Aus Alt mach Neu
Coversongs versprechen in der kommerziellen Musikszene schnellen Erfolg, denn die Melodien sind schon auf ihre Massentauglichkeit überprüft. Da es sich bei den Neu-Einspielungen in der Regel um Kompositionen der sechziger, siebziger und achtziger Jahre handelt, die noch nicht gemeinfrei geworden sind (das geschieht erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors), gilt es hier das Urheberrecht zu beachten.
Als Neu-Interpret muss man sich dabei über den Unterschied zwischen Cover-Version und Bearbeitung klar sein, da dies entscheidend dafür sein kann, von wem man sich die Erlaubnis zur Einspielung geben lassen muss. Cover sind reine Neu-Einspielungen, das heißt der Musiker nimmt keine wesentlichen Bearbeitungen von Komposition und Text vor. Eine solche unveränderte Übernahme liegt auch dann vor, wenn das Stück in die eigene Stimmlage transponiert oder es mit anderen Instrumenten gespielt wird als bei der Originalaufnahme.
Wenn man ein Stück covern will, egal ob für einen Auftritt oder um es neu zu produzieren und auf die eigene CD aufzunehmen, muss man vorher die notwendigen Rechte von der Verwertungsgesellschaft für Musik, der GEMA, erwerben. Die GEMA verwaltet diese Rechte für die Komponisten und Textdichter. An sie zahlt man auch die Lizenzgebühren, die die GEMA dann an den Original-Autor und andere Berechtigte (wie zum Beispiel einen Musikverlag) weiter leitet.
Bearbeitung
Vieles, was in den Charts als Cover-Version gilt, ist rechtlich gar keine: Sobald man mehr als nur einige Akkorde an einem Song verändert, zum Beispiel den Text oder die Melodie ergänzt oder umschreibt, wird aus dem Cover eine Bearbeitung. Beispiele sind Hiphop- oder Technoversionen vergangener Hits, die nur den Refrain übernehmen, die Zwischenstrophen aber dem jeweiligen Musikstil anpassen.
Und hier ist der Haken: Die Rechte zur Vermarktung von Bearbeitungen urheberrechtlich geschützter Musikwerke kann man in der Regel nicht von der GEMA erwerben. Dafür muss man sich direkt an den Rechteinhaber, entweder die Komponisten und Texter oder einen Musikverlag, wenden und mit ihm einen Lizenzvertrag abschließen.
Das kann es sehr schwierig machen, die Rechte zu erwerben. Während nämlich die GEMA verpflichtet ist, jedermann die gewünschten Rechte zu gleichen Bedingungen zu übertragen, können die Berechtigten und Verlage frei darüber entscheiden, wem sie zu welchen Konditionen Rechte einräumen wollen.
So kann es durchaus vorkommen, dass der Rechteinhaber aus welchen Gründen auch immer nicht will, dass sein Musikstück in einer fremden Musikproduktion verwendet wird – zum Beispiel möchte nicht jeder Klassik-Komponist, dass sein Stück in einem Pop-Song auftaucht. Möglichkeiten, das zu erzwingen, bestehen dann nicht.
Ob ein Stück noch ein Cover oder schon eine Bearbeitung ist, ist in der Praxis oft schwer zu unterscheiden. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte sich rechtlich beraten lassen.
Remixe
Remixe sind mit technischen Mitteln bearbeitete Versionen eines Musikstücks. Oft werden sie von den Rechteinhabern, also der Plattenfirma oder den Urhebern, selber in Auftrag gegeben, so dass man sich dann nicht um die Rechteklärung kümmern muss.
Remixt man dagegen aus eigenem Antrieb, gilt dasselbe wie für Bearbeitungen: wenn man das Stück veröffentlichen will, geht ohne Erlaubnis gar nichts. Dabei muss man nicht nur die Urheberrechte der Komponisten und Texter beachten, sondern auch die Leistungsschutzrechte der Interpreten und die Rechte der Tonträgerfirma an der ursprünglichen Produktion.
Da man beim Remixen normalerweise eine existierende Aufnahme vervielfältigt und bearbeitet, geht es hier vor allem um die Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller. Erst wenn man beim Remixen auch die Melodie und den Text verändert, betrifft das die Urheber. In der Praxis sind diese Rechte oft – aber nicht immer – in einer Hand; wen man fragen muss, lässt sich nur im Einzelfall sagen.
Der Rechteerwerb ist jedenfalls ein komplizierter Prozess und sollte nicht unterschätzt werden. Viele Musiker meinen, dass sie drauf verzichten können, wenn sie ihre Arbeit nicht kommerziell nutzen. Das stimmt aber nicht. Wenn jemand ein schon existierendes Stück remixt und es als Werbung zum freien Download auf seine Homepage packt, dann verletzt er das Urheberrecht, wenn er sich vorher nicht die nötigen Rechte eingeholt hat – ganz gleich, ob er mit der Veröffentlichung eine direkte Gewinnabsicht verfolgt oder nicht.
Mashups, Bastard Pop, Bootlegs
In den letzten zehn Jahren hört man vermehrt die Bezeichnungen Mashup, Bastard-Pop oder Bootlegs (nicht zu verwechseln mit ungenehmigten Aufnahmen von Konzerten, die auch Bootlegs genannt werden – dazu gibt es einen eigenen Artikel bei iRights.info).
Alle drei Begriffe werden verwendet, um das Mixen von zwei (oder mehr) Songs verschiedener Interpreten, die man auf den ersten Blick nicht zusammengebracht hätte, zu bezeichnen: Christina Aguileras „Genie in a bottle“ vermischt mit The Strokes „Hard to explain“ ergibt zusammen „A stroke of Genie-us“ von Freelance Hellraiser.
Wenn man zwei Songs mashen möchte, muss man sich die Erlaubnis der Rechteinhaber beider Stücke geben lassen – also sowohl die Nutzungsrechte von den Urhebern (Komponist und Texter beziehungsweise dem Musikverlag, der sie vertritt), als auch die Leistungsrechte der Interpreten, die die benutzten Stücke eingespielt haben. Der Lizenzierungsaufwand ist also ein doppelter.
Die meisten Bastard-Pop-Stücke entstehen allerdings ohne diese Erlaubnis und verstoßen daher – jedenfalls nach dem deutschen Urheberrechtsgesetz – gegen die Urheber- und Leistungsschutzrechte der Komponisten, ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller. So Bastard Pop existiert in einer Underground-Szene und die Stücke werden oft nicht offiziell veröffentlicht, sondern kursieren in Tauschbörsen oder Streaming-Plattformen.
Inzwischen sind Mashups allerdings auch in kommerziellen Produktionen angekommen – die Fernsehserie „Glee“ über eine amerikanische Highschool-Band nutzt oft Mashups von bekannten Songs (um nur ein Beispiel zu nennen: „Halo“ von Beyoncé gemixt mit „Walking on Sunshine“ von Katrina and the Waves). Hier werden sich die Macher sicherlich mit den Rechteinhabern einig geworden sein.
In den USA gibt es die „Fair use“-Regelung, unter die solche Vermischungen fallen: So kann es erlaubt sein, unter Fair use sogenannte „transformative Arbeiten” zu schaffen. In der deutschen Rechtsprechung gibt es solche Ausnahmen allerdings nicht, so dass man Mashups nur dann regulär veröffentlichen darf, wenn man vorher die Rechte eingeholt hat.
4 Kommentare
1 Andreas am 5. März, 2016 um 00:12
Hallo,
stimmt die Angabe auf Wikipedia, dass die Erlaubnis für “Bearbeitungen” nur bei Veröffentlichungen auf Tonträgern nötig ist, nicht aber für Live-Auftritte? https://de.wikipedia.org/wiki/Coverband
Denn faktisch wird jedes Live-Cover jeder beliebigen Top-40-Band aus rein musikpraktischen Gründen eine “Bearbeitung” sein.
2 Valie Djordjevic am 24. Mai, 2016 um 14:46
Es steht mehr oder weniger im Text: “Cover sind reine Neu-Einspielungen, das heißt der Musiker nimmt keine wesentlichen Bearbeitungen von Komposition und Text vor. Eine solche unveränderte Übernahme liegt auch dann vor, wenn das Stück in die eigene Stimmlage transponiert oder es mit anderen Instrumenten gespielt wird als bei der Originalaufnahme.” Das ist in der Regel bei Live-Auftritten der Fall.
Alles andere kann man nur im Einzelfall beurteilen. Ohne Aufnahme und Veröffentlichung würde eine Bearbeitung aber eher nicht bekannt werden.
3 Stanislaw am 19. Juli, 2016 um 20:55
Hallo Frau Djordjevic, vielen Dank für die ausführliche Rechteklärung. Bei mir bleibt eine Frage: Wäre Musik-Ausschnitte rückwärts abzuspielen Rechtsverstoß? Verletzt man dadurch ein Medienrecht, wenn man in einem Online-Quiz Lieder-Ausschnitte (z.B. 10 Sekunden) rückwärts abspielt, ohne das Einverständnis des Urhebers? Oder ist damit die Höhe für ein eigenständiges Werk erreicht? Oder darf man das als Zitat realisieren? Bin für jeden Hinweis dankbar!
Besten Dank im Voraus, Stanislaw
4 Valie Djordjevic am 20. Juli, 2016 um 10:52
Wir können in unseren Artikeln (und den Kommentaren) keine Rechtsberatung machen. Ihre Frage ist recht speziell. Von daher kann ich Ihnen nur raten, sich für solche konkreten Fragen an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden.
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