EU: Wie sollen Online-Inhalte vermarktet werden?
Die EU-Kommissarin Viviane Reding, zuständig für Informationsgesellschaft und Medien, hat die Befragung angestoßen. Reding sieht darin, dass immer mehr digitale Inhalte im Internet bereit gestellt werden, eine Chance dafür, „dass die Kultur Europas besser zugänglich wird“. Gleichzeitig biete sich den Herstellern der Inhalte die Gelegenheit, in expandierenden Märkten zu wachsen.
Im Vorfeld der Befragung, die am 28. Juni begonnen hat, hat die Kommission festeglegt, welche Typen von Inhalten und Online-Dienstleistungen untersucht werden sollen. Dazu gehören audiovisuelle Medien wie Film und Fernsehen, Dokumentationen, Nachrichten und Blogs, Online-Serien und Online-Sportberichterstattung, Musikangebote wie Downloads und Klingeltöne, Musikvideos, Online-Spiele, Online-Publikationen, Online-Bildungsangebote, außerdem sonstige „kreative Online-Angebote“, worunter beispielsweise „kulturelle Informationen“ fallen.
Geschäftsmodelle und Lizenzen
Die Kommission will mit ihrer Umfrage unter anderem in Erfahrung bringen, welche spezifischen Angebote online bereitgestellt werden, worin die Unterschiede zu Offline-Angeboten liegen und welche Probleme einer Ausweitung der Online-Angebote im Wege stehen.
Darüber hinaus ist die Kommission interessiert herauszufinden, ob neue Wege der Lizenzierung gefunden werden sollten. Einige der Fragen zu diesem Themenkomplex lauten zum Beispiel: „Wäre eine europaweite oder multiterritoriale Lizenzierung und Rechteklärung von Vorteil für kreative Unternehmen? Haben Sie selbst irgendwelche Probleme mit der Lizenzierung und Rechteklärung in ihrem Land in dem Bereich, in dem Ihr Unternehmen tätig ist? Wie könnte der Online-Vertrieb kreativer Inhalte bei der Entschädigung der Rechteinhaber berücksichtigt werden?“
DRM für Inhalte
Der „sicheren“ Verbreitung der Inhalte kommt in den Augen Redings eine Schlüsselrolle zu, denn „[n]ur ein grenzüberschreitender Markt für Online-Inhalte, auf dem die Autoren, Künstler und Schaffenden eine gerechte Belohnung für ihr Talent und ihr Können erhalten, wird es der europäischen Inhalte-Industrie ermöglichen, mit anderen Kontinenten im Wettbewerb zu bestehen.“
In der Konsultation wird daher auf Urheberrechtsverletzungen und digitales Rechte-Management (DRM) ausführlich eingegangen. Die Kommission will unter anderem wissen, wie groß der Schaden durch Urheberrechtsverstöße – „physisch und/oder online“ – ausfällt, welche Maßnahmen dagegen ergriffen werden, ob der Schaden durch Hochladen und Herunterladen unterschiedlich eingeschätzt wird, und ob „kleine“ und „große Piraten“ jeweils anders behandelt werden sollten.
Für die EU-Kommission sind Systeme zum digitalen Rechte-Management „Technologien, die urheberrechtlich geschützte digitale Inhalte identifizieren und beschreiben“. Sie dienten zwar primär dazu, Rechte zu verwalten und die Nutzung der Inhalte abzurechnen, „helfen aber auch dabei mit, die nicht autorisierte Nutzung zu verhindern“. Mit fünf Fragen speziell zu DRM-Systemen bemüht sich die Kommission darum, den Einsatz solcher Technologien auszuloten.
Interoperabilität
Die Frage der Interoperabilität von DRM-Systemen hat in jüngster Zeit insbesondere im Zusammenhang mit der Geschäftspolitik des US-Unternehmens Apple größere Aufmerksamkeit erfahren. Apple verwendet das selbst entwickelte „FairPlay“-DRM-System für Musik im iTunes-Musikshop. Wer Musikstücke dort erwirbt, kann sie nur auf einem Apple iPod mobil nutzen, weil das Unternehmen es strikt ablehnt, die Technik an Wettbewerber zu lizenzieren.
Da die iPods am weitesten verbreitet sind, sichert Apple sich durch den exklusiven Einsatz des „FairPlay“-DRMs eine marktbeherrschende Stellung im Online-Vertrieb von Musik. Der von einigen Parlamentariern in Frankreich in den vergangenen Monaten unternommene Versuch, Apple per Gesetz zur kostenlosen Lizenzierung von „FairPlay“ zu zwingen, ist bisher weitgehend gescheitert.
Fragebogen nur auf Englisch
An der Befragung können sich alle EU-Bürger beteiligen. Besonders angesprochen werden in der EU-Pressemitteilung dazu die „Industrie – vor allem Anbieter von Inhalte- und Internet-Diensten –, Verbraucher – insbesondere aus der ‚Internet-Gemeinde’ –, Aufsichtsbehörden und allen interessierten Kreise“. Der Fragebogen steht allerdings ausschließlich in englischer Sprache zur Verfügung. Da die Mehrheit der EU-Bürger nicht Englisch als Muttersprache spricht, dürfte das den Kreis der Teilnehmer erheblich einschränken.
Antworten sind bis zum 13. Oktober an die Abteilung für audiovisuelle und Medienpolitik beim Direktorat für Informationsgesellschaft und Medien zu senden. Die E-Mail-Adresse dafür lautet: avpolicy@ec.europa.eu.
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