EuGH-Beschluss: Einbetten fremder Inhalte verletzt in der Regel keine Urheberrechte (Update)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nach einer Meldung der Kanzlei „Knies & Albrecht“ beschlossen, dass das Einbetten fremder Inhalte in der Regel nicht in Urheberrechte eingreift. Ein Sprecher des EuGH konnte gegenüber iRights.info aber noch nicht bestätigen, dass das Gericht es so beschlossen hat. Beschlüsse des EuGH sind ein vereinfachtes Verfahren in Fällen, bei denen er auf bisherige Rechtsprechung zurückgreifen kann. Der Beschluss wurde den Streitparteien – darunter auch der beteiligten Kanzlei – schon zugestellt und dürfte in den nächsten zwei Wochen offiziell bekannt gegeben werden.
Das vom Gericht „Framing“ genannte Einbetten fremder Inhalte ist zwar millionenfache Praxis im Internet, bisher war aber nicht eindeutig geklärt, wie es urheberrechtlich einzuordnen ist. Weil der eigentliche Beschluss noch nicht bekannt ist, lässt sich zur genauen Argumentation noch nichts mit Sicherheit sagen.
Der Europäische Gerichtshof hatte allerdings zuvor in einem weiteren Fall entschieden, dass das Verlinken von den Rechteinhabern nicht erlaubt werden muss, wenn damit kein „neues Publikum“ eröffnet wird („Svensson“-Entscheidung). Der jetzige Streitfall über das Einbetten war in die Warteschleife geschickt worden, bis das Gericht im Februar über das Verlinken entschieden hatte.
Einbetten erlaubt, kann aber in Sonderfällen Urheberrechte verletzen
Diese Grundregel hat der Europäische Gerichtshof nun offenbar auf das Einbetten übertragen, das in den meisten Punkten mit dem Verlinken vergleichbar ist. Bietet eine frei zugängliche Videoplattform wie Youtube eine Funktion an, um Videos auf anderen Seiten einzubetten, wird durch ein Embed kein „neues Publikum“ eröffnet.
Wer ein solches Video einbettet, greift demnach nicht in Urheberrechte ein, hier in das „Recht der öffentlichen Wiedergabe“, zu dem das Einstellen ins Internet als Unterfall gehört („öffentliche Zugänglichmachung“). Anders dürfte es sein, wenn eine solche Funktion nicht angeboten wird oder technische Einrichtungen wie „Session-IDs“ das verhindern sollen. Dann kann auch das Einbetten Urheberrechte verletzen.
Im konkreten Fall, den der Bundesgerichtshof an die Luxemburger EuGH-Richter verwies, stritt ein Händler von Wasserfiltern mit einem konkurrierenden Hersteller, dessen rechtswidrig hochgeladenes Youtube-Werbevideo der Händler einbettete. Noch nicht klar ist, was sich für solches Einbetten zu Werbezwecken aus dem Beschluss ergibt, weil das Einbetten hier auch Wettbewerbsrechte berühren könnte.
Beschluss dürfte Rechtssicherheit für Nutzer bringen
Der Bundesgerichtshof hatte den Europäischen Gerichtshof noch gefragt, ob das Einbetten ein sogenanntes „unbenanntes Recht der öffentlichen Wiedergabe“ verletzen könnte, weil deutsches und europäisches Recht nicht ganz deckungsgleich sind und eine Lücke für mögliche Urheberrechtsverletzungen bleibt. Der EuGH scheint das aber verneint zu haben.
Für Nutzer hätte der Beschluss – wenn er sich so bestätigen sollte – eine lange Zeit der Rechtsunsicherheit beendet, wobei viele wohl gar nicht gedacht haben dürften, dass sie überhaupt noch bestand.
Update, 14.48: Der Beschluss steht bei der Kanzlei jetzt ebenfalls online (PDF). Die Argumentation ist wie beschrieben, der Europäische Gerichtshof hat beschlossen (C-348/13):
Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing- Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne [ … der EU-Urheberrechtsrichtlinie, DP] dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.
3 Kommentare
1 Schmunzelkunst am 24. Oktober, 2014 um 19:18
Hierzu nochmal eine Frage, die auch nach der Entscheidung über die Einbettung von Videos, vermutlich offen bleiben wird: Dürfen auch fremde Kartendienste (Web Map Services oder kurz WMS), deren Internetadresse bekannt ist, in eigene Homepages eingebettet werden? Web Map Services könnten im Gegensatz zu statischen Texten, Bildern und Videos Datenbanken sein, durch die man navigieren (scrollen) kann und die unter gleichbleibender Adresse laufend aktualisiert werden. Dann sieht die Sache wahrscheinlich anders aus.
MfG
Johannes
2 Ulrike Grabe am 30. Oktober, 2014 um 16:11
“Bietet eine frei zugängliche Videoplattform wie Youtube eine Funktion an, um Videos auf anderen Seiten einzubetten, wird durch ein Embed kein „neues Publikum“ eröffnet.”
Vielleicht lese ich das falsch und möchte mich deswegen noch mal vergewissern. Soweit ich den Beschluss des EuGH verstehe, wird das Ergebnis nicht auf Internetseiten und -plattformen begrenzt, die einen Embed-code mit -Tag bereits explizit zur Verfügung stellen.
Wenn ich ein Werk händisch per iframe in die eigene Website einbette, sollte das gleiche gelten, vorausgesetzt das Werk war bereits zuvor frei zugänglich und ich verwende keine anderen speziellen technischen Verfahren. Das Werk wird, wie bei YouTube auch, auf dem Server der ursprünglichen Website gehostet. Der einzige Unterschied wäre, dass YouTube es seinen Nutzern einfacher macht, indem es den Embed-Code bereits zusammenstellt.
3 David Pachali am 30. Oktober, 2014 um 18:43
Ich bin mir da nicht so sicher.
– Im Svensson-Urteil zur Verlinkung wurde gesagt: Ein „neues Publikum“ gibt es dann, wenn es sich um ein Publikum handelt, das Rechteinhaber „nicht hatten erfassen wollen, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten“.
– Im „Framing“-Beschluss wird dagegen vorausgesetzt, dass man bei einem frei zugänglichen Inhalt davon ausgehen kann, dass Rechteinhaber „an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“ Beides ist sehr ähnlich, aber nicht ganz dasselbe.
Wenn ein Uploader zum Beispiel eine Embed-Funktion aktiv deaktiviert, will er das Publikum auf anderen Webseiten wahrscheinlich ausschließen. Wenn es keine gibt, scheint mir das nicht eindeutig.
Was sagen Sie dazu?