werden, kann man mittlerweile als geklärt betrachten. Inhaltlich geht es in den Entscheidungen häufig um die Frage, ob bei einem Lizenzverstoß wegen fehlender oder fehlerhafter Namensnennung (also wegen Verstoßes gegen das Lizenzelement BY, siehe hier) an Lizenzgeber Schadensersatz bezahlt werden muss, und wenn ja, wie sich diese Geldsumme berechnet (siehe hier).
Kostet ein Lizenzverstoß Geld?
Ob bei einem Lizenzverstoß ein Lizenzgeber eine Geldzahlung verlangen kann, ist nicht einfach zu beantworten und hängt im Einzelfall von unterschiedlichen Faktoren ab.
Zunächst einmal ist die Nutzung CC-lizenzierter Materialien kostenlos, solange bei der Nutzung die Lizenzbedingungen gewahrt werden. Verstößt ein Lizenznehmer aber gegen die Lizenzbedingungen, etwa weil die Namensnennung nicht oder fehlerhaft erfolgt (BY), so ist diese Nutzung nicht von der Lizenz gedeckt. Die Nutzung des Materials hat dann das Urheberrecht verletzt. In solchen Fällen fordern Lizenzgeber manchmal Schadensersatz.
Das Urheberrecht besagt bei einer Nutzung ohne Lizenz, dass ein Rechtsverletzer dasjenige nachzahlen muss, was er oder sie hätte zahlen müssen, wenn er oder sie auf üblichem Weg eine Lizenz für die Nutzung eingeholt hätte (sogenannte „Lizenzanalogie“). Der Betrag wird vor Gericht häufig geschätzt. Bei professionellen Fotograf*innen wird dabei häufig die von der Mittelstandsvereinbarung Foto-Marketing jährlich herausgegebenen Übersicht mit recht hohen Vergütungen herangezogen. Bei Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit den CC-Lizenzen haben jedoch Gerichte in den letzten Jahren (Stand: Juni 2021) entschieden, dass der „objektive Wert“ der Lizenzierung gleich Null sei, wenn die Lizenz auch die kommerzielle Nutzung erlaubt. Begründet wird dies damit, dass die Nutzung des Materials gemäß der CC-Lizenz schließlich kostenlos sei. Daraus wird gefolgert, dass der Schadensersatz, den ein Lizenzgeber fordern kann, auch bei Null liege. Diese Rechtsprechung ist jedoch umstritten. Einige Gerichte haben auch einen pauschalen, niedrigen Schadensersatz zuerkannt, der aber jedenfalls weit unter den oben genannten Sätzen der Mittelstandsvereinigung liegt.
Ein zusätzlicher Aspekt sind die Kosten für eine Rechtsverfolgung. Darunter fallen Gerichtskosten, oder Kosten, die dadurch entstehen, dass man eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt für eine Abmahnung beauftragt. Gerichte haben allerdings schon mehrfach die Rechtsdurchsetzung durch sogenannte „Urheberrechtstrolle“ als „rechtsmissbräuchlich“ eingestuft. Rechtsmissbräuchlich ist es zum Beispiel, Abmahnungen wegen CC-Lizenzverletzungen mit völlig überhöhten Forderungen und Drohungen zu schicken und dies zur Masche zu machen.
Kann ich auch als Mitglied einer Verwertungsgesellschaft wie der GEMA oder der VG Wort unter Creative Commons lizenzieren?
Unter bestimmten Bedingungen und in der Regel nur mit dem Modul NC (nicht kommerziell) können Sie als Mitglied einer Verwertungsgesellschaft Ihre Werke unter eine CC-Lizenz stellen.
Verwertungsgesellschaften (VG) wie die GEMA oder die VG Wort sind gegründet worden, um die Rechte der Kreativen „kollektiv“ wahrzunehmen und für sie die Vergütungen für die Nutzung ihrer Werke einzusammeln. Durch den Wahrnehmungsvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft übertragen Kreative eine Reihe „ausschließlicher Nutzungsrechte”, bei der GEMA z.B. an all ihren Kompositionen und Songtexten. Nach einer solchen Übertragung von Nutzungsrechten dürfen Kreative selbst die betroffenen Inhalte nicht mehr unter einer CC-Lizenz zur Verfügung stellen, weil dafür dann die Befugnis fehlt. Lange Zeit wurde kontrovers diskutiert, ob Verwertungsgesellschaften ihren Mitgliedern ermöglichen sollen, Inhalte parallel per CC zu lizenzieren.
Der Gesetzgeber hat hierfür Möglichkeiten geschaffen: Seit einer Gesetzesreform 2016 müssen alle Verwertungsgesellschaften ihren Mitgliedern ermöglichen, sogenannte Jedermann-Lizenzen für nicht-kommerzielle Nutzungen einzuräumen (§ 11 des Verwertungsgesellschaftengesetzes). Creative Commons-Lizenzen sind solche „Jedermann-Lizenzen“. Allerdings muss dann (in der Regel) das NC-Modul (nur nicht kommerzielle Nutzung) zum Einsatz kommen. Ob mehr als das möglich ist, hängt vom jeweiligen Wahrnehmungsvertrag zwischen Rechteinhaber und VG ab. Die GEMA und die VG Wort erlauben in diesem Zusammenhang nur die Freigabe zur nicht-kommerziellen Nutzung. Bitte erfragen Sie in Ihrem konkreten Fall die genauen Bestimmungen der betreffenden Verwertungsgesellschaft.
Übrigens müssen Lizenznehmer laut GEMA die Nutzung von CC-lizenzierter GEMA-Musik bei der GEMA melden (siehe GEMA-FAQ, dort Nr. 14).
Mein Material ist für extremistische Propagandazwecke eingesetzt worden. Die Lizenzangaben stimmen aber. Kann ich dagegen vorgehen?
Es gibt durchaus Möglichkeiten, gegen eine extremistische Vereinnahmung Ihrer Inhalte vorzugehen.
Zunächst einmal können Sie als Lizenzgeber*in vom Lizenznehmer immer verlangen, dass die Attribution vom Inhalt entfernt wird (Abschnitt 3(a)(3) des Lizenztextes). Dieses Recht besteht unabhängig vom inhaltlichen Kontext der Verwendung.
Komplizierter wird es, wenn Sie die Nutzung des Inhalts ganz untersagen möchten. Der Ausgangspunkt: Grundsätzlich dürfen CC-lizenzierten Inhalte in jedem Kontext und zu jedem Zweck genutzt werden. Lizenzseitig können lediglich kommerzielle Nutzungszwecke ausgeschlossen werden. Es ist gerade das Prinzip freier Lizenzierung, dass man Kontrolle abgibt und der Allgemeinheit weitgehende Freiheiten einräumt. Dafür können Lizenzgebern eine Reihe von Vorteilen entstehen: mehr Verbreitung, größere Bekanntheit etc. Dies impliziert, dass Ihre Inhalte auch zu Zwecken oder in Kontexten genutzt werden dürfen, die Ihnen möglicherweise nicht gefallen oder die Sie sich nicht wünschen würden.
Das heißt aber nicht, dass CC-lizenzierte Inhalte schutzlos jedem Kontext ausgeliefert sind. So wird im politischen oder weltanschaulichen Bereich der Endorsement-Aspekt relevant: Die CC-Lizenzen enthalten hierzu eine Regelung in Abschnitt 2(a)(6):
„Die vorliegende Public License begründet nicht die Erlaubnis, zu behaupten oder den Eindruck zu erwecken, dass Sie oder Ihre Nutzung des lizenzierten Materials mit dem Lizenzgeber oder den Zuschreibungsempfängern gemäß Abschnitt 3(a)(1)(A)(i) in Verbindung stehen oder durch ihn gefördert, gutgeheißen oder offiziell anerkannt werden.“
Der Punkt wird als „inhaltliche Indifferenz“ bezeichnet: Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, dass eine Lizenzgeber:in hinter der jeweiligen Nutzung steht oder sie auch nur gutheißt (endorsement). Wenn das der Fall ist, kann man die Nutzung untersagen – auf Grundlage einer Lizenzverletzung.
Schließlich gilt noch das gesetzliche Urheberpersönlichkeitsrecht. Es gibt Urhebern das Recht, gegen Entstellungen von Materialien vorzugehen. Eine Entstellung liegt vor, wenn die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers durch die Art oder den Kontext der Nutzung verletzt werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine rechtsextremistische Partei Ihren Inhalt in eine politische Inszenierung wie beispielsweise einen Wahlkampfauftritt einbettet. Die Voraussetzungen des Entstellungsschutzes sind aber recht hoch und vom Einzelfall abhängig.
Übrigens: Möglicherweise sind im extremistischen Kontext auch Persönlichkeitsrechte abgebildeter Menschen auf CC-lizenzierten Fotos oder Filmen verletzt. Das wäre dann aber kein Thema der CC-Lizenz, sondern des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Recht am eigenen Bild) und des Datenschutzes (siehe hier zu Persönlichkeitsrechten).
Die sechs oben angeführten Fragen und Antworten entstammen den deutschen Creative-Commons-FAQs (Autoren: Rack/Jaeger/Klimpel/Kreutzer/Weitzmann) und stehen unter der Lizenz CC-BY-4.0. Die Auswahl der FAQs für diesen Beitrag erfolgte durch die Redaktion von iRights.info (El-Auwad/Fischer).
Übersicht: CC-FAQs auf iRights.info
Fragen oder Unsicherheiten bei Creative-Commons-Lizenzen? Die deutschen CC-FAQs helfen weiter! iRights.info bietet dazu eine siebenteilige Übersicht:
- Teil 1: Wozu es Creative-Commons-Lizenzen braucht und wie genau sie funktionieren
- Teil 2: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig verstehen und anwenden – Beispiel Namensnennung (CC-BY)
- Teil 3: Creative-Commons-Lizenzmodule richtig kombinieren – Besonderheiten des NC-Moduls (non-commercial)
- Teil 4: Datenbanken und Creative-Commons-Lizenzen: Was gilt es grundsätzlich zu beachten?
- Teil 5: Daten und Creative-Commons-Lizenzen – Trainingsmaterial für Künstliche Intelligenz
- Teil 6: Creative Commons: Was tun bei Lizenzverstößen? Wie setze ich meine Rechte durch?
- Teil 7: Wie stehen Creative Commons zu Public Domain und Open Access?
Außerdem interessant: Das iRights.info-Dossier zu Creative Commons mit vielen hilfreichen Tipps und Texten.
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