Creative Commons: Kein Schadensersatz bei fehlendem Wikipedia-Link

Foto: François Proulx, "Creative Commons logo on the wall :-)", CC BY-NC
Inhalte unter Creative-Commons-Lizenzen lassen sich kostenlos nutzen, ohne beim Urheber oder Rechteinhaber nachfragen zu müssen. Wer jedoch die Bedingungen der jeweiligen Lizenz missachtet, verliert diese Befugnis – und verletzt das Urheberrecht.
Ob Urheber in solchen Fällen auch Schadensersatz verlangen können, wird je nach Konstellation unterschiedlich bewertet. Nun hat sich das Oberlandesgericht Köln erneut mit dieser Frage befasst – und ein weiteres Kriterium aufgestellt.
Es entschied: Ein Foto-Urheber, der nur einen Link auf seine Seite beim freien Bildarchiv Wikimedia Commons fordere, könne keinen Schadensersatz verlangen. Die am Verfahren beteiligte Kanzlei Lampmann Haberkamm Rosenbaum hat das Urteil veröffentlicht (Aktenzeichen 6 U 131/17, 13. April 2018)
Wikimedia Commons: Kein Schaden durch fehlende Werbewirkung
In dem Streit ging ein Fotograf gegen einen Website-Betreiber vor. Der Fotograf hatte Bilder unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung-ShareAlike“ (CC BY-SA) auf dem Schwesterprojekt der Wikipedia veröffentlicht. Der Seitenbetreiber hatte ein solches Bild übernommen, aber nicht alle im Rahmen der Lizenz geforderten Angaben gemacht. Der Foto-Urheber verschickte Mahnungen, der Seitenbetreiber gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte aber weitere Zahlungen.
Das Landgericht Köln hatte dem Foto-Urheber einen geringen Schadensersatz von 100 Euro per Schätzwert zugesprochen. Dem widersprach nun das Oberlandesgericht in der Berufung.
Grundsätzlich könne auch bei Verletzung einer Creative-Commons-Lizenz Schadensersatz fällig werden. Da der Foto-Urheber im konkreten Fall aber nur einen Link auf Wikimedia Commons forderte, entstehe ihm beim Fehlen des Links kein Schaden durch eine entgangene Werbewirkung. Auf Wikimedia Commons fänden sich durchweg freie, kostenlos nutzbare Bilder, aber keine weiteren Lizenzangebote gegen Gebühr.
Schadensersatz bleibt möglich
Im konkreten Streitfall kam hinzu, dass auch andere Wege zur Taxierung des Schadens nach Ansicht des Gerichts ausfielen. Der Foto-Urheber konnte demnach nicht zeigen, dass er seine Bilder im fraglichen Zeitraum auch anderweitig, also über die CC-Lizenz hinaus verwertet hatte. Daher sei auch „kein wirtschaftlicher Wert der Namensnennung für den Kläger ersichtlich“. Das hatte das Oberlandesgericht bereits 2016 betont, als es über einen Antrag zur Prozesskostenhilfe im gleichen Streit entschied.
Das Gericht deutet nun aber an: Anders könne der Fall liegen, wenn vom Foto-Urheber ein Link auf eine eigene Website mit weiteren Lizenzierungsmöglichkeiten gefordert werde. Im Rahmen der Creative-Commons-Lizenzen können Urheber festlegen, in welcher Form sie eine Namensnennung verlangen, etwa durch Angabe einer eigenen Webadresse.
Lizenzhinweise beachten, Kosten vermeiden
Ähnliche Streitfälle hatten die Gerichte in Köln und anderswo bereits mehrfach beschäftigt. Auch deshalb, weil Abmahnungen und Zahlungsaufforderungen bei Creative-Commons-Lizenzverletzungen in den letzten Jahren zugenommen haben. Bei rund einer Handvoll besonders aktiver Foto-Anbieter stehen sie augenscheinlich sogar im Zentrum eines „Geschäftsmodells“.
Webseiten-Betreiber sollten daher auch bei Creative-Commons-Inhalten auf vollständige Lizenzangaben achten. Denn auch wenn Gerichte die Schadensersatz-Forderungen begrenzen oder ganz ablehnen, können erhebliche Kosten anfallen. So wurde der Seitenbetreiber verurteilt, vorgerichtliche Anwaltskosten von 650,34 Euro plus Zinsen zu zahlen. Hilfe beim korrekten Verwenden freier Inhalte bieten etwa ein von iRights.info mit erarbeiteter Praxisleitfaden und Werkzeuge wie der „Lizenzhinweisgenerator“ für Wikipedia-Fotos.
Korrektur: Wir haben eine Aussage zur Reaktion der Wikipedia-Mitwirkenden auf den Streit gestrichen. Diese bezogen sich auf einen anderen Fall von CC-Abmahnungen. Uns lagen falsche Informationen dazu vor.
2 Kommentare
1 Schmunzelkunst am 24. Mai, 2018 um 07:48
Ich sag’s ja ;-) zum Beispiel hier:
https://irights.info/artikel/vermehrte-abmahnungen-bei-creative-commons-fotos/27407#comment-71944
“Die zwingende Vorschrift der Verlinkung auf die Lizenzbedingungen bei den CC-Lizenzen ist m. E. ein Geburtsfehler, den ich mir nur mit einer blinden Verliebtheit der Entwickler in die Zukunftstechnologien des Internets erklären kann. Von Anfang an musste doch klar sein, dass die Verlinkung oft vergessen wird, und dass mit einer eindeutigen Bezeichnung wie z.B. CC BY 3.0 das Auffinden der Lizenzbedingungen auch ohne direkten Link leicht möglich ist. Jetzt ist der Abmahnmissbrauch durch eine überflüssige Bedingung vorprogrammiert. Ich persönlich empfehle nur noch CC0 …”
Aber davon unabhängig kann doch ein wirtschaftlicher Vorteil bei cc-Lizenzen mit Namensnennung immer auch in der Steigerung der Bekanntheit des Urhebers bestehen, selbst wenn er zunächst noch keine anderen Fotos verkauft hat.
2 Sabine Pallaske am 1. Juni, 2018 um 14:06
CC-Lizenzen sind dann ein gutes Tool, wenn der Fotograf genau weiss, was er tut. Der Option, oft gefunden zu werden, steht das Interesse entgehen, von seinen urheberrechtliche Leistungen leben zu können.
Die unter : http://freedomdefined.org/Licenses/NC/De
Schlussfolgerungen für Urheber beschriebenen Lösungen setzen den Urheber visuellen Contents in die “Bittstellerposition”. Die Autorennennung von visuellen Urhebern schlägt sich ganz sicher nicht in dem Maße auf Reputation und Kommerzialisierung um wie die Nennung von Autoren wissenschaftlicher Beitrage gleich welcher Art, die sie mit oft kostenfreien Bildern/Filmen veranschaulichen.
Beispiele:
die bezahlte Veröffentlichung bei Elsevier, Beck, Ulmer und wie sie alle heissen inklusive Reputation + evt Berufung usw, illustriert mit CC-Lizenz-kostenfreiem Material – wo bleibt das Gleichgewicht?
Bezahlte Vorträge: gerne auch unter CC-BY-SA-= oder ähnlich ins Netz gestellt, berücksichtigen ebenfalls die oft unter erstmals für wissenschaftliche Beiträge erstellte, aber nicht als kommerziell verwertbar geplanten Nutzungen von visuellem Content nicht. Der Textautor erhält dann Tantiemen, die Bildlieferanten nicht? Recht skurril. Die Bekanntheit eines Urhebers auch im Wissenschaftsbereich mag dem Selbstbewusstsein schmeicheln, sie generiert aber weder das Kameraequipment, seine Leistung noch Lebenshaltungskosten. Das können nur adäquate Honorare.
Was sagen Sie dazu?