EuGH: Internetprovider müssen Daten von Tauschbörsen-Nutzern nicht herausgeben
Geklagt hatte der spanische Verband der Musikproduzenten, Productores de Música de España (Promusicae), gegen den Internetprovider Telefónica de España. Promusicae machte geltend, dass Telefónica-Kunden Urheberrechte seiner Mitglieder verletzt hätten.
Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes gibt es im europäischen Recht keine Grundlage für die Herausgabe von personenbezogenen Daten durch Internetprovider in zivilrechtlichen Streitfällen. Die EU-Mitgliedsstaaten seien daher auch nicht verpflichtet, im nationalen Recht die Herausgabe von Providerdaten für solche Fälle einzuführen. Das Gericht bestätigte damit die Auffassung von Telefónica.
Der Fall Promusicae gegen Telefónica
Telefónica war in Spanien von Promusicae aufgefordert worden, Namen und Anschriften von Internet-Nutzern herauszugeben, die sich hinter bestimmten IP-Adressen verbargen. Die Nutzer, denen diese IP-Adressen zu bestimmten Zeiten zugewiesen waren, sollten nach Ermittlungen von Promusicae ohne Genehmigung Musikdateien über eine Peer-to-Peer-Tauschbörse getauscht haben. Das zuständige Gericht in Madrid gab in der Sache Promusicae Recht und verurteilte Telefónica zur Herausgabe der Identitäten an Promusicae.
Dagegen ging Telefónica in Berufung, weil nach geltendem spanischen Recht “Betreiber elektronischer Kommunikationsdienste oder […] Dienstleistungserbringer […] nur im Rahmen einer strafrechtlichen Untersuchung oder, wenn es zum Schutz der öffentlichen Sicherheit erforderlich oder die nationale Sicherheit gefährdet sei, Auskunft über Daten erteilen [dürfen], die […] von Gesetzes wegen gespeichert werden müssen”. Das 5. Wirtschaftsgericht in Madrid war sich daraufhin seiner Sache nicht mehr sicher und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.
Eine Frage für den EuGH
In einer ausführlichen Erörterung sämtlicher einschlägiger Rechtsvorschriften kam die zuständige Generalanwältin Juliane Kokott zu dem Schluss, dass nach europäischem Recht eine Herausgabe der Identitäten in zivilen Urheberrechtsverfahren nicht zulässig ist. Lediglich in Strafsachen sei die Weitergabe erlaubt, wenn nationale Gesetze das vorsähen. Im Fall Promusicae gegen Telefónica konnte Kokott aber keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Filesharer sich nach spanischem Recht strafbar gemacht hätten.
In seiner heutigen Entscheidung stimmt der Europäische Gerichtshof seiner Generalanwältin zu: „Die Antwort auf die Frage des nationalen Gerichts muss lauten, dass die Richtlinien 2000/31, 2001/29, 2004/48 und 2002/58 keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten beinhalten, für eine Situation wie im vorgetragenen Fall die Übergabe personenbezogener Daten zwecks wirksamen Schutzes des Urheberrechts in Zivilrechtsfällen vorzusehen.“
Der EuGH stellt in seiner Entscheidung auch fest, dass – entgegen der Argumentation von Promusicae – die EU-Mitgliedstaaten auch nicht nach dem TRIPS-Abkommen verpflichtet seien, solche Maßnahmen einzuführen. Das gälte auch in Abwägung der Grundrechte auf Schutz des Eigentums, auf Rechtsschutz und auf Schutz der Privatsphäre. Die Mitgliedstaaten müssen nach Auffassung des Gerichts „bei der Umsetzung von Richtlinien eine abwägende Interpretation der Richtlinien vornehmen, um eine faire Balance zwischen den verschiedenen Grundrechten zu erreichen, die von der Rechtsordnung der Gemeinschaft geschützt werden“.
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