EU will neue Lizenzen für Musikrechte im Internet
Während die europäischen Nutzerinnen und Nutzer für Online-Musikdienste im vergangenen Jahr nur 27,2 Millionen Euro ausgegeben hätten, seien es laut der Brüsseler Behörde in den USA bereits über 200 Millionen Euro. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der Kommission die länderübergreifende Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften für Musik untersucht hatte.
In der Studie kommt die EU-Kommission zu der Schlussfolgerung, dass der Markt für Online-Musikdienstleistungen erheblich an Wachstum zu legen kann, wenn europaweite Nutzungslizenzen für das Internet geschaffen werden.
Bislang werden die Rechte für Online-Musik in Europa durch verschiedene, für die jeweiligen Mitgliedsländer zuständige Verwertungsgesellschaften mit unterschiedlichen Lizenzierungsmodellen wahrgenommen. Laut der Kommission bestünde die effizienteste Lösung darin, den Rechteinhabern zu erlauben, eine Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl mit der Wahrnehmung ihrer Rechte in der gesamten EU zu beauftragen. Damit würden wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die länderübergreifende Wahrnehmung von Urheberrechten geschaffen und die Verdienstmöglichkeiten der Rechteinhaber deutlich verbessert.
Derzeit erzielen die europäischen Verwertungsgesellschaften nach Angaben der Kommission lediglich ein Prozent ihrer Einnahmen durch die Vergabe von Online-Rechten. Bislang müssten Online-Musikdienste wie iTunes die gespielten Stücke in jedem Land einzeln für jeweils etwa 9500 bis 19.000 Euro anmelden. Dies führe dazu, dass bei einer durchschnittlichen Einnahme von 10 Cent pro heruntergeladenem Titel insgesamt rund 4,75 Millionen Downloads nötig wären, um die Kosten für eine EU-weite Anmeldung wieder hereinzuholen.
Deshalb müsse laut der Kommission die Beschränkung der Verwertungsgesellschaften auf ihr jeweiliges Land unbedingt aufgehoben werden. Nationale Verwertungsgesellschaften wie die deutsche GEMA könnten dann auch für Künstlerinnen und Künstler aus anderen europäischen Ländern attraktiv werden und diese als neue Kunden gewinnen. Wenn die jeweiligen Rechteinhaber darüber hinaus die freie Wahl zwischen allen in der EU tätigen Verwertungsgesellschaften hätten, würden sich diese verstärkt für eine europaweite Vermarktung ihrer Künstlerinnen und Künstler engagieren. Dies würde unmittelbar zu einer Steigerung der Lizenzeinnahmen aus dem EU-Ausland führen.
Doch die Schlussfolgerungen der Kommission haben bereits erhebliche Kritik hervorgerufen. Insbesondere Vertreter der GESAC – einem Zusammenschluss der insgesamt 34 der größten Verwertungsgesellschaften der EU, Norwegens und der Schweiz – und der GIART – Organisationen aus Dänemark, Italien, Spanien und Portugal zur Wahrnehmung der Rechte ausübender Künstlerinnen und Künstler – sparten nicht mit deutlichen Worten.
So geht die Geschäftsführerin von GIART, Francesca Greco, davon aus, dass ein Wettbewerb der europäischen Verwertungsgesellschaften untereinander zu Lasten kleinerer Organisation gehen würde. Diese Befürchtung wird von der Justiziarin von GESAC, Isabelle Prost, geteilt. Ihrer Einschätzung nach käme es zwischen den Verwertungsgesellschaften zu einem Verdrängungswettbewerb zu Lasten der Künstlerinnen und Künstler, bei dem auf Dauer nur noch größere Einheiten übrig blieben.
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