Heise-Verlag reicht Verfassungsbeschwerde ein
In seinem Nachrichtendienst Heise Online kündigte der Heise Zeitschriftenverlag vergangenen Donnerstag die Verfassungsbeschwerde an. Das Oberlandesgericht München war nach dem Landgericht München die zweite Instanz, die Heise untersagt hatte, einen Link auf die Website der Firma Slysoft zu setzen. Das Unternehmen aus Antigua vertreibt das Programm Any-DVD, das Kopiersperren bei DVDs umgehen soll. Solche Programme dürfen nach deutschem Recht weder beworben noch vertrieben werden.
Acht Firmen der Musikindustrie waren gegen den Heise Verlag vorgegangen. Sie bemängelten sowohl die Berichterstattung über Any-DVD, als auch die Tatsache, dass Heise einen Link auf Slysofts Website gesetzt hatte. Beide Münchener Gerichte waren sich einig, dass Heise auch im Rahmen einer an sich legitimen Berichterstattung keine Links auf den Anbieter der widerrechtlichen Software setzen dürfe. Hiermit unterstütze der Verlag „willentlich und adäquat-kausal“ das rechtswidrige Angebot von Slysoft.
Den Lesern des streitgegenständlichen Online-Artikels wurde das Erreichen der verlinkten Website mit der verbotenen Werbung für das Produkt ‚AnyDVD‘ … zumindest erleichtert
heißt es in der Begründung des Oberlandesgerichts. Dies sah das Gericht als ausreichend an, um Heise auch für die Zukunft Links auf das Angebot von Slysoft zu verbieten.
Der Heise-Verlag sieht hierin eine Verletzung der Pressefreiheit: „Hyperlinks sind essenziell für Texte im WWW und deren eigentlicher Mehrwert gegenüber Artikeln in Zeitschriften“, kommentiert Christian Persson, Chefredakteur von Heise Online und der Computerzeitschrift c’t, die ebenfalls zum Verlag gehört, die Entscheidung. Wenn weniger Links gesetzt werden dürften, leide dadurch die Qualität der Online-Berichterstattung.
Noch ist unsicher, ob die Verfassungsbeschwerde des Verlags überhaupt zur Entscheidung angenommen wird. Eine solche ist grundsätzlich nur zulässig, wenn zuvor der normale Rechtsweg ausgeschöpft wurde. Dies ist momentan noch nicht der Fall, da nur ein einstweiliges Verfügungsverfahren durchgeführt wurde. Vor einer Verfassungsbeschwerde müsste im Normalfall noch ein so genanntes Hauptsacheverfahren vor den ordentlichen Zivilgerichten (Landgericht, Oberlandesgericht, Bundesgerichtshof) stattfinden.
Allerdings sieht das Bundesverfassungsgerichtsgesetz, in dem das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht geregelt ist, Ausnahmen vom Grundsatz dieser so genannten Rechtswegerschöpfung vor. Über eine Verfassungsbeschwerde kann auch vorher entschieden werden, wenn der Fall von allgemeiner Bedeutung ist oder dem Beschwerdeführer ein Verweis auf den normalen Rechtsweg nicht zuzumuten wäre. Das trifft vor allem dann zu, wenn ihm durch die Dauer der Verfahren ein „schwerer und unabwendbarer Nachteil“ entstünde. Ob diese Voraussetzungen hier in Bezug auf den Heise-Verlag vorliegen, wird das Bundesverfassungsgericht zu entscheiden haben.
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