Bundesrat will Position der Rechteinhaber in der EU stärken
Die Mitteilung der EU-Kommission wurde in Brüssel im Anschluss an eine 2006 durchgeführte, öffentliche Konsultation verfasst und beschäftigt sich mit dem Umgang mit kreativen Online-Inhalten im Binnenmarkt. Sie dient der Vorbereitung weiterer Maßnahmen zur Förderung der „Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle und der grenzüberschreitenden Bereitstellung verschiedener Dienste“.
Eine Mitteilung gehört zum so genannten „soft law“ der EU und hat keine unmittelbare Rechtswirkung, stellt aber einen ersten Schritt auf dem Weg hin zu Maßnahmen mit Rechtswirkung dar. Mitteilungen der EU-Kommission dienen dazu, einen Konsens über mögliche weitergehende Rechtsetzungsverfahren – beispielsweise Richtlinien – vorzubereiten. In Deutschland hat der Bundesrat in vielen Europarechtsfragen ein Mitspracherecht.
Bundesrat befürwortet DRM
Im Entwurf zur Stellungnahme befürwortet der Bundesrat befürwortet grundsätzlich den Einsatz von DRM: „Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass DRM-Systeme geeignete Möglichkeiten bieten, Rechteinhaber zu schützen und einen wohlverstandenen Ausgleich zum Informationsbedürfnis der Verbraucher und Verbraucherinnen herzustellen.“ Dass die Nutzer DRM überwiegend ablehnen und die Rechteinhaber zunehmend darauf verzichten, sieht der Bundesrat „neben fehlender Interoperabilität auch Fragen des Datenschutzes sowie – generell – dem erschwerten Zugang“ geschuldet. Die Schlussfolgerung daraus: „Die weitere Entwicklung in diesem Bereich sollte abgewartet werden.“ Im Hinblick auf das Bildungssystem sollten DRM-Systeme „nur im angemessenen Umfang zur Anwendung kommen“. Was angemessen wäre, lässt der Bundesrat weitgehend offen und spielt den Ball an die EU-Kommission zurück.
Auskunftsanspruch gegen Internetprovider
Was die Frage der „Internetpiraterie“ angeht, teilt der Bundesrat „die Auffassung der Kommission, dass es sich bei der Internetpiraterie um ein zentrales Problem bei der digitalen Verwertung von geschützten Werken handelt.“ Als Voraussetzung zur Problemlösung müsste es laut Bundesrat „den Rechteinhabern [durch] effektive Maßnahmen ermöglicht werden, […] gegen Rechtsverletzungen vorzugehen. Dazu gehören unter anderem ein Schadensersatzanspruch, der nicht lediglich dazu führt, dass der Verletzer die einfache Lizenzgebühr zu zahlen hat, und insbesondere ein praktikabler – und erfüllbarer – zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern.“ Nach der EuGH-Entscheidung im Fall Promusicae gegen Telefonica steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich offen, einen solchen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch im jeweiligen nationalen Recht zu schaffen, wobei die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss. Die Ansprüche der Rechteinhaber dürfen laut EuGH nicht auf Kosten des Schutzes der Grundrechte der Internetnutzer einseitig stärker gewichtet werden.
„Verwaiste Werke“: Widerspruchsrecht für Rechteinhaber
Überhaupt nicht auf Linie der EU-Kommission ist der Bundesrat in der Frage der „verwaisten Werke“. Darunter versteht man urheberrechtlich geschützte Werke, bei denen der Rechteinhaber nicht zu ermitteln oder nicht zu erreichen ist. Ohne Rechteklärung ist aber eine Nutzung beispielsweise im Internet nicht möglich. Teile des kulturellen Erbes liegen so brach. Die Position des Bundesrates dazu: „Hohe Transaktionskosten können für sich genommen keine Rechtfertigung dafür sein, geschützte Werke ohne Zustimmung der Urheber zu nutzen. Das gilt nicht nur im Hinblick auf vermögensrechtliche Interessen der Urheber, sondern auch zur Wahrung ihrer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse. Dass Werke wirtschaftlich oder gesellschaftlich ‚unproduktiv’ sind, ändert hieran nichts.“ Zumindest fordert der Bundesrat, „ein Widerspruchsrecht des Urhebers“ als „Sicherung“ vorzusehen.
Keine länderübergreifenden Lizenzen
Die EU-Kommission hat zur Förderung von Geschäftsmodellen im einheitlichen Binnenmarkt „gebietsübergreifende Lizenzierung für kreative Inhalte“ vorgeschlagen, wie sie im Bereich der Musikindustrie für die Online-Lizenzierung bereits eingeführt wurde. Davon hält der Bundesrat nichts und will stattdessen die Kooperation zwischen nationalen Verwertungsgesellschaften stärken: „Ein Ausbau dieses Systems würde eine länderübergreifende Lizenzierung des Repertoires aller beteiligen Verwertungsgesellschaften ermöglichen, wie es bereits bei bestimmten Nutzungsformen (Simulcasting/Webcasting) im Hinblick auf die Rechte von ausübenden Künstlern und Tonträgerherstellern der Fall ist. […] Hintergrund ist, dass der Verzicht auf Gegenseitigkeitsverträge dazu führen würde, dass kleinere nationale Verwertungsgesellschaften in ihrer Existenz bedroht wären. Dies hätte aber unmittelbare Auswirkungen auf die kulturelle Vielfalt in Europa.“
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