Kein High-Definition mit aktuellen Grafikkarten
Das Online-Journal FiringSquad berichtete am12. Februar 2006 darüber, dass im Handel erhältliche Grafikkarten – trotz anders lautender Aussagen der Anbieter – das von Intel entwickelte Kopierschutzverfahren „High Bandwidth Digital Content Protection“ (HDCP) nicht unterstützen. Diese Aussagen werden durch die Recherchen anderer Medien unterstützt.
HDCP: Fehlender Kopierschutz
HDCP dient dazu, Bildsignale während der Übertragung von einem Gerät zum anderen – zum Beispiel von der Grafikkarte zum Monitor – so zu verschlüsseln, dass Anwender nicht in der Lage sind, sie unverschlüsselt aufzunehmen; die Signale werden erst vom Anzeigegerät wieder entschlüsselt. Das Verfahren soll verhindern, dass Anwender unbefugte Kopien erstellen.
HDCP kann entweder mit dem Digital Visual Interface (DVI) oder dem High Definition Multimedia Interface (HDMI) kombiniert werden. Während über die DVI-Schnittstelle, die bei vielen Computer-Displays zum Einsatz kommt, ausschließlich Bildsignale übertragen werden, stellt HDMI auch Leitungen für die digitale Übertragung von Tonsignalen zur Verfügung.
Die Firma Microsoft hat sich für ihr kommendes Betriebssystem Windows Vista auf HDCP-Unterstützung festgelegt, damit der PC auch in Zukunft als Medienzentrale im heimischen Wohnzimmer dienen kann.
Haupteinsatzgebiete für HDMI sollen nach den Vorstellungen der Industrie das hoch auflösende Fernsehen HDTV und die Nachfolger der DVD, HD-DVD beziehungsweise Blue-Ray-Disc, sein. Alle bieten im Vergleich zur DVD eine vielfach höhere Bildqualität. Das hat bei den Medienkonzernen die Befürchtungen erweckt, dass Filme ohne ihre Genehmigung aufgezeichnet und verbreitet werden könnten. Der Kopierschutz über HDCP soll dem abhelfen.
Damit Grafikkarten HDCP-fähig sind, müssen sie über lizenzierte Schlüssel verfügen, die von der Firma Digital Content Protection (DCP) gegen Zahlung von Lizenzgebühren bereitgestellt werden. Diese Schlüssel werden in separaten Chips gespeichert und müssen während der Herstellung auf die Grafikkarten aufgelötet werden. Eine spätere Aufrüstung von herkömmlichen Grafikkarten, die ohne den entsprechenden Chip produziert worden sind, ist nicht möglich.
Wie sich jetzt herausgestellt hat, haben die Hersteller der handelsüblichen Grafikkarten, darunter auch der zweitgrößte Hersteller von Grafikchips, ATI, darauf verzichtet, Schlüssel von DCP zu lizenzieren und die Grafikkarten mit den notwendigen Chips auszurüsten. Käufer dieser Grafikkarten werden auch in Zukunft nicht in der Lage sein, HD-DVDs, Blue-Ray-Discs oder HDTV-Sendungen mit ihrem PC in voller Auflösung anzusehen. Wer also im Vertrauen auf Aussagen der Art „HDCP-kompatibel“ 500 Euro in eine aktuelle Grafikkarte investiert hat, könnte ein böses Erwachen erleben, wenn es ans Abspielen der ersten HD-DVD geht. Bis es dazu kommt, werden aber noch ein paar Wochen oder Monate ins Land gehen.
AACS: Umstrittener Kopierschutz
Schuld daran, dass noch keine DVD-Nachfolger ausgeliefert worden sind, ist das wiederholte Scheitern von Verhandlungen zum Kopierschutzverfahren Advanced Access Content System (AACS), mit dem die Geräte ausgestattet werden sollen. Der Streit drehte sich um das Verhältnis von AACS und einem zusätzlichen Kopierschutz, BD+, mit dem die Blue-Ray-Disc-Laufwerke zusätzlich ausgestattet werden sollen.
AACS ist als Nachfolger für das Content Scrambling System (CSS), das als Kopierschutz auf DVDs angewendet wird, vorgesehen. CSS hatte sich als nicht sehr wirksam erwiesen – das Gerichtsverfahren um das Brechen des CSS-Kopierschutzes und die Veröffentlichung der Software DeCSS hat Jon Lech Johansen weltweit Bekanntheit verschafft – und der Nachfolger AACS stellt den Versuch dar, dessen Schwachstellen zu beseitigen. Dafür wird auf stärkere Verschlüsselungsverfahren und die Möglichkeit, unsichere Schlüssel dynamisch auszutauschen, gesetzt.
Bespielte und bespielbare optische Datenträger für hohe Bildauflösungen sowie die zugehörigen Laufwerke müssen nach dem Willen der Filmindustrie mit AACS ausgestattet werden. Dafür müssen, ähnlich wie bei HDCP, Schlüssel in die Laufwerke integriert werden. Ohne verbindliche AACS-Spezifikation können keine Schlüssel an die Gerätehersteller ausgegeben werden.
CNET News.com berichtete am Freitag, dass eine vorläufige Einigung erzielt worden sei. Eine Auslieferung von HD-DVD und Blue-Ray-Disc könnte damit in greifbare Nähe gerückt sein.
ATI zieht Produktinformationen zurück
Aufgestört durch die negativen Presseberichte hat ATI in den USA mittlerweile begonnen, in seinen Online-Produktinformationen alle Hinweise auf HDCP-Konformität zu streichen. Auf den deutschsprachigen Seiten finden sich die irreführenden Informationen hingegen noch immer.
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