Experten kritisieren europäische Produktpiraterie-Regeln
Mit der Richtlinie will die EU-Kommission alle vorsätzlich “in gewerblichem Umfang” begangenen Verletzungen an geistigen Eigentumsrechten EU-weit kriminalisieren. Verstöße sollen mit hohen Geld- und Haftstrafen geahndet werden.
Laut einem Bericht von Heise-Online, äußerte sich allen voran Reto Hilty, Direktor des Münchner Max-Planck-Instituts für geistiges Eigentum und Steuerrecht, kritisch zur Richtlinie. Zweifelhaft sei bereits, ob es nötig sei, die Strafvorschriften zu vereinheitlichen, um einen ungestörten Binnenmarkt zu verwirklichen. Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche strafrechtliche Bestimmungen in den Mitgliedstaaten, kann der Rechtswissenschaftler nicht erkennen. Damit stellt sich grundsätzlich die Frage nach der Befugnis der EU, diese Materie überhaupt zu regeln.
Nach Heise-Online zweifelt Hilty zudem daran, ob eine solche Richtlinie in ihrer Reichweite überhaupt gebraucht werde. Denn aus dem internationalen TRIPS-Abkommen („Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights“) ergäben sich für Marken- und Urheberrecht bereits hinreichende und für die EU-Länder verbindliche Schutzvorschriften.
Die Richtlinie steht nun schon seit einiger Zeit auf der Tagesordnung der EU. Bereits im Juli letzten Jahres hatte die EU-Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie zur Vereinheitlichung der strafrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der geistigen Eigentumsrechte vorgelegt (iRights berichtete, Links am Ende des Textes). Mitgliedsstaaten sollten damit gezwungen werden, Strafvorschriften gegen gewerbliche Verletzungen zum Beispiel von Urheber-, Marken- und Patentrechten anzupassen. Neben der Richtlinie wurde ein Vorschlag für einen so genannten Rahmenbeschluss unterbreitet, über den der EU-Rat massive Geld- und Haftstrafen hätte festlegen können.
Richtlinie und Rahmenbeschluss konnten jedoch nicht verabschiedet werden, weil der Europäische Gerichtshof die vorgesehene Kompetenzverteilung zwischen EU-Rat und Kommission für unzulässig erklärt hatte. Im November wurde bekannt, dass die Kommission die ursprünglichen Entwürfe noch einmal erheblich überarbeiten wollte. Das ist bisher allerdings nicht passiert. Auch wurde bei der Anhörung keine Entscheidung über das weitere Schicksal der Richtlinie oder den kommenden Ablauf des Verfahrens bekannt gegeben.
Laut Heise-Online kritisierten in der Anhörung auch andere Sachverständige das EU-Vorhaben, beispielsweise der Vorsitzende des Europäischen Verbraucherschutzbundes (BEUC), Jim Murray.
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