UN-Gipfel: Diskussionen über „geistiges Eigentum“ abgeblockt
Achtung: Korrektur angehängt.
Zu weit reichende Patent- und Urheberrechte behindern Entwicklung und Innovation nicht nur in den Industrienationen. Für Entwicklungsländern bedeuten sie eine Hürde für den Fortschritt aus eigener Kraft. Bürgerrechtsorganisationen fordern daher eine bessere Balance im System der geistigen Eigentumsrechte.
Das Thema kam auf dem WSIS indes so gut wie nicht vor. Ein geplanter Gegengipfel war abgesagt worden, so dass lediglich einige Veranstaltungen von Nichtregierungsorganisationen stattfanden, etwa zur Reform der World Intellectual Property Organisation (WIPO) und zur Peer-to-Peer-Technologie. Robin Gross von der US-Bürgerrechtsorganisation IP Justice durfte zum Thema vor der WSIS-Plenarversammlung sprechen.
In der Gipfelerklärung tauchen die „Intellectual Property Rights“ allerdings nicht auf. Dabei markierte das Treffen den Endpunkt eines auf mehrere Jahre angelegten Prozesses, bei dem die Richtung dafür vorgegeben werden sollte, wie eine zukünftige Informationsgesellschaft gestaltet werden soll.
Vor zwei Jahren, auf dem ersten Gipfeltreffen in Genf, rangen sich die Regierungen zumindest zu einer Klausel durch, die vorsichtig zur Balance im System der geistigen Eigentumsrechte mahnt. Vorangegangen war ein heftiger Streit unter den Regierungsdelegationen, weil die USA sich geweigert hatten, die Formulierung anzuerkennen. Beobachter schreiben das den mächtigen Lobbyverbände der Musik-, Film- und Softwareindustrie zu, denen nichts daran gelegen sein kann, die Zügel bei Urheberrechten und Softwarepatenten zu lockern.
Derartige Diskussionen sollten in Tunis von vornherein verhindert werden. So erhielt der prominente US-Urheberrechtsexperte Lawrence Lessig in einer Vorbereitungskonferenz die Anweisung, die geistigen Eigentumsrechte gar nicht erst zu erwähnen. Das Thema habe auf dem Informationsgipfel nichts zu suchen, sondern gehöre in die dafür vorgesehen Gremien der World Intellectual Property Organisation (WIPO), so die Begründung der Konferenzleitung. Dort hatten neben den Regierungen bislang vor allem Industrieverbände das Sagen. Mittlerweile haben sich, nicht zuletzt motiviert durch den Gipfel-Prozess, immer mehr Nichtregierungsorganisationen bei der WIPO akkreditieren lassen und arbeiten auf eine Reform der Organisation hin.
Weil sich die Regierungen in Tunis zu konkreten Beschlüssen in den entscheidenden Fragen nicht durchringen konnten, haben sie sich auf ein globales Forum zur Internet Governance geeinigt. Dieses „Global Forum“ soll allen Akteuren des Gipfels offen stehen und wird wohl auch Fragen der geistigen Eigentumsrechte thematisieren. Ob sich die Diskussionen in konkreten Entscheidungen niederschlagen werden, bleibt abzuwarten.
Korrektur: In der ersten Version der Nachricht hieß es, das “Global Forum” werde nur im Internet stattfinden. Das ist so nicht richtig; es wird nicht (nur) im Internet stattfinden, sondern tatsächlich in Konferenzräumen, zum ersten Mal nächstes Jahr in Athen. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
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