Frankreich: Apple sauer, Wissenschaftler nicht
Am Dienstag hatte die französische Nationalversammlung ein neues Urheberrechtsgesetz verabschiedet, das die EU-Urheberrechtsrichtlinie in französisches Recht umsetzen soll. Anbieter von Online-Inhalten, die ihre Daten mit technischen Mitteln zur Nutzungskontrolle, so genannten DRM-Systemen, ausrüsten, müssen danach Konkurrenzunternehmen Informationen zur Verfügung stellen, damit diese kompatible Geräte entwickeln können. Das Gesetz wird nun dem Senat vorgelegt. Beobachter gehen davon aus, dass es dort stark verändert oder sogar wieder gekippt werden wird.
Die Regelung zu DRM-Systemen ist besonders umstritten. Vor allem Apple, mit dem Musik-Downloaddienst „iTunes Musicstore“ (iTMS) Marktführer bei Musikverkäufen über das Internet in Frankreich, kritisiert sie heftig. Das Gesetz werde zu „staatlich unterstützter Piraterie“ führen, kommentierte Apple-Sprecherin Natalie Kerris. „Wenn das durchgeht, werden legale Musikverkäufe genau in dem Moment abstürzen, in dem legale Alternativen bei den Kunden gegenüber Piraterie die Oberhand gewinnen“, wird Kerris von der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Allerdings sei es sogar wahrscheinlich, dass Apple durch das neue Gesetz mehr iPod-Musikplayer verkaufen werde. „Die iPod-Verkäufe werden steigen, wenn Nutzer ihre ‚interoperable” Musik, die nicht angemessen geschützt werden kann, darauf überspielen“, sagte Kerris und ergänzte: „Kostenlose Filme für iPods sind sicher nicht mehr weit.“
Die Kritik Apples lässt allerdings außer Acht, dass zum einen Apples „Fair-Play“ genanntes DRM-System bereits seit langem geknackt ist. Zum anderen dürfen die Nutzer fast aller Download-Angebote ihre Musik auf Audio-CDs brennen. Diese lassen sich dann wiederum in nicht-DRM-kodierte Dateiformate, wie OGG oder MP3, umwandeln. Somit dürfte das, was der Gesetzgeber jetzt gestatten möchte, auch in Frankreich – und für Apple – längst Realität sein.
Unterstützung bekommt Apple vom US-Handelsminister Carlos Gutierrez. Im Fernsehsender CNBC sagte er: „Jedes Mal, wenn so etwas passiert, wenn also Rechte an ‚geistigem Eigentum’ verletzt werden, müssen wir uns zu Wort melden.“ Es sei gut, dass Apple die Initiative übernommen habe, so Gutierrez weiter: „Ich möchte die Firma beglückwünschen, denn Unternehmen müssen ebenfalls für ihre Rechte an ‚geistigem Eigentum’ eintreten.“
Von Wissenschaftlern wird dagegen erneut Kritik am Einsatz von DRM-Systemen laut. So hat das als konservativ bekannte, private US-Forschungsinstitut CATO in dieser Woche eine Studie veröffentlicht, die DRM-Technologien als unbeholfen und ineffektiv kritisiert. „Sie machen rechtmäßigen Nutzern das Leben schwer, aber helfen wenig, um Urheberrechtsverletzer zu stoppen“, schreibt der Informationswissenschaftler Timothy B. Lee. Das umstrittene US-Urheberrechtsgesetz DMCA (Digital Millennium Copyright Act) sei wettbewerbsfeindlich, indem es Rechteinhaber und Technologieunternehmen rechtlich dabei unterstützt, geschlossene System zu entwickeln und Konkurrenten daran hindert, kompatible System anzubieten.
Genau aus diesem Grund hatten Bürgerrechtler und Parlamentsabgeordnete in Frankreich dafür plädiert, einen Passus ins Gesetz aufzunehmen, nach dem Firmen wie Apple Informationen zur Verfügung stellen müssen, die es Konkurrenten ermöglichen, kompatible Systeme anzubieten. Andy Dornan, Kolumnist des US-Fachblatts Information Week, schreibt denn auch, dass „Apples Forderung nach einem staatlich garantierten Monopol zeigt, dass das Ziel von DRM ist, die Konkurrenz zu stoppen, nicht Urheberrechtsverletzungen“. Frankreich versuche lediglich, eine Situation wie in den USA zu verhindern, „wo der von Lobbyisten geschriebene Digital Millennium Copyright Act dazu geführt hat, dass Kompatibilität illegal ist.“
Was sagen Sie dazu?