Bundesverfassungsgericht weist Verfassungsbeschwerde gegen Abmahnkostendeckelung zurück
Der Paragraf 97a Urheberrechtsgesetz wurde durch den Zweiten Korb der Urheberrechtsreform eingeführt. Die Regelung besagt in ihrem Absatz 2, dass sich die Abmahnkosten „für die erstmalige Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs“ auf nur 100 Euro belaufen dürfen. Durch die Regelung sollen die Bürger vor übermäßigen Kostenrisiken aufgrund der massenhaft begangenen, häufig unbewussten und ungewollten Urheberrechtsverletzungen geschützt werden.
Sie führt dazu, dass der Verletzte in solchen Fällen die in der Regel höheren, am Streitwert berechneten Abmahngebühren vom Verletzer nicht verlangen kann. Es kann daher passieren, dass er bei der Wahrnehmung seiner Rechte draufzahlt, weil er seinem Anwalt die Differenz zwischen den vom Gegner gezahlten 100 Euro und den nach dem Rechtsanwaltsgebührengesetz (RVG) geschuldeten gesetzlichen Anwaltsgebühren selbst bezahlen muss.
Der Sachverhalt
Im aktuellen Fall geht es darum, dass der Beschwerdeführer bei Ebay gebrauchte Hifi-Systeme verkauft. Seine Ware fotografiert er selbst, offenbar mit erheblichem Aufwand und in hoher Qualität. Im Laufe der Zeit hat er sich ein großes Fotoarchiv angelegt.
Nach seinen Angaben werden diese hochwertigen Aufnahmen häufig von anderen Ebay-Verkäufern ungefragt verwendet. Hierdurch werden seine Leistungsschutzrechte aus Paragraf 72 Urheberrechtsgesetz (Lichtbildschutz) verletzt. Der Beschwerdeführer geht offenbar seit Jahren mit Hilfe eines Rechtsanwalts gegen solche Verletzungshandlungen vor.
Der Verkäufer rügte mit seiner Verfassungsbeschwerde, dass die neue Abmahnkostendeckelung ihn in seinen Grundrechten verletze. Zum einen liege hierin eine Verletzung seines Urheberrechts. Zum anderen entfalte Paragraf 97a Absatz 2 Urheberrechtsgesetz eine unzulässige, verfassungswidrige Rückwirkung, da sie auch Altfälle betreffe.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde erst gar nicht zur Entscheidung an. In seinem Beschluss berief es sich zum einen auf das sogenannte Subsidiaritätsprinzip. Eine Verfassungsbeschwerde ist hiernach generell erst möglich, wenn der ordentliche Rechtsweg über die Fachgerichte (also der Instanzenzug) ausgeschöpft ist. Der Ebay-Händler hatte jedoch bislang keine Verfahren vor den ordentlichen Gerichten geführt. Von dieser Grundregel kann nur abgesehen werden, wenn die Angelegenheit von so großer Bedeutung ist, dass ein Abwarten für den Beschwerdeführer unzumutbar wäre.
Dies konnte das Verfassungsgericht nicht erkennen. Zum einen könne gerade die Verfassungsmäßigkeit gerade dieser Regelung derzeitig noch nicht eingeschätzt werden, da sich noch nicht herausgestellt habe, wie sie in der Praxis angewendet wird. Erst wenn sich herausstellen sollte, dass die Gerichte sie in unzumutbarer, grundrechtswidriger Weise anwenden, könne hierüber geurteilt werden.
Zum anderen hatte der Beschwerdeführer keinen konkreten Fall nennen können, in dem ihm wegen der Neuregelung Nachteile entstanden wären. Eine abstrakte Möglichkeit, so das Bundesverfassungsgericht, dass Grundrechtspositionen eines Beschwerdeführers durch eine gesetzliche Regelung verletzt würden, reicht nicht aus, um die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde zu begründen. Vielmehr muss der Beschwerdeführer darlegen, dass er selbst gegenwärtig und unmittelbar von der Regelung betroffen ist (sogenannte „qualifizierte Betroffenheit“).
Fazit
Eine inhaltliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit von Paragraf 97a Absatz 2 Urheberrechtsgesetz hat das BVerfG nicht getroffen. Es bleibt abzuwarten, ob die Frage in Zukunft (im Zweifel nachdem ein Verfahren den gesamten Instanzenzug durchlaufen hat) noch einmal zur Entscheidung vorgelegt wird.
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