Neues Urteil zur Berichterstattung über Kopierschutzknacker
In dem Rechtsstreit geht es – irights.info berichtete – um einen Artikel im Heise-Newsticker vom 19. Januar dieses Jahres. Hier wurde über das Programm „AnyDVD“ der Firma SlySoft berichtet, mit dem nach Angabe des Herstellers Kopierschutzsperren verschiedenster Art umgangen werden könnten. Heise hatte in dem umstrittenen Artikel über ein Update dieser Software berichtet. Es wurde zwar einerseits der Geschäftsführer des Unternehmens mit positiven Aussagen über die Eigenschaften seines Produktes zitiert und per Link auf die Homepage von SlySoft verwiesen. Gleichzeitig wies Heise jedoch darauf hin, dass die Umgehung von Kopierschutzsystemen in Deutschland verboten ist. Dennoch missfiel die Meldung acht führenden Unternehmen der deutschen Musikindustrie, die hierin eine getarnte Werbung für verbotene Technologien sahen und vor dem Landgericht München den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Berichterstattung beantragte.
Das Gericht kam dem in der ersten Instanz nur eingeschränkt nach. In dem Urteil von März 2005 gelangte man zu dem Schluss, dass die Berichterstattung in dem Artikel rechtlich zulässig sei. Der Link sei aber zu entfernen. Beide Parteien legten hiergegen Berufung ein. Das Oberlandesgericht München hat nun die Berufungsanträge beider Seiten zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben, jede Seite muss die eigenen Kosten für den Rechtsstreit tragen. Außerdem bestätigte das Gericht den Streitwert in Höhe von 500.000 Euro.
Die Richter am Oberlandesgericht teilen die Auffassung, dass bei der Auslegung des geltenden Urheberrechts sowohl das Interesse der Presse nach freier Berichterstattung als auch der Wunsch der Industrie nach dem Schutz des “geistigen Eigentums” berücksichtigt werden müsse. Obwohl es unstrittig sei, dass die Software AnyDVD des Herstellers Slysoft gegen das Urheberrecht verstoße, müsse es dem Heise-Verlag erlaubt sein, über Programme zur Umgehung von Kopierschutz journalistisch zu berichten. Den Vorwurf der Musikindustrie, der Artikel hätte werbenden Charakter, wiesen die Richter zurück. Allerdings sei das Setzen des Hyperlinks auf die Homepage des Herstellers nicht mehr von der Pressefreiheit gedeckt: Es handele sich um die “Verlinkung eines Portals, wo Unrecht geschieht”.
Es steht also weiterhin „unentschieden“ in der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Pressefreiheit und Urheberrecht. Mit der schriftlichen Urteilsbegründung ist erst in einigen Wochen zu rechnen, irights.info wird weiterhin berichten. Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes ist der Rechtsweg in diesem einstweiligen Verfügungsverfahren erschöpft. Es ist aber möglich, den Fall in einem so genannten Hauptsacheverfahren neu aufzurollen. Allerdings könnte es Jahre dauern, bis in einem solchen Verfahren eine rechtskräftige Entscheidung (im Zweifel durch den Bundesgerichtshof) gefällt wird.
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