Zweiter Korb der Urheberrechtsreform geht in die erste Lesung
Die erste Lesung des „Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“, wie die Gesetzesvorlage mit vollständigem Titel heißt, ist am heutigen Sitzungstag unter Tagesordnungspunkt 27 anberaumt. Das bedeutet, dass die Diskussion erst in der Nacht von Donnerstag zu Freitag gegen 2:30 Uhr beginnen wird. Wie viele Abgeordnete zu diesem Zeitpunkt noch im Plenarsaal des Bundestags sein werden und wie gesprächsfreudig sie sind, bleibt abzuwarten.
Die Pressestelle des deutschen Bundestages sieht in dem Termin nichts Ungewöhnliches. Die Abgeordneten, die sich mit dem Thema beschäftigen, würden anwesend sein, heißt es auf telefonische Anfrage. Im Übrigen gehe es bei der ersten Lesung ohnehin nur darum, die Gesetzesvorlagen an die Ausschüsse zu überweisen; für eine Diskussion über den Gesetzesentwurf sei auch in der zweiten und dritten Lesung noch Zeit.
Kritik der Urheber
Genau das aber bezweifelt der Bayrische Journalisten-Verband (BJV), der schon im März eine E-Mail-Kampagne gegen die Reform startete. Die Geschäftsführerin des BJV, Frauke Ancker, kritisiert die Terminlegung: „Aller Voraussicht nach wird eine Diskussion nicht stattfinden und das Gesetz ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen. In den Ausschüssen aber sitzen die Experten, die erfahrungsgemäß den Regierungsentwurf mehrheitlich absegnen werden.“
Deshalb startete der BJV Anfang der Woche eine neue E-Mail-Kampagne, in der er seine Mitglieder dazu auffordert, ihren lokalen Bundestagsabgeordneten zu schreiben, um ihnen die Wichtigkeit des Gesetzesvorhabens deutlich zu machen. Der BJV kritisiert vor allem drei Punkte: die Beschränkung der Geräteabgabe, die Regelung zu unbekannten Nutzungsarten und die Ausgleichsentschädigung bei Urheberrechtsverletzungen.
Beschränkung der Geräte- und Leermedienabgabe
Im neuen Entwurf schlägt die Bundesregierung vor, Geräteabgaben auf fünf Prozent des Verkaufspreises zu beschränken. Bisher gibt es feste Sätze für die Abgaben, über die die Urheber einen Ausgleich dafür erhalten, dass zum Beispiel im Rahmen der Privatkopie und der Schrankenregelungen für Bibliotheken Kopien von urheberrechtlich geschützten Werken angefertigt werden. Die Abgabe wird auf Leermedien, wie CDs und DVDs, und auf Geräte, wie Fotokopierer und CD-Brenner, erhoben. Der Journalistenverband sieht in der Deckelung auf fünf Prozent eine „Enteignung der Urheber“, während das Justizministerium von einen Ausgleich zwischen den Interessen der Geräte- und Leermedienherstellern und den Urhebern spricht.
Unbekannte Nutzungsarten
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die unbekannten Nutzungsarten. Bisher konnte ein Urheber die Verwertungsrechte für unbekannte Nutzungsformen nicht im Voraus an Verlage oder andere Verwerter abtreten. Wenn zum Beispiel ein Fotograf in den achtziger Jahren ein Foto an eine Zeitung verkauft hat, muss die Zeitung, wenn sie dieses Foto heute auf einer CD-Rom veröffentlichen will, den Fotografen ausfindig machen, ihn um Erlaubnis bitten und ein neues Honorar aushandeln. Durch die neue Regelung würde diese Prozedur entfallen und der Zeitungsverlag könnte das Foto gleich auf die CD packen. Bezahlt werden muss der Fotograf allerdings weiterhin.
Dadurch soll es möglich werden, so die Bundesregierung, dass Inhalte, die ansonsten in Archiven verstauben würden, weil die Urheber nicht mehr aufzufinden sind, veröffentlicht werden könnten. Urheber hätten das Recht der Verwendung zu widersprechen, allerdings haben die Verwerter nicht die Pflicht, den Urheber vorher von der neuen Nutzung in Kenntnis zu setzen. Hier setzt die Kritik des BJV an, da ein Widerspruchsrecht ohne Kenntnis wenig Wirkung zeigt.
E-Mail-Kampagne des BJV erfolgreich
Die aktuelle Aktion ist bereits die dritte E-Mail-Kampagne des BJV in diesem Jahr, bei der die Mitglieder gegen die Novelle protestieren. Nach Angaben von Claudia Petrik, Fachgruppenvorsitzende Freie des BJV, nehmen viele am Protest teil: „Die Zahl geht in die Hunderte wenn nicht Tausende.“ Auch von der ehemaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin habe der Verband aufmunternde Worte erhalten.
Kritik auch von der GEMA
Die Verwertungsgesellschaft GEMA, die für die Zweitverwertung der Rechte von Musikern und Komponisten zuständig ist, nutzt ebenfalls die Gelegenheit, um erneut auf ihre Kritik zur Urheberrechtsnovelle aufmerksam zu machen. Sie erwartet „nach jüngsten Berechnungen einen Rückgang von annähernd 60 Prozent“, wenn die Fünf-Prozent-Regelung für Geräte- und Leermedien eingeführt wird, meldet die GEMA in einer Pressemitteilung, die sie gemeinsam mit der GVL (Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten) und dem Deutschen Musikrat herausgebracht hat.
Der Sprecher des GEMA-Vorstandes, Jürgen Becker, nahm eine Äußerung der Bundeskanzlerin Angela Merkel als Anlass, um den Bundestag aufzufordern, „im eigenen Land mit gutem Beispiel voran zu gehen und den Schöpfern musikalischer Werke den ihnen zustehenden Schutz nicht zu versagen“. Die Bundeskanzlerin hatte während ihrer China-Reise angekündigt beim Urheberrechtsschutz „hart und klar“ zu bleiben.
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