Paul Klimpel: Regelung für verwaiste Werke dringend nötig
Durch Digitalisierung und Internet eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten, die Vielfalt unseres kulturellen Erbes aufzuzeigen und zugänglich zu machen. Kulturpolitisch wird von Museen und Archiven gefordert, diese Möglichkeiten zu nutzen. Doch das Urheberrecht erweist sich als ein großes Hindernis.
Offenkundiges Beispiel sind die sogenannten verwaisten Werke, bei denen die Rechteinhaber unbekannt sind. Doch sie sind nur die Spitze des Eisbergs. Zweifelhafte Rechteverhältnisse sind bei älteren Zeugnissen kulturellen Schaffens die Regel und nicht die Ausnahme. Die Klärung dieser Fragen erfordert einen erheblichen (finanziellen) Aufwand, den niemand zu tragen bereit ist und von dem auch die Urheber nicht profitieren. Die Kosten für Rechteklärung liegen meist weit über den möglichen Lizenzkosten.
Die Gedächtnisorganisationen benötigen ihre Ressourcen aber die Erhaltung der Archivalien, nicht für die Klärung von Rechtsfragen. Dies liegt im Interesse der Urheber, deren Werke dadurch überdauern. Denn zur Erhaltung der Trägermaterialien sind die Urheber selbst nicht verpflichtet. Ohne Archive und Museen würde das Urheberrecht oft die physische Existenz von Kulturzeugnissen überdauern und damit leerlaufen.
Das Urheberrecht muss verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, die der besonderen Rolle von Gedächtnisorganisationen für das kulturellen Erbe gerecht wird. Eine Regelung, die die Nutzung von verwaisten Werken ermöglicht, wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Sollte es zu einer kommerziellen Verwertung verwaister Werke kommen, muss es Rückflüsse zu den Institutionen geben, die dafür gesorgt haben, dass diese Werke überhaupt erhalten geblieben sind. Ohne Archive und Museen gäbe es keine verwaisten, sondern nur verschollene Werke.
Aufgrund rechtlicher Unsicherheiten sind bislang weite Bereiche des kulturellen Erbes nahezu unsichtbar. Das Urheberrecht sollte aber kultureller Vielfalt ermöglichen, nicht kulturelle Vielfalt unterdrücken.
Zur Person
Dr. Paul Klimpel, geboren 1970, studierte Jura in Bonn und München, wo er sich auch für Philosophie, Psychologie und Sozialwissenschaften an der Jesuitischen Hochschule für Philosophie einschrieb. Nach Abschluss des Philosophiestudiums 1998 kam er zum Referendariat nach Berlin, wo er an der Humboldt–Universität promovierte. Dr. Klimpel ist seit 2002 für die Deutsche Kinemathek tätig, deren Verwaltungsdirektor er 2006 wurde. Er ist Geschäftsführer des Netzwerks Mediatheken und engagiert sich in Gremien und Verbänden für eine Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Museen und Archiven, leitet die Arbeitsgruppe „Recht“ im Kinematheksverbund, gehört dem Lenkungskreis des Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft an und berät den Deutschen Museumsbund.
1 Kommentar
1 Povoden Werner am 18. April, 2013 um 11:16
Sehr geehrter Herr Klimpel,
ich habe mit Interesse Ihre Publikation über CC-Lizenzen verfolgt und möchte anfragen ob die Möglichkeit besteht diese Inhalte über mehrere virtuelle Workshops zu vermitteln. Mehrere deshalb, da die Thematik komplex ist und die Dauer eines virtuellen Workshops 90 Min. dauert. Ich persönlich leite den Arbeitskreis für Information Rheinland Pfalz Eifel. Das ist ein offizieller Regionalverband der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis. Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Povoden
Was sagen Sie dazu?