Gesetzesentwurf zum stärkeren Schutz geistigen Eigentums
Das Bundeskabinett hat Ende Januar 2007 den Entwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der „Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum“ (EU-Richtlinie 2004/48/EG) in deutsches Recht beschlossen. Durch das Gesetz sollen Regelungen im Patentrecht, im Gebrauchsmusterrecht und im Urheberrecht geändert werden. Wichtige Änderungen soll es im Gesetzesentwurf zu den Maßnahmen gegen Produktpiraterie geben. Zudem sollen zentrale Fragen neu geregelt werden: der Umgang mit Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen; der zivilrechtliche Auskunftsanspruch von Verwertungsgesellschaften und die Berechnung fiktiver Lizenzgebühren als Grundlage des Schadensersatzes. Die Bundesregierung erhofft dadurch, den Verbraucherschutzes zu stärken. Der Gesetzesentwurf geht nun im Wege des Gesetzgebungsverfahrens zur weiteren Beratung in den Bundesrat und abschließend in den Bundestag.
50 Euro für die erste Abmahnung
Häufig sehen sich Internet-Nutzer mit Abmahnungen konfrontiert, dass sie das Urheberrecht verletzt haben sollen. Neben der Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung für den Wiederholungsfall, sollen die Empfänger meist noch Abmahnkosten in beträchtlicher Höhe bezahlen. Grundlage einer Abmahnung ist die Behauptung des Abmahnenden, dass der Adressat eine Rechtsverletzung begangen hat. Dies muss im Einzelfall nicht immer zutreffen. In der Praxis hat es sich gezeigt, dass die verlangten Abmahngebühren oftmals viel zu hoch angesetzt sind. Die Kosten einer Abmahnung setzen sich in der Regel aus Lizenzgebühren für die Verwendung des urheberrechtlich geschützten Materials, die nachträglich gefordert und oftmals überhöht sind, und Anwaltsgebühren zusammen.
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht nun vor, dass bei einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung die Rechtsanwaltsgebühren nicht mehr als 50 Euro betragen dürfen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Abgemahnte durch die begangene Urheberrechtsverletzung keine geschäftlichen Interessen verfolgt. Von der Änderung unberührt bleiben Rechtsanwaltsgebühren gegenüber dem Auftraggeber. Das Bundesjustizministerium nennt in seiner Presseerklärung dazu das Beispiel einer 16-jährigen Schülerin, die ein einziges Musikstück in einer P2P-Tauschbörse zum Download angeboten hatte. Das folgende Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft aufgrund der Verletzung des Urheberrechts wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt. Anschließend erhielt die Schülerin jedoch eine Abmahnung, in der unter anderem ein Anwaltshonorar von 2500 Euro gefordert wurde.
Durch die neue Regelung sollen Internet-Nutzer nun vor solchen überzogenen Abmahngebühren geschützt werden. Verwertungsgesellschaften, die mit Abmahnungen gegen die Verletzung des Urheberrechts ihrer Kunden vorgehen, protestieren vehement gegen diese neue gesetzliche Beschränkung. Verbraucherschützer dagegen sehen durch die Begrenzung der Abmahngebühren eine lange geforderte Klarstellung und Änderung der Rechtslage erfüllt.
Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen Internet-Provider
Eine weitere Änderung bezieht sich auf den Auskunftsanspruch von Rechteverwertern gegen Internet-Provider. Grundsätzlich hat jemand, der in seinen Rechten verletzt wurde, einen Auskunftsanspruch gegenüber demjenigen, der sein geistiges Eigentum verletzt. Wenn aber die Verletzung im Internet geschieht, wie zum Beispiel beim Dateientausch in Tauschbörse, liegen die Personendaten normalerweise bei den Webhostern oder Internet-Providern. Eine Identifizierung der Täters konnte daher in den allermeisten Fällen nur durch ein Strafverfahren erfolgen, da es ein zivilrechtliches Verfahren gegen „Unbekannt“ nicht gibt. Strafverfahren wegen Urheberechtsverletzungen dienen deshalb oftmals nur dazu, spätere zivilrechtliche Forderungen im Wege einer Abmahnung geltend machen zu können, da der Kläger dann Akteneinsicht beantragen kann und damit den Namen und die Anschrift des mutmaßlichen Täters herausfinden.
Dies soll durch den neuen Entwurf geändert werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Verletzte, ohne den Umweg über die Akteneinsicht im Strafverfahren, direkt beim Internet-Provider Auskunft über die zu einer IP-Adresse gehörenden Personendaten erhalten. Ein solcher Auskunftsanspruch ist dann möglich, wenn beispielsweise Rechtevertreter der Musikindustrie geltend machen, dass von einer bestimmten IP-Adresse in gewerbsmäßiger Art und Weise Urheberrechtsverletzungen begangen worden sind.
Nicht unter die Neuregelung sollen Auskunftsansprüche von Privatpersonen fallen, die weiterhin den bisher üblichen Weg nehmen müssen. Sehr umstritten ist nach wie vor die Forderung aus Kreisen der CDU/CSU und den Verwertungsgesellschaften, die Auskunft ohne Einschaltung eines Richters zu erlangen. Der Gesetzesentwurf sieht aktuell vor, dass eine richterliche Genehmigung für einen Auskunftsanspruch gegenüber Internet-Anbietern zwingend erforderlich ist. Dabei muss der Verletzte zunächst die Kosten der Anordnung tragen. Diese kann er aber später als Schaden gegenüber dem Täter geltend machen. Jedoch ist nicht ausgeschlossen, dass im weiteren Verfahren dieser bisher vorgesehene Richtervorbehalt nochmals abgeändert wird.
Fiktive Lizenzgebühr ist Grundlage des Schadensersatzes
Neben den Rechtsanwaltsgebühren wird oftmals vom Abgemahnten eine fiktive Lizenzgebühr verlangt. Diese beinhaltet, die fiktiv zu entrichtende Gebühr für die Zeit der unberechtigten Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten, die bei rechtmäßiger Einholung der Lizenz angefallen wäre. Problematisch ist dabei, dass die Höhe dieser fiktiven Lizenzgebühr oftmals übermäßig hoch angesetzt ist. Der Gesetzesentwurf stellt diesbezüglich klar, dass Grundlage der Berechnung des geltend gemachten Schadensersatzes eine fiktive Lizenzgebühr sein kann. Ob die geforderte Höhe rechtmäßig ist, muss dabei gerichtlich im Einzelfall entschieden werden.
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