Hollywood präsentiert: Filmpiraten der Karibik
Der konservative US-Think-Tank RAND Corporation hat eine von der Motion Picture Association finanzierte Studie mit dem Titel “Film Piracy, Organized Crime, and Terrorism” veröffentlicht. Darin geht es unter anderem um DVD-Kopien, Speerkämpfe und die IRA.
“Raubkopierer sind Verbrecher”, so lautet via GVU das Mantra der Filmindustrie. Wer daran bisher nicht glauben wollte, den will Hollywood jetzt eines Besseren belehren. Zu diesem Zweck haben die großen Hollywood-Studios in Gestalt ihres Interessenverbandes Motion Picture Association (MPA, via Wikipedia) bei der RAND Corporation – Motto: “Objective Analysis. Effective Solutions” – eine Studie in Auftrag gegeben. Das Ergebnis trägt den Titel “Film Piracy, Organized Crime, and Terrorism” und ist ab sofort als kostenloses PDF oder kostenpflichtiges Druckwerk zu beziehen.
Der Titel des 160-Seiten-Werkes macht gleich klar, wohin die Reise geht. ‘Filmpiraten sind Terroristen’, fast jedenfalls. Im Vorwort der Studie heißt es:
“Dieser Bericht . . . präsentiert detaillierte Fallstudien aus der ganzen Welt aus einem spezifischen Bereich der Produktfälschung — Filmpiraterie –, um zu illustrieren, wie Kriminelle — und vielleicht Terroristen — neue und wenig diskutierte Wege zu Finanzierung ihrer ruchlosen Aktivitäten finden.”
Auf dem Cover der Druckversion sieht man die passende Illustration: neben mehreren DVDs und einer Geldrolle auch eine Pistole mit zugehörigen Patronen.
Wie sieht die Praxis aus? Dazu liefert der Bericht in der Zusammenfassung mehrere Beispiele aus verschiedenen Ländern, unter anderem auch aus Italien, Großbritannien und Russland. Aus Malaysia etwa wird Folgendes berichtet:
“[D]ie Ang-Bin-Hoey-Triade hat sich an Gebietskämpfen um die Kontrolle über Piratenmärkte beteiligt, in deren Verlauf es zu Messer- und Speerkämpfen kam; unbeteiligte Beobachter ausgeraubt wurden, darunter Familien, die an der Haltestelle auf den Bus warteten; die Anführer rivalisierender Banden ermordet wurden.”
Die Autoren der RAND-Studie schlussfolgern aus den Beispielen ihrer Studie:
“Wie diese Fälle nahe legen, ist die DVD-Piraterie wegen ihrer hohen Profite bei minimalem Risiko attraktiv für Kriminelle in aller Welt, die damit ihr Portfolio aus Drogenhandel, Geldwäsche, Erpressung und Menschenhandel ergänzen. . . Produktpiraterie trägt in weitem Umfang dazu bei, unterschiedliche kriminelle Organisationen mit Geld zu versorgen. Im Fall der DVD-Piraterie sind kriminelle Gruppen dabei, die Kontrolle über die gesamte Lieferkette zu übernehmen. . .”
In einer tabellarischen Übersicht über alle 17 untersuchten Verbrechersyndikate wird dargestellt, dass sich alle unisono an Filmpiraterie beteiligen.
Die Studie sieht zwar einen Unterschied hinsichtlich der Handlungsmotive des organisierten Verbrechens und von Terroristen, weist aber zugleich darauf hin, dass sich “die Motivation eines Gruppenmitglieds angesichts veränderter Umstände ändern kann”. Zur Illustration wird das Beispiel der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) angeführt, die sich zum Teil mit kriminellen Aktivitäten finanzierte.
Aus ihren Befunden leiten die RAND-Forscher eine Reihe von Forderungen ab. Um die aus dem “Diebstahl geistigen Eigentums” resultierenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und die globale Wirtschaft einzudämmen, bräuchte es laut Studie fünf Zutaten: einen verstärkten politischen Willen; eine starke Gesetzgebung; eine konsistente Durchsetzung; abschreckende Strafen; innovative Lösungen.
Was stellen sich die RAND-Autoren unter abschreckenden Strafen vor?
“Schlüsselfälle von Piraterie sollten von den Abteilungen für organisierte Kriminalität oder Geldwäsche bearbeitet werden. Die strikte Anwendung der Geldwäschegesetze . . . kann dazu beitragen, die finanzielle Attraktivität dieser Verbrechen zu reduzieren. Zusätzlich sollte Piraterie zu einem Vebrechenstatbestand hoher Priorität bei der Bekämpfung von Gang-Kriminalität gemacht werden.”
Inhaltsverzeichnis der Studie:
Chapter One:
Introduction: Defining the IssuesChapter Two:
Organized Crime and TerrorismChapter Three:
The Shape of Counterfeiting and the Example of Film PiracyChapter Four:
Getting Down to Cases: Organized Crime and Film PiracyChapter Five:
Terrorism and Film Piracy: Known CasesChapter Six:
The Role of Governments: “Protected Spaces” for CrimeChapter Seven:
Innovations in EnforcementChapter Eight:
The Way Forward
1 Kommentar
1 Robert A. Gehring am 5. März, 2009 um 18:01
Die Betreiber einer nicht wirklich koscher aussehenden Website fanden den Artikel übrigens so toll, daß sie ihn gleich (in der Fassung für Golem.de) ohne meine Erlaubnis kopiert haben.
Was soll ich nun dazu sagen? Das ist wohl so ein Fall von Life imitates art, oder so . . .
Was sagen Sie dazu?