Hörbücher: Wer hören will, muss lesen
Anbieter und Bedingungen
Zwar wächst das Angebot an Hörbuch-Downloads – mit Kopierschutz und ohne. So gibt es Harry Potters Abenteuer – als Hörbuch sonst bis zu 27 CDs pro Band – inzwischen sogar als Download-Gesamtausgabe. Die heruntergeladene Datei ist allerdings per so genanntem Digital Rights Management (DRM) kopiergeschützt und lässt sich längst nicht auf jedem MP3-Player wiedergeben. Groß im Rennen auf dem Hörbuchmarkt sind also neben dem Buchhändler (an der Ecke oder im Internet) die Download-Shops, die Hörbücher ausschließlich zum Herunterladen verkaufen, statt auf CD.
Daneben gibt es Anbieter, die Hörbücher zum Download kostenfrei abgeben, wie etwa Vorleser.net. Allerdings gelten auch hier bestimmte Bedingungen. Denn in Deutschland erlischt zwar das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers eines Werkes – die Märchen der Gebrüder Grimm sind also längst „gemeinfrei“, wie der Fachausdruck dafür heißt. Die Beteiligten an einem Hörbuch – Sprecher, Regisseur und andere – schaffen aber selbst ein neues Werk und erwerben damit Urheberrechte an diesem Werk.
So bietet Vorleser.net kostenfrei Hörgeschichten von rund 60 längst verstorbenen Autoren, von erwähnten Grimms Märchen bis zu Mordfällen, die Sherlock Holmes aufklärt. Der Anbieter erlaubt in den Nutzungsbedingungen ausdrücklich die private Weitergabe auf Datenträgern, etwa auf selbst gebrannten CDs, schränkt aber ein: die Dateien dürfen nicht verkauft oder in Tauschbörsen angeboten werden; ebenso ist es verboten, die Stücke zu verändern – und „auch die Dateibezeichnungen der MP3-Dateien sind unverändert zu lassen.“ Auch wenn die Regel, Dateinamen unverändert zu lassen, ungewöhnlich ist und als in der Praxis kaum durchsetzbar erscheint: wer diese Nutzungsbedingungen akzeptiert und damit einen rechtsgültigen Vertrag schließt, ist daran gebunden. Eine Ausnahme bestünde dann, wenn eine solche Klausel rechtlich unwirksam wäre, was aber im Einzelfall zu prüfen ist.
Digital Rights Management gegen unerlaubte Kopien
Bei kommerziell zum Download angebotenen Hörbüchern setzen die Anbieter auf technische Hürden, die das Kopieren verhindern sollen. Die Hersteller gehen dabei unterschiedliche Wege. Der US-Vorreiter bei Download-Hörbüchern, Audible, setzt auf DRM – ebenso wie Apples Online-Musikladen iTunes, der Hörbücher diverser Anbieter, darunter auch Audible selbst, im Sortiment hat.
Die angebotenen Dateien sind keine MP3-Dateien, sondern liegen in einem je eigenen Format vor. Abspielbar sind sie nur mit spezieller Software und auf bestimmten Playern, die das jeweilige Format unterstützen. Das DRM-System „Fairplay“, das Apple im iTunes-Musicstore verwendet, ist ausschließlich mit Apples eigenem MP3-Player iPod und der dazu gehörigen Software iTunes abspielbar. Die gibt es zwar für Windows und Macintosh, nicht aber für Linux oder andere Plattformen. Audible wiederum veröffentlicht eine lange Liste mit kompatiblen Playern vieler Hersteller.
Beiden Anbietern gemein sind technische Restriktionen beim Kopieren und Brennen. So erlaubt es Apple, DRM-geschützte Dateien auf bis zu fünf Endgeräten, also MP3-Playern oder Computern, zu aktivieren. Hörbücher lassen sich wie iTunes-Songs unbegrenzt auf CD brennen und auf beliebig viele iPods übertragen. Allerdings lässt sich eine so genannte Wiedergabeliste, das heißt eine individuelle Zusammenstellung von Titeln, nur sieben Mal auf CD brennen. Über Audible gekaufte Hörbücher lassen sich ein Mal brennen und auf drei Endgeräten, egal ob PC oder MP3-Player, wiedergeben.
Dafür, dass mehr mit legalen Methoden erst gar nicht möglich ist, sorgt das DRM: Ist die maximale Zahl an Kopien gebrannt, verweigert das Programm beim nächsten Brennversuch den Dienst. Um ein Hörbuch auf einem weiteren Computer frei zu schalten, muss der PC sich über das Internet mit iTunes oder Audible verbinden.
Allerdings: Ist ein Hörbuch erst als Audio-CD gebrannt, lässt es sich beliebig oft weiterkopieren und auch in eine gewöhnliche MP3-Datei umwandeln, die auf praktisch jedem Player abspielbar ist. Sowohl nach den Nutzungsbedingungen von Audible wie von iTunes ist das aber rechtswidrig. Audible erklärt zudem, dass beim ersten, legalen Brennen ein digitales Wasserzeichen in die Daten eingebettet wird. So könnten Kunden, die illegal kopieren, identifiziert und Verstöße geahndet werden.
Wasserzeichen kontra DRM
Diese Wasserzeichen-Technologie ist auch bei anderen Anbietern im Einsatz. Diese Alternative zu technischen Verboten kommt vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Publikations- und Informationssysteme. Sie setzt allein auf Abschreckung: dadurch, dass der Händler Kunden per individuellem Wasserzeichen identifizieren kann, wenn Dateien illegal in Umlauf gelangt sind, etwa in Tauschbörsen auftauchen. Diese Technik verwenden unter anderem die Händler Soforthoeren.de, Claudio.de und Libri.de. Vorteil der Technik: Der Kunde bekommt – bis auf das unhörbare Wasserzeichen – „normale“ MP3-Dateien. Die kann er problemlos auf jedem noch so einfachen MP3-Player, all seinen Rechnern mit unterschiedlichen Betriebssystemen mit Software nach Wahl abspielen und auf CD brennen. Oder etwa für das MP3-fähige CD-Autoradio als MP3-CD brennen.
Die Anbieter, die mit dem Fraunhofer-Wasserzeichen arbeiten, kommen ohne Kopierschutz aus. Wie viele Kopien der Kunde anfertigen darf, legen die Händler in ihren unterschiedlichen Geschäftsbedingungen fest. Claudio.de und Libri.de etwa verweisen ausdrücklich darauf, dass Hörbuch-Dateien gebrannt und kopiert werden dürfen. Das gilt ausschließlich für den individuellen Gebrauch, aber nicht für Familie, Freunde und Bekannte. Diese Regelung widerspricht eigentlich der so genannten Privatkopie-Schranke des Urheberrechts, die vorsieht, dass man für den Konsum im privaten Umfeld einzelne Vervielfältigungen von Werken herstellen darf – und zu diesem Umfeld wird gewöhnlich auch die Familie und der Freundeskreis gerechnet. Es sind also Zweifel daran angebracht, ob eine solche Klausel rechtlich wirksam ist, aber Rechtsprechung existiert hierzu noch nicht. Eine Weiterübertragung der Rechte an Dritte ist bei den meisten Händlern ausdrücklich ausgeschlossen. Heißt: es würde gegen die Vertragsbedingungen verstoßen, die Hörbuchssammlung zu verkaufen, selbst wenn der Besitzer die Dateien auf eigenen Datenträgern vollständig löscht.
Ohnehin erwirbt der Kunde beim Kauf von Download-Hörbüchern im Regelfall kein Eigentum, sondern nur ein Nutzungsrecht an den Inhalten. Der Anbieter Libri.de befristet dieses Recht sogar in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen „auf einen Zeitraum von 30 Jahren ab dem Zeitpunkt des erstmaligen Downloads des bestellten Titels“.
Die Alternative: rund, aus Polycarbonat
Bisher gibt es so gut wie keine Hörbücher auf CD, auf denen DRM eingesetzt wird – im Gegensatz zu Hörbuch-Downloads und immer mehr Musik-CDs. Es gilt meist das selbe wie bei ungeschützten Musik-CDs: Kopieren für den individuellen Gebrauch ist erlaubt, egal, ob man die Datei in ein MP3 umwandeln oder auf CD brennen will. Selbst einzelne Kopien für den privaten Gebrauch Dritter können zulässig sein. CD-Besitzer dürfen ihre Originale ganz legal weiterverkaufen.
Nachteil der CDs: sie sind in der Regel etwas teuer als Downloads. Außerdem: Wer Hörbücher nur noch unterwegs in S-Bahn oder Auto hört, dem wird das Umwandeln dutzender CDs vor dem Genuss schnell zur Last werden. Denn 27 Harry-Potter-CDs sind weder handlich genug für unterwegs, noch lassen sie sich an einem Nachmittag ins MP3-Format rippen. Es sei denn, Zauberlehrling Harry gibt schon auf CD 1 etwas von seinen Tricks preis.
1 Kommentar
1 G. Klein am 9. März, 2016 um 19:21
Wenn das Buch oder der Text irgend eines Autoren, der seit mehr als 70 Jahren tot ist, nicht mehr dem Copyright unterliegt, wie verhält es sich dann mit einem Buch oder einem Text, bei dem das der Fall ist, jedoch der Text in der kürzeren Vergangenheit ins Deutsche übersetzt wurde. Kann dieses Buch oder dieser Text, ohne irgend welche Urheberrechtsverletzungen zu begehen als ein Hörbuch aufgenommen werden?
Würde mich über aussagekräftige Infos freuen.
G. Klein
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