Bundesgerichtshof: Ja, aber Nein zu Websperren
Der Bundesgerichtshof hält Websperrren für Provider aber unter bestimmten Bedingungen grundsätzlich für zumutbar, jedoch nur als letztes Mittel. Sperren gegen bestimmte Angebote seien den Providern nicht nur dann zumutbar, wenn Webseiten ausschließlich rechtsverletzende Inhalte anbieten, sondern auch bei Angeboten, bei denen rechtmäßige gegenüber rechtswidrigen Inhalten „nicht ins Gewicht fallen“, heißt es in der Pressemitteilung.
Internetanbieter sollen jedoch erst dann als Störer haften, wenn Rechteinhaber „zumutbare Anstrengungen“ unternommen haben, um gegen die urheberrechtsverletzenden Angebote selbst vorzugehen. Weiterhin müssten Rechteinhaber zunächst auch gegen Host-Provider vorgehen, die den Speicherplatz anbieten und daher ebenfalls „näher an der Rechtsverletzung“ lägen.
Websperren nur letztes Mittel
Im ersten der beiden Verfahren wollte die Verwertungsgesellschaft GEMA erreichen, dass die Deutsche Telekom den Zugang zur Plattform „3dl.am“ sperrt. Dort waren zahlreiche Links auf urheberrechtsverletzende Uploads bei Filehostern versammelt. Der Bundesgerichtshof entschied (Aktenzeichen I ZR 3/14), dass die GEMA sich nicht darauf zurückziehen dürfe, Betreiber und Host-Provider seien unter falschen Adressen nicht erreichbar gewesen.
Im zweiten Verfahren wollten Tonträgerhersteller einen Internetanbieter verpflichten, den Zugang zur Plattform „goldesel“ zu sperren. Auch hier hätten die Rechteinhaber zunächst ermitteln müssen, wer hinter dem Angebot steckt, das dazu keine Angaben machte. Sie hätten aber nicht vorgetragen, dass sie weitere Maßnahmen ergriffen hätten, um die Identität der Betreiber aufzudecken, so der BGH (Aktenzeichen I ZR 174/14).
Der Bundesgerichtshof hält es in beiden Fällen zum Beispiel für angebracht, zunächst eine Detektei oder die staatlichen Ermittlungsbehörden einzuschalten, um gegen Rechtsverletzungen beim Anbieter oder Pflichtverletzungen durch den Host-Provider vorzugehen. „Nur wenn die Inanspruchnahme dieser Beteiligten scheitert oder ihr jede Erfolgsaussicht fehlt und deshalb andernfalls eine Rechtsschutzlücke entstünde, ist die Inanspruchnahme des Access-Providers als Störer zumutbar“, heißt es in der Pressemitteilung. Das Urteil selbst ist noch nicht veröffentlicht.
BGH folgt Europäischem Gerichtshof
Für Internetprovider gilt zunächst der Grundsatz, dass sie nicht für fremde Inhalte haften, wenn sie bloßes technisches Zwischenglied sind. Das deutsche Telemediengesetz und die E-Commerce-Richtlinie der EU sehen für sie bestimmte Haftungsprivilegien vor. In Deutschland waren die Versuche der Musik- und Filmindustrie, Sperrverpflichtungen über die Hintertür der Gerichte zu etablieren, bislang nicht erfolgreich.
Allerdings hatte bereits der Europäische Gerichtshof im Jahr 2014 entschieden, dass Websperren durch Internetanbieter erlaubt sein können, solange sie verhältnismäßig und zumutbar bleiben. Es bleibe Aufgabe der nationalen Gerichte, dabei den Schutz von Urheberrechten gegen die wirtschaftliche Freiheit der Internetanbieter und die Informationsfreiheit der Nutzer abzuwägen.
3 Kommentare
1 Nichtwähler am 26. November, 2015 um 11:22
Warum ziehen denn die ganzen entsprechenden Seiten nicht endlich ins Darknet um ? Dann wäre die Sache erledigt !
2 Wähler am 26. November, 2015 um 13:05
Wahrscheinlich, weil die meisten Leute im normalen Netz unterwegs sind und dadurch deutlich mehr Besucher auf den Seiten (=Einnahmen) zu erwarten sind.
3 Schmunzelkunst am 30. November, 2015 um 19:59
Das ist ist als ob bei Verkehrsunfällen mit Fahrerflucht am Ende der Träger der Straßenbaulast als Störer haften müsste.
Was sagen Sie dazu?