Abofallen und andere Hindernisse
Online-Dienstleistungen sind praktisch und beliebt: Vom Sofa aus kann man Software oder Musik herunterladen, sich die Route für die Urlaubsreise zusammenstellen oder die eigene Familiengeschichte recherchieren – und alles kostenlos.
Oft sind solche vermeintlich kostenlosen Angebote nur Lockmittel für dubiose Abos und Mitgliedschaften. Das merkt man allerdings erst, wenn die Rechnung im Briefkasten liegt. Denn die Angebote sind bewusst so gestaltet, dass man bei der Registrierung nicht ohne weiteres bemerkt, dass Kosten anfallen.
Was sind Abofallen?
Wie sieht eine Abofalle konkret aus? Ein konkretes Beispiel: Lea freut sich – sie hat im Internet einen Gutschein-Code gefunden, mit dem sie im Wert von 10 Euro Musik aus einem Musikdownload-Shop herunterladen kann. Das macht sie auch ganz eifrig. Sie wundert sich zwar ein bisschen, wieso sie bei der Anmeldung ihre Kontodaten angeben muss, denkt sich aber weiter nichts dabei.
Einige Wochen später kommt eine Rechnung: Sie soll für zwei Jahre ein Abo bei dem Anbieter abgeschlossen haben! Das wollte sie gar nicht – sie wollte nur ein paar einzelne Titel herunterladen. Hätte sie gewusst, dass sie mit dem Gutschein ein Abo abschließt, hätte sie sich gar nicht erst angemeldet.
Leas Erfahrung ist eine ganz typische, wenn es um sogenannte Abofallen im Internet geht. Man erwartet kostenlose Songs (oder Software, Kochrezepte, etc.), passt nicht genau auf und hat ungewollt eine kostenpflichtige Dienstleistung in Anspruch genommen.
Seit dem 1. August 2012 gibt es die sogenannte „Button-Lösung“ (BGB §312g Abs. 2). Damit hat der Gesetzgeber bestimmt, dass Anbieter von Online-Diensten ihr Angebot so gestalten müssen, dass Nutzer deutlich sehen müssen, dass sie kostenpflichtig etwas bestellen – egal ob das ein Abo oder ein Produkt ist. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat vier Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes in einer Stichprobe festgestellt, dass von 109 Internetportalen, die in der Vergangenheit auffällig geworden sind, 88 nicht mehr online sind – das Gesetz zeigt also Wirkung. Das heißt jedoch nicht, dass es Betrüger nicht weiterhin versuchen. Verbraucher sollten sich also weiterhin der Gefahr gewusst sein, und wissen, wo eine Abofalle lauern kann.
Die Anbieter operieren dabei mit unfairen Tricks. Einer der häufigsten ist, dass die Angaben zu den anfallenden Gebühren versteckt sind – z. B. unterhalb des Bestätigungsbuttons oder sogar auf einer ganz anderen Internet-Seite.
11 Prozent aller Internetnutzer sind betroffen
Die Gefahr, im Internet unbeabsichtigt kostenpflichtige Dienste zu bestellen, ist hoch: Laut einer Infas-Studie, die im August 2011 veröffentlicht wurde, sind 5,4 Millionen Deutsche in den zwei Jahren zuvor auf eine Abofalle oder ähnliches im Internet hereingefallen – das sind 11 Prozent der Internetnutzer. Erfahrung scheint dabei wenig zu helfen: Menschen, die das Internet täglich benutzen, sind sogar häufiger betroffen als Gelegenheitsnutzer.
Dabei sind Musik-Abos nicht die einzigen Maschen, über die unseriöse Anbieter Geld generieren möchten: Rechnungen werden auch für Downloads, Software, für Routenpläne oder Familienstammbäume verschickt. Gemeinsam ist allen, dass für Leistungen gezahlt werden soll, die normalerweise kostenlos sind, und dass die Kosten dem Nutzer vorab nicht transparent gemacht werden.
Es gibt Fälle, in denen die Anbieter Kundenadressen aus anderen Kanälen haben, z. B. aus Online-Gewinnspielen, und einfach auf gut Glück Rechnungen stellen. Auch Gutschein-Codes auf Produkten wie Süßigkeiten oder Tiefkühlpizza haben schon in die Abo-Falle geführt. Deshalb sollte man immer vorsichtig sein, wenn es etwas kostenlos gibt, nicht nur im Internet.
Die Grundregel dafür ist: Immer wenn man für kostenlose Dienstleistungen seine vollständigen Daten hinterlassen muss – vor allem Zahlungsinformationen –, sollte man misstrauisch werden.
Für die Anbieter lohnt sich das Geschäft schon, wenn nur ein Bruchteil der Angeschriebenen zahlt. Und viele Menschen zahlen, weil sie verunsichert sind und keinen Ärger haben wollen. Deshalb ist der erste und wichtigste Rat: Nicht zahlen, sofort widersprechen und nicht einschüchtern lassen.
Vertrag – oder kein Vertrag? Die Rechtslage
Ob überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde, hängt von einigen Bedingungen ab. Im Einzelfall empfiehlt es sich, sich bei den Verbraucherzentralen Rat zu holen. Alle Verbraucherzentralen der Bundesländer haben ausführliche Informationen zum Thema erstellt und bieten auch Musterbriefe zum Download an. Die Links finden Sie am Ende des Textes.
Minderjährige: Nur mit Erlaubnis der Eltern
Zunächst einmal kommt es drauf an, wie alt die Person ist, die den Vertrag abgeschlossen hat. Minderjährige sind nämlich nach deutschem Recht nur beschränkt geschäftsfähig. Bis einschließlich 6 Jahren ist ein Kind geschäftsunfähig – alle Verträge, die es abschließt, sind nicht gültig.
Zwischen 7 und 17 Jahren sind Verträge mit Minderjährigen schwebend unwirksam. Das bedeutet, dass sie erst von den Eltern genehmigt werden müssen. Hat also eine Minderjährige einen solchen Abo-Vertrag abgeschlossen, so ist dieser so lange unwirksam, bis die Eltern zugestimmt haben – oder eben nicht. Bleibt eine Reaktion durch die Eltern aus, verliert der Vertrag nach zwei Wochen ebenfalls seine Gültigkeit.
Da aber im Internet oft nicht sichtbar ist, ob jemand minderjährig ist oder nicht, sollte man bei der Bestellung von Online-Dienstleistungen durch den Nachwuchs auf Nummer sicher gehen und den Vertrag schriftlich mit Hinweis auf die Minderjährigkeit des Vertragspartners widerrufen.
Dabei macht es nichts, wenn die Kinder bzw. Jugendlichen bei der Registrierung gelogen und ein falsches Alter angegeben haben. Unseriöse Anbieter versuchen Eltern damit unter Druck zu setzen, und sprechen von Betrug der Kinder. Es ist aber nicht verboten im Netz falsche Angaben zu machen. Der Schutz der Minderjährigen geht vor (mehr zu dem Thema „Einkaufen im Netz“ findet sich auch im Text „Einkaufen im Netz: Bei Mausklick Einkauf“).
14 Tage Widerrufsfrist bei Fernabsatzverträgen
Aber auch Erwachsene müssen nicht in jedem Fall zahlen, wenn sie im Internet über eine solche Kostenfalle gestolpert sind. Es gibt nämlich auch zusätzlich zur Button-Regel bestimmte Verfahrensweisen, die Anbieter einhalten müssen, damit Verbraucher vor ungewollten Vertragsabschlüssen geschützt werden.
Zuallererst gilt für jeden Vertrag, der über das Internet geschlossen wurde, eine 14-tägige Widerrufsfrist, da sie als Fernabsatzverträge gelten (§ 312d BGB). Diese Frist beginnt von dem Zeitpunkt an, an dem man vom Anbieter über sie belehrt wurde.
Die Belehrung muss schriftlich erfolgen – entweder per E-Mail, Brief, Fax oder ähnlichem. Ein Verweis auf eine Webseite gilt nicht, da diese ohne das Wissen des Kunden verändert werden kann. Wenn die Belehrung nicht spätestens direkt nach dem Vertragsschluss kommt, verlängert sich die Widerrufsfrist auf einen Monat.
Kommt die Belehrung gar nicht, ist sie falsch oder nicht ausreichend, dann beginnt auch die Widerrufsfrist nicht zu laufen und man kann den Vertrag auch nach Ablauf der 14-Tage-Frist widerrufen.
Versteckte Kosten gleich kein Vertrag
Auch wenn man die Widerrufsfirst verstreichen lassen hat, ist noch nicht alles vorbei. Nach geltendem Recht muss nämlich für den Nutzer bei Abschluss eines Vertrags ersichtlich sein, ob und welche Kosten auf ihn zukommen. Wenn auf einer Webseite entstehende Kosten versteckt werden, dann ist kein gültiger Vertrag zustande gekommen. Entstehende Kosten müssen auf jeden Fall deutlich kenntlich gemacht werden. Zusätzlich reicht es inzwischen nicht mehr, wenn Anbieter auf dem Bestellknopf nur steht „Bestätigen“, „Bestellung abschließen“ oder auch nur „Los“. Anbieter müssen deutlich machen, dass durch das Klicken auf den Bestellknopf eine Kostenpflicht entsteht.
Was tun, wenn man reingefallen ist?
Auch wenn der Verbraucher tatsächlich im Recht ist, versuchen viele Betreiber an das von ihnen geforderte Geld zu kommen. Es reicht, wenn man der Forderung einmal widerspricht – alle weiteren Briefe kann man im Prinzip ignorieren. Ausnahme wäre ein Brief vom Amtsgericht mit einem offiziellen Mahnbescheid.
Ausnahme ist ein Brief vom Amtsgericht mit einem offiziellen Mahnbescheid. Ganz selten kann es passieren, dass man einen amtlichen Mahnbescheid erhält. Davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Einen Mahnbescheid erhält nämlich jeder auf Antrag. Das Amtsgericht prüft hierbei nicht, ob die Forderung rechtmäßig ist. Trotzdem dürfen Sie einen amtlichen Mahnbescheid nicht ignorieren, denn sonst steht bald ein Gerichtsvollzieher vor der Tür. Jeder Mahnbescheid enthält ein Formular, mit dem man innerhalb von 14 Tagen Widerspruch einlegen kann. Dies sollten Sie auch auf jeden Fall tun!
Soweit gehen die meisten Anbieter aber nicht. Denn um einen Mahnbescheid zu erwirken, müssen sie im Voraus eine Gebühr zahlen, die sich an der Höhe der Forderung orientiert. Diese ist natürlich durch die Anwaltsgebühren und Inkasso-Firma-Forderungen inzwischen um einiges gestiegen.
Ablauf in Stichpunkten
Der Ablauf einer solchen „Geldmach-Masche“ ist im Grunde immer gleich. Im Folgenden stellen wir Ihnen die passenden Handlungsempfehlungen vor.
- Eine Weile nachdem Sie die Webseite besucht haben, erhalten Sie eine Rechnung. Häufig wird diese bewusst erst nach den zwei Wochen verschickt, nach dem Ende der regulären Widerspruchsfrist.
- Nun müssen Sie handeln: Abwarten oder voreilig zahlen sind die falschen Reaktionen. Als erstes legen Sie Widerspruch ein, auch wenn die 14-Tage-Frist abgelaufen ist. Denn falls es sich tatsächlich wie beschrieben um eine klassische Kostenfalle handelt, haben Sie entweder keinen gültigen Vertrag geschlossen oder die Widerspruchsfrist hat (obiger Argumentation folgend) noch nicht angefangen zu laufen.
- Der Widerspruch erfolgt am besten per Einschreiben. Musterbriefe finden sich auf den Webseiten der Verbraucherzentralen (siehe Linkliste am Ende des Textes). Danach kann man zunächst allen weiteren Schriftverkehr ignorieren.
- Versuchen Sie zu dokumentieren, wie die Seite aussah, als Sie angeblich dort etwas gekauft oder ein Abo abgeschlossen haben (z. B. mit Screenshots, also mit „Fotos“ vom Bildschirm: Wenn Sie mit Windows arbeiten, drücken Sie dazu die Taste „Druck“ auf Ihrer Tastatur, fügen das Bild mit den Tasten „STRG“ + „V“ in ein Bildbearbeitungs- oder Schreibprogramm ein und speichern es ab; für andere Betriebssysteme konsultieren Sie die eingebaute Hilfe). Das ist nicht immer möglich, da die entsprechenden Webseiten oft umgebaut werden.
- Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich beraten: Die Verbraucherzentralen sind beim Thema „Abofallen im Internet“ kompetente Ansprechpartner.
- Relativ schnell und trotz Widerspruch kommt dann in der Regel die erste Mahnung und danach ebenfalls recht zügig nach der gesetzten Zahlungsfrist Briefe vom Inkasso-Büro.
- Der nächste Schritt sind dann Briefe von Anwaltsbüros, die mit gerichtlichen Schritten drohen. Auch diese können Sie ignorieren.
- Normalerweise dauert es circa 6 bis 12 Monate bis die Firmen aufgeben. Solange muss man hart bleiben und sollte sich nicht von den Drohungen einschüchtern lassen. In ihren Briefen drohen die Anbieter häufig mit negativen Schufa-Einträgen, die sie in Wirklichkeit gar nicht vornehmen können.
Die wichtigsten Handlungsempfehlungen bei Abofallen lassen sich zusammenfassen mit: Nicht zahlen, Widerspruch einlegen und nicht einschüchtern lassen, damit das „Geschäftsmodell“ der Abzocker sich auflöst.
Zum Ende zusammengefasst noch einige Punkte, die man beachten sollte, damit Abzocke im Internet von Anfang an keine Chance hat:
- Vorsicht, wenn man bei der Registrierung für ein vermeintlich kostenloses Angebot seine Kontodaten angeben muss.
- Im Zweifelsfall lieber auf kostenlose Angebote verzichten! Nicht nur Abzock-Fallen lauern. Allein schon, dass die eigenen persönlichen Daten in unbekannte Hände geraten, sollte zur Vorsicht mahnen (vgl. hierzu auch Text 12 „Vorsicht Falle – Betrug im Internet“ der gemeinsamen Themenreihe von klicksafe und iRights.info).
- Bei allen Internetgeschäften gilt: Registrierungs- und Rechnungs-E-Mails genau lesen. AGB noch vor Vertragsabschluss genau durchschauen.
- Wenn man Zweifel hat, ob man einem unseriösen Angebot aufgesessen ist: Dokumentieren Sie die Webseite mit Screenshots und bewahren Sie alle E-Mails und sonstige Kommunikation zur Beweisführung auf.
Rechtsfragen im Netz
Dieser Text ist im Rahmen der Themenreihe „Rechtsfragen im Netz“ in Zusammenarbeit mit Klicksafe entstanden. Klicksafe ist eine Initiative im Rahmen des „Safer Internet Programme“ der Europäischen Union, getragen von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz und der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.
Der Text steht unter der Creative-Commons-Lizenz Namensnennung – Keine Bearbeitung 2.0 Deutschland (CC BY-ND 2.0 DE).
Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht am 22.11.2011 und aktualisiert am 3.9.2012 (neue „Button-Regelung“). Kommentare können sich auf eine alte Version des Beitrags beziehen.
Was sagen Sie dazu?