Paulo Coelho auf der Buchmesse Frankfurt: „Either we share or the industry will die“
Der brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho – sein Roman „Der Alchimist“ soll in über 60 Sprachen übersetzt worden sein und die Gesamtauflage seiner Bücher 100 Millionen erreicht haben – hielt letzte Woche auf der Buchmesse in Frankfurt die Eröffnungsrede, in der er sich zum freien Austausch von Wissen und Informationen bekannte (die Rede kann auf seinem Weblog als PDF heruntergeladen werden). Zum Vergleich: In der Musikbranche wäre das ungefähr so, als ob Madonna sagen würde, Tauschbörsen sind okay und man könne ihre Platten gerne herunterladen – also eher unwahrscheinlich.
Coelho ist online sehr aktiv: er hat ein Blog, eine Facebook- und Myspace-Seite und außerdem gibt er viele Texte frei, die dann im Internet zu lesen sind, wie letztes Jahr den Roman „Warrior of the Light“. Ein echtes Schwergewicht also, jedenfalls, was seine Position auf dem Buchmarkt betrifft (ich habe keines seiner Bücher gelesen, kann mich dazu also nicht äußert – aber darum geht es hier auch nicht).
In seiner Buchmessenrede stellt er den Zusammenhang zwischen der Erfindung des Buchdrucks her, der vor 550 Jahren eine Informationsrevolution einläutete und dem Internet her, das heute Informationen frei (oder jedenfalls freier) verfügbar macht. Er weist darauf hin, dass mit Social Networks und Sharing-Plattformen aus passiven Konsumenten nun aktive Produzenten werden. Das ist alles nicht wirklich neu – diese Rhetorik begleitet seit mehr als 10 Jahren die Entwicklung des Internet – es ist jedoch schon ungewöhnlich, dass jemand wie Coelho mit einer solchen Rede eine Veranstaltung der Verwerterindustrie programmatisch eröffnet, auch deshalb weil es in der Buchindustrie immer lauter rumort, dass die neuen E-Reader den Markt in den nächsten Jahren umkrempeln werden. Da scheint die Buchbranche nicht die gleichen Fehler wie die Musikindustrie machen zu wollen.
In einem neuen Blogeintrag ruft Coehlo seine Leser dazu auf, sich neue Geschäftsmodelle einfallen zu lassen, wie man trotz digitaler Freigabe Geld mit dem Schreiben verdienen kann. Manche der Kommentare sind für meinen Geschmack doch arg esoterisch, zeigen aber doch, dass die Freies-Wissen-Bewegung vielleicht doch im Mainstream angekommen ist. Schön wärs ja.
Wer keine Lust hat, sich die Rede durchzulesen: hier ist noch ein Video von Coelho vor der Messe Digital Life Design im Juni dieses Jahres, wo er ebenfalls für einen anderen Umgang mit geistigem Eigentum plädiert. DLD wird übrigens von der Burda-Stiftung finanziert, auch kein Leichtgewicht.
Edited to add 28.10.2008: In der Zeit hat Meike Richter einen Artikel über Coelho und Gratisdownloads geschrieben.
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