Filesharing als Kulturindustrie
Unter den knapp hundert Teilnehmern befanden sich Aktivisten und Vertreter der schwedischen BitTorrent-Tracker-Site The Pirate Bay, der schwedischen Piratenpartei Piratbyran, der BitTorrent-Suchmaschine Mininova, der News-Website TorrentFreak und viele weitere Theoretiker und Künstler, die sich mit der Materie beschäftigen, etwa auch der Projektleiter von iRights.info, Volker Grassmuck. Zentrales Thema war eine Standortbestimmung zur Bedeutung des geistigen Eigentums in einer modernen Gesellschaft. Peter Kolmisoppi von The Pirate Bay erklärte, dass die veralteten Konzepte der Rechteverwertung durch den Copyright-Schutz nicht zu den neueren Entwicklungen in der Gesellschaft passen würden.
Kampf gegen Windmühlen
Die Erfahrungen in rechtlichen Auseinandersetzungen und die Motivation der Macher von The Pirate Bay wurden ausführlich diskutiert. So ist es der Website, die BitTorrent-Trackerdateien zur Verfügung stellt, bislang gelungen, dem öffentlichen und juristischen Druck der Musikindustrie Stand zu halten. Trotz angekündigter verstärkter staatlicher und juristischer Maßnahmen durch die schwedischen Behörden, die den schwedischen Aktivisten vorwerfen gegen das Urheberrechtsgesetz zu verstoßen oder Hilfe dazu zu leisten, werde sich das so schnell auch nicht ändern, so die optimistische Einschätzung der Macher. Staatliche Verflogung stelle vielmehr einen Kampf gegen Windmühlen dar, der nicht zu gewinnen sei. Um die Nutzungsmöglichkeiten für P2P-Tauschbörsen und BitTorrent-Tracker weiterzuentwickleln, arbeiten zur Zeit verschiedene Gruppen der Szene unter Beteiligung von The Pirate Bay an einem neuen Filesharing-Protokoll auf Open Source-Basis. Dieses soll es ermöglichen, einfacher Tracking-Systeme aufsetzen zu können, die dann auch nicht so anfällig für die Sperrung und Zensur von Inhalten seien wie bestehende Systeme.
Filesharing-Kultur bestimmt Alltag
Die Konferenzbeiträge beschäftigten sich auch mit der grundsätzlichen Bedeutung von Filesharing für die Gesellschaft. In der Analyse, dass Filesharing inzwischen als „Kulturindustrie“ anzusehen ist, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weitestgehend einig. Ob als Musikarchiv, virtuelles Gedächtnis oder schlicht zur alltäglichen Nutzung haben Filesharing-Netzwerke eine immense Bedeutung erlangt. Die bislang größte Nutzergruppe der Schüler und Studenten werde vermehrt durch über Fünfzigjährige ergänzt, so der Vertreter der BitTorrent-Suchmaschine Mininova Erik Dubbelboer.
Krieg gegen Piraterie erfolglos
Das Projektbüro bootlab e.V., das die Konferenz veranstaltete, stellte zu Beginn die These in den Raum, dass der Versuch einer zunehmenden Privatisierung öffentlichen Eigentums durch den teilweise martialisch propagierten „Krieg gegen Piraterie“ nicht zu gewinnen sei und zwangsläufig zu Widerstand und zur Entwicklung alternativer Modelle führe. Dies wurde in der Diskussionen und nach Ansicht vieler Teilnehmer bestätigt. Im Rahmen der von der Kulturstiftung des Bundes geförderten Konferenz finden bis Ende des Jahres noch weitere Veranstaltungen in Umea (Schweden), Empoli (Italien), Rotterdam (Niederlande), Bombay (Indien) und Berlin statt.
Was sagen Sie dazu?