Grundregeln bei Abmahnungen: Wie verhalte ich mich richtig?
Kaum ein rechtliches Vorgehen hat mittlerweile einen schlechteren Ruf als die berüchtigte Abmahnung. Dabei handelt es sich von der Grundidee her um eine sehr sinnvolle Sache. Durch Abmahnungen soll rechtliches Fehlverhalten unterbunden werden können, ohne dass gleich ein Gericht eingreifen muss. Indem abgemahnt wird, kann jemand, dessen Rechte – tatsächlich oder voraussichtlich – verletzt werden, den Verletzer auffordern, die Rechtsverletzung einzustellen.
Das funktioniert in vielen Bereichen sehr gut, beispielsweise im Bereich der Werbung. Die Unternehmen beäugen sich dabei permanent gegenseitig. Und dadurch, dass Konkurrenten abgemahnt werden können, wird flächendeckend sichergestellt, dass sich beispielsweise alle Marktteilnehmer an das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ halten. Davon profitieren die Verbraucher, ohne dass die Justiz in Marsch gesetzt werden müsste. Auch im Urheberrecht haben Abmahnungen früher sehr gut und zum Nutzen aller funktioniert, jedenfalls soweit sich Unternehmen dadurch gegenseitig diszipliniert haben.
Seit allerdings jeder Internetnutzer urheberrechtlich relevante Dinge tun kann, die früher nur Verlegern und anderen Akteuren der Kulturindustrie vorbehalten waren, sehen sich auch Verbraucher immer öfter einem Abmahnrisiko ausgesetzt. Hierauf hat sich eine ganze Branche von Anwälten spezialisiert. Privatpersonen werden plötzlich massenhaft mit juristisch scharf formulierten Abmahnbriefen und hohen Anwaltskostenforderungen konfrontiert. Entsprechend groß ist die Verunsicherung.
Grundregeln bei Abmahnungen
Es gibt jedoch ein paar relativ einfache Grundregeln, wie man sich verhalten sollte, wenn man eine Abmahnung im Briefkasten findet:
1. Nicht den Kopf in den Sand stecken
Wer einen Anwaltsbrief bekommt, sollte das nie einfach ignorieren. Falls die darin enthaltenen Vorwürfe gerechtfertigt sind, kann es teuer werden. Eine Abmahnung kommt oft mit einer Frist, die mitunter bewusst ziemlich knapp gehalten ist. Hier empfiehlt es sich, schriftlich um eine Fristverlängerung zu bitten. Die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz bietet dazu weitere Informationen und einen Musterbrief an.
2. Genau lesen
Zunächst sollte man sich genau durchlesen, worin die Rechtsverletzung bestehen soll, die man angeblich begangen hat. Es gibt inzwischen viele unseriöse Abmahnungen, die nicht einmal erwähnen, welche Musikstücke man beispielsweise unrechtmäßig verbreitet haben soll.
3. Prüfen, oder besser: prüfen lassen
Dann sollte man rekapitulieren, ob es überhaupt sein kann, dass man die Rechte anderer, wie in der Abmahnung behauptet, verletzt hat. Es kommt nicht selten vor, dass bei Abmahnwellen völlig Unbeteiligte solche Post bekommen.
- Wenn man ganz sicher ist, dass man auf keinen Fall die vorgeworfene Handlung selbst vorgenommen hat oder anderweitig darin verwickelt war, geht es weiter bei Punkt A.
- In allen sonstigen Fällen sollte man umgehend rechtskundigen Rat einholen, entweder bei einem entsprechend spezialisierten Anwalt oder bei sonstigen Beratungsangeboten für Verbraucher, etwa bei den Verbraucherzentralen. Ergibt die Prüfung, dass man tatsächlich das Urheberrecht verletzt hat, geht es weiter mit Punkt B.
A) Antworten, ohne etwas zuzugeben oder eine Rechtspflicht zu bestätigen
Wer definitiv zu Unrecht das Ziel einer Abmahnung geworden ist, sollte sich zwar beim Abmahnenden zurückmelden, aber keinesfalls die Unterlassungserklärung, die üblicherweise bereits vorformuliert der Abmahnung beiliegt, unverändert unterschreiben und zurückschicken. Vielmehr sollte man dem Abmahnenden mitteilen, dass man keine der behaupteten Verletzungen begangen hat und gegebenenfalls erläutern, dass dies geprüft wurde und von wem.
Diesem Schreiben sollte man eine selbst formulierte Erklärung beifügen, mit der man „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ erklärt, dass man die behauptete Verletzungshandlung (hier am besten genau die Formulierung der Abmahnung übernehmen) auch in Zukunft nicht vornehmen werde. Damit ist zumindest das Risiko gebannt, dass der Abmahnende eine gerichtliche und entsprechend teure „einstweilige Verfügung“ erwirkt.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Abmahnende aufgibt. Oft wird dann per Post nachgelegt. Sofern man die Sache bereits hat prüfen lassen, kann man diese Nachschüsse meist ignorieren. Wer unsicher ist, sollte aber lieber noch einmal den Rat von Profis einholen.
B) Nur das zahlen, was nötig ist
Wenn es sicher ist oder zumindest so aussieht, dass man wirklich fremde Rechte verletzt hat, kommt man nicht darum herum, zu zahlen. Aber auch hier kann eine professionelle Beratung und Unterstützung helfen, die angesetzte Summe zu drücken. Da sich das Honorar von Anwälten nach dem Streitwert bemisst, setzen Abmahnanwälte diesen oft höher an, als es angemessen ist. Ein guter Rechtsanwalt schafft es aber oft, eine niedrigere Summe zu verhandeln.
Und: Unterlassungserklärung modifizieren (lassen) und abschicken
Zusätzlich muss man in der Regel dem Verletzten gegenüber versprechen, die betreffende Rechtsverletzung nicht wieder zu tun. Dazu dient die üblicherweise bereits vorformuliert der Abmahnung beiliegende Unterlassungserklärung. Die meisten dieser vorformulierten Erklärungen gehen inhaltlich zu weit. Das heißt, sie umfassen mehr als wirklich passiert ist oder mehr als das, was an Rechtstreue verlangt werden kann. Es kann darin beispielsweise vorformuliert sein, dass man nie wieder eine Kopie des Filmes X anfertigen werde, obwohl man unter bestimmten Umständen, etwa für private Zwecke, durchaus Kopien anfertigen darf.
In der Regel sollte die geforderte Unterlassungserklärung deshalb so umformuliert werden, dass sie nur die wirklich erfolgte Verletzungshandlung umfasst und nur das zusichert, was rechtlich auch verlangt werden kann. Ein juristischer Laie wird es kaum schaffen, diese Umformulierungen korrekt vorzunehmen. Daher ist dringend anzuraten, sich hierbei professionell beraten zu lassen.
Allgemein gilt: Wenn man eine Abmahnung erhalten hat, sollte man nicht in Panik verfallen aber auch nicht untätig bleiben. Professioneller Rechtsrat ist in den meisten Fällen leider unerlässlich.
- Ausführliche Informationen unter anderem zur Haftung bei Familien, zur Berechnung der Anwaltskosten und zur Sonderregel für Bagatell-Rechtsverletzungen: Post vom Anwalt, was tun?
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