Schweiz: Ratgeber zur Nutzung von Privatkopie und Tauschbörsen veröffentlicht
Die heute auf der Website der SKS veröffentlichte „Handlungshilfe“ mit dem Titel „CDs brennen und Tauschbörsen“ berücksichtigt nach Angaben der Verfasser den aktuellen technischem Stand und die geltende Rechtslage in der Schweiz. Im Gegensatz zu den Bürgern in den meisten europäischen Ländern haben die eidgenössischen Nutzer bislang viele Freiheiten und profitieren von einer liberalen Ausgestaltung des Urheberrechts. Da gegenwärtig über eine Änderung des Urheberrechtsgesetzes parlamentarisch beraten wird, werden im vorgelegten Ratgeber mögliche rechtliche Änderungen durch eine Neufassung ebenfalls berücksichtigt.
Recht auf Privatkopie bleibt erhalten
Sowohl die bisherige Rechtslage als auch die geplante Gesetzesreform sieht vor, dass CDs und DVDs „für den eigenen, persönlichen Gebrauch“ kopiert werden dürfen. Auch das Kopieren von ausgeliehenen oder gemieteten Datenträgern ist erlaubt, wenn diese im „kleinen Kreis” verschenkt werden. Dagegen ist es nicht gestattet, die gebrannten CDs oder DVDs zu verkaufen oder „massenweise” zu verschenken. Im Ratgeber wird ausdrücklich auf Brennprogramme hingewiesen und deren Funktionsweise erklärt.
Knacken von Kopierschutz erlaubt
Obwohl das Recht zur Privatkopie besteht, wird es in der Praxis durch den Einsatz von Kopierschutzsperren (DRM-Systemen) erschwert. Anders als in Deutschland sind in der Schweiz jedoch die Umgehung des Kopierschutzes und der Vertrieb entsprechender Programme bislang erlaubt.
Ausdrücklich wird im Ratgeber darauf hingewiesen, dass normale Brennprogramme nicht in der Lage sind, einen Kopierschutz zu umgehen. Die SKS hat aber eine Lösung parat: „Hierfür gibt es Programme, welche die Kopiersperre umgehen. Sobald die Kopiersperre umgangen ist, können Sie mit demselben Programm oder einem anderen Brennprogramm eine Kopie Ihrer CD oder Ihrer DVD erstellen. Die gebrannte CD oder DVD ist dann nicht mehr mit einer Kopiersperre versehen.“
Dem Entwurf für das neue Urhebergesetz zufolge soll nun die Herstellung, der Verkauf und der kostenlose Vertrieb solcher Programme verboten werden. Privatpersonen soll es hingegen grundsätzlich weiterhin erlaubt sein, eine Kopie unter Einsatz eines Umgehungsprogramms für den Eigengebrauch oder enge Freunde zu erstellen. Nicht von dem geplanten Verbot betroffen sind der Erwerb und der Gebrauch entsprechender Programme. Die SKS sieht darin eine wesentliche Einschränkung der Freiheit von Nutzern.
Im Ratgeber wird als mögliche Lösung auf die Nutzung von „Schlupflöchern“ hingewiesen. Zunächst wird die Software des Unternehmens Slysoft erwähnt, „welche einfach bedienbare Kopiersperrenumgehungsprogramme anbietet“. Diese könne man via Download auf den Computer laden und kaufen, oder „auch 3 Wochen lang gratis vollumfänglich testen“. In Deutschland sind sowohl der Einsatz der Software von Slysoft verboten als auch die Verlinkung der Website im Rahmen der journalistischen Online-Berichterstattung. Eine weitere Option sieht die SKS in Programmen, die führende Handy-Hersteller anbieten. Diese Programme seien ebenfalls dazu geeignet, den bestehenden Kopierschutz zu umgehen, und „werden vermutlich nicht verboten“.
Download von Musik und Filmen faktisch erlaubt
In der Handlungshilfe der SKS wird zwar zwischen kostenlosen und kostenpflichtigen Möglichkeiten des Downloads unterschieden, doch ist die Handlungsanweisung an die Leser des Ratgebers eindeutig: „Für Sie als Konsument ist die Rechtslage klar. Denn die überwiegende Mehrheit der Juristen im Gebiet des Urheberrechts geht davon aus, dass der Konsument gratis Musik und Filme aus dem Internet downloaden darf“. Die Autoren führen weiter aus, dass es dabei egal sei, „ob es sich um legale Angebote oder um illegale Tauschbörsen handelt“. Denn, so die Juristen, „es könne nicht Ihnen als Konsument zugemutet werden, aus der Vielfalt von legalen und illegalen Angeboten zu unterscheiden“. Da es bisher noch kein Gerichtsverfahren zu dieser Problematik gegeben habe, fehle auch ein einschlägiges Urteil. Die bestehende Rechtslage soll durch das überarbeitete Urheberrechtsgesetz nicht geändert werden.
Upload in P2P-Tauschbörsen verboten
Weiterhin wird im Ratgeber erläutert, dass der Upload von urheberrechtlich geschützten Liedern oder Filmen verboten ist. Da bei der Nutzung von Tauschbörsen-Programmen oftmals eine automatische Upload-Funktion vorinstalliert wird, kommt es zu Fällen, in denen sich die Nutzer über den illegalen Upload-Vorgang nicht bewusst sind. Vor diesem Problem hatte im März bereits das US-Patentamt gewarnt und den Herstellern von Tauschbörsen-Programmen eine Irreführung der Anwender vorgeworfen. In einem möglichen Gerichtsverfahren könnten die Betroffenen zwar geltend machen, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Die SKS rät aufgrund der „unklaren Rechtslage“ aber grundsätzlich von Uploads ab.
In der Vergangenheit gab es in der Schweiz noch keine Gerichtsurteile zu dieser Frage. Rechtliche Auseinandersetzungen zwischen der Musikindustrie vertreten durch die IFPI (International Federation of the Phonographic Industry) und Betroffenen, wurden stets außergerichtlich gegen Zahlung einer Strafe beigelegt. Durch die Neufassung des Urheberrechts ändert sich daran nichts.
Interoperabilität wichtiger als Kopierschutz
Gegen Ende des Ratgebers widmen sich die Autoren der Frage, ob Musik von einer CD, aus einer Tauschbörse oder einem kostenpflichtigen Download-Portal auf einen MP3-Player oder das Musik-Handy geladen werden darf. Grundsätzlich sei der freie Austausch von erworbenen Musikstücken zwischen einzelnen Geräten erlaubt. Es handelt sich hierbei um eine legale Nutzung im privaten Bereich.
Probleme sieht die SKS jedoch im Bereich des Kopierschutzes und der Interoperabilität zwischen verschiedenen Formaten und Abspielgeräten. Für die eventuell notwendige Konvertierung von legal erworbenen Musikdateien aus anderen Formaten in das MP3-Format wird im Ratgeber auf frei verfügbare Programme zur Umgehung des Kopierschutzes hingewiesen. Das größte Handicap sehen die Autoren dabei im Arbeitsaufwand: „Somit können Sie mit diesen MP3-Dateien Privatkopien … selbst von CDs machen, die mit einer Kopiersperre versehen sind. Hingegen müssen Sie deutlich mehr Klicks hierfür aufwenden als wie wenn die CD nicht mit einer Kopiersperre versehen wäre.“
Nach geltender Rechtslage sind in der Schweiz, wie beschrieben, die Herstellung und der Vertrieb von Umgehungsprogrammen erlaubt. Das soll mit der Gesetzesnovelle geändert werden. Allerdings macht der Ratgeber deutlich, dass Programme zur Konvertierung dazu da sind, die Interoperabilität zwischen unterschiedlichen technischen Systemen zu gewährleisten. Die Juristen der Stiftung gehen daher davon aus, „dass das Garantieren der Interoperabilität Vorrang vor dem Verbot der Kopiersperrenumgehung hat“. In diesem Sinne seien auch die Konvertierungsprogramme der Handy-Hersteller – inklusive gegebenenfalls unvermeidlicher Umgehung des Kopierschutzes – erlaubt.
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