Bundesrat: Ausschüsse kritisieren Zweitveröffentlichungs-Entwurf – und empfehlen Zustimmung
Am 20. September wird es im Bundesrat um Urheberrechtsreformen gehen. Eine vom Bundestag beschlossene Gesetzesvorlage für ein „Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes” wird das Gremium dann erreichen. Der Rechtsausschuss und der Ausschuss für Kulturfragen haben nun Empfehlungen an den Bundesrat vorgelegt.
Darin kritisieren die Ausschussmitglieder, das vorgesehene Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Autoren sei zu eng gefasst, zudem ändere sich an den kleinteiligen Regeln für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke in Bildungseinrichtungen nichts. Im Wortlaut heißt es in der Empfehlung an den Bundesrat, er möge folgende Haltung einnehmen:
„Der Bundesrat erwartet von der neuen Bundesregierung, dass in Abstimmung mit den Ländern umgehend nachhaltige Regelungen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Intranet von Schulen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen erarbeitet werden; dabei sollte eine, die bisherigen Regelungen in den §§ 52a, 52b und 53a UrhG ersetzende und möglichst allgemein gefasste Schrankenbestimmung angestrebt werden.“
Diese Forderung nach einer generellen Bereichsausnahme für Wissenschaft und Bildung ist gewiss auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Bundesländer für Bildung und Forschung zuständig sind und diese über ihre jeweiligen Kultushaushalte finanzieren müssen. Das Interesse der Länder trifft mit dem der Bildungseinrichtungen an umfassenderen Schrankenregelungen zusammen, während der Bund womöglich eher auf die Interessen der deutschen Verlagswirtschaft eingeht.
Länder zu weitergehenden Änderungen bereit
Zum Zweitveröffentlichungsrecht – zuletzt auch beim Urheberkongress in Berlin heftig umstritten – solidarisieren sich die Ausschussmitglieder im Grunde mit den Positionen, die das Aktionsbündnis Urheberrecht und das Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht vertreten. Der Bundesrat hatte weitergehende Änderungen bereits gefordert (PDF), die Ausschüsse verweisen auf seine Haltung:
„Der Bundesrat stellt fest, dass § 38 Absatz 4 Satz 1 UrhG-neu, dessen Anwendungsbereich sich zumindest im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auch auf das gesamte, an den Hochschulen beschäftigte wissenschaftliche Personal erstrecken muss, dem begünstigten Personenkreis ein vertraglich nicht abdingbares Recht auf Zweitveröffentlichung eröffnet. Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, dass eine dem europäischen Stand der Diskussion entsprechende Gesetzesfassung eine in der Regel sechsmonatige Embargofrist sowie eine Anwendung der Norm auch auf nur einmal jährlich erscheinende Sammlungen vorgesehen hätte; … “
Unterm Strich stellen der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Kulturfragen der Gesetzesvorlage des Bundestages also eine schlechte Quittung aus. Nach dem Motto: Gute Idee, aber mangelhaft und nicht zeitgemäß umgesetzt. Doch mit ihrer Empfehlung an den Bundesrat, keinen Vermittlungsausschuss einzuberufen, raten sie dem Bundesrat indirekt dennoch, die Gesetzesvorlage durchzuwinken. Folgt der Bundesrat der Empfehlung, stimmt er also einem Gesetz zu, dessen Reformvorhaben er sofort wieder reformiert sehen will.
Ob das noch politischer Pragmatismus oder schon praktizierter Irrationalismus ist, hängt wohl dem Blickwinkel des Betrachters ab.
2 Kommentare
1 Rainer Kuhlen am 16. September, 2013 um 11:56
Leider ist es nicht ganz so. Der
federführende Rechtsausschuss des Bundesrats hat nur dem Bundesrat empfohlen (zusammen mit dem Ausschuss für Kulturfragen)”zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes
nicht zu stellen.” Die hier wiedergegebenen Zitate gelten nur für die Empfehlung des Ausschuss für Kulturfragen. Der Rechtsausschuss hat sich vornehm zurückgehalten.
Bleibt aber zu hoffen, dass sich der Bundesrat am 20.9. auch die Empfehlung des Kulturausschusses zu eigen macht.Ist aber auch nur ein Hoffen auf die Zukunft. Zunächst bleibt aber dieses Gesetz, das Wissenschaft eher behindert als befördert, auf unabsehbare Zeit bestehen.
2 Henry Steinhau am 17. September, 2013 um 11:44
@Rainer Kuhlen: Vielen Dank für die Ergänzungen.
(Anmerkung: aus dem im Artikel verlinkten Dokument ging nicht hervor, welche inhaltlichen Anteile der „Empfehlungen“ auf welchen der beiden daran beteiligten Ausschüsse zurückgehen.)
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