Kampagne droht wieder: „Raubkopierer sind Verbrecher”
Mit dem neuen Film „Kopfball” aus der Reihe der „kürzesten Blockbuster der Welt” begibt sich die Kampagne auf den grünen Rasen. Von der Webseite „Hart aber gerecht” legal und „kostenlos” herunterzuladen, zeigt der Film einen als Fußball geschminkten „Raubkopierer”, der sich vor den Ermittlern der Filmindustrie verstecken will. Das gelingt ihm jedoch nicht. Die Aussage des Films sei, so Jan Oesterlin von der ZKM: „Raubkopierer können sich auch im Internet nicht sicher fühlen, denn es gibt mehr denn je effektive Möglichkeiten, sie dort ausfindig zu machen.”
Der Film wird von zwei neuen Plakaten ergänzt, die zur Abschreckung in Videotheken aufgehängt werden sollen. Auf dem ersten Plakat zu sehen ist „Daniela F.”, die 1000 Euro Strafe zahlen müsse, denn „[s]ie verkaufte illegal gebrannte Filme auf einem Flohmarkt.” „Markus T.”, abgebildet auf dem zweiten Plakat, wurde „wegen Herunterladens aus illegalen Quellen am 13. Februar 2006 zu acht Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt”.
Umstrittene Kampagne
Vor mehr als zwei Jahren gestartet, wurde die mit Mitteln der Filmförderungsanstalt unterstützte Kampagne schnell für ihre Filme und Plakate – die enthaltenen Aussagen und die geweckten Assoziationen – kritisiert. Von „provokant” über „irreführend” und „fragwürdig” bis hin zu „menschenverachtend” lauteten die Reaktionen etwa auf einen Filmspot, der suggerieren wollte, dass Jugendlichen – Zitat aus dem Filmspot: „Frischfleisch” – für Vergehen gegen das Urheberrecht die Inhaftierung mit anschließender Vergewaltigung drohen würde.
Der virtuelle Ortsverein (VOV) der SPD war entsetzt: „Mit ihrer Kampagne ‘Hart aber gerecht’ zeigt die Filmindustrie ein menschenverachtendes Weltbild!”, äußerte sich der VOV-Vorsitzende Arne Brand. Die Lobby für Menschenrechte wandte sich in einem offenen Brief an die Geschäftsführerin der ZKM, Elke Esser: „Glauben Sie wirklich, dass das ‘Spiel’ mit einer Vergewaltigung witzig ist? Dann beklagen Sie das fehlende Unrechtsbewusstsein von Raubkopierern. Wo ist Ihres?” Die Kampagnenmacher verteidigten sich gegen solche Vorwürfe mit Hinweisen auf den Parodie-Charakter, den die Filme hätten.
Mit der Wahrheit nimmt man es bei der Kampagne nicht so genau. Die Herstellung von Privatkopien ist rechtlich zulässig und keinesfalls mit „Raubkopieren” gleichzusetzen. Und anders als von Filmen und Plakaten suggeriert, drohen Tauschbörsennutzern auch nicht fünf Jahre Gefängnis. Nur wer gewerbsmäßig ohne Erlaubnis urheberrechtlich geschützte Werke verwertet, wird im Falle einer Verurteilung mit maximal fünf Jahren Haft bestraft.
Immerhin aber drohen auch Privatnutzern, die gegen das Urheberrecht verstoßen – jedenfalls theoretisch – Haftstrafen von bis zu drei Jahren oder Geldstrafen. In der Praxis wird die Strafverfolgung bei kleineren Verstößen und Erstdelikten jedoch häufig eingestellt oder führt allenfalls zu Geldstrafen. Trotz dieser Praxis fand der Ansatz des Bundesministeriums der Justiz, die Strafbarkeit für Bagatelldelikte mittels einer so genannten Bagatellklausel zukünftig vollständig auszuschließen, im Rahmen der Verhandlungen über den “Zweiten Korb” wenig Gegenliebe. Der ursprüngliche Gesetzesvorschlag wurde aus dem derzeit aktuellen Regierungsentwurf wieder gestrichen.
Ziel: Mehr Kinobesucher
Mit den Kampagnen _ neben „Raubkopierer sind Verbrecher” sind das auch „Kino ist das Größte“ und „Super Kino Dienstag“ – will die ZKM eine „Erhöhung des Filmbesuchs in Deutschland“ bewirken, wie auf der Website zu lesen ist.
Laut Statistik der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO) sinkt in den vergangenen Jahren die Frequenz von Filmbesuchen: 2000 waren es etwa 153 Millionen, 2001 178 Millionen, 2002 164 Millionen, 2003 149 Millionen und 2004 knapp 157 Millionen Besucher. Für 2005 weist die europäische audiovisuelle Informationsstelle nur noch 127 Millionen Kinobesuche in Deutschland aus – ein Rückgang um fast 19 Prozent bezogen auf das Vorjahr und ungefähr dem Stand von Mitte der neunziger Jahre entsprechend. Damit setzt sich auch in Deutschland der weltweite Trend rückläufiger Kinobesucherzahlen fort.
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