Vortrag Florian Cramer: Anticopyright in künstlerischen Subkulturen (Sa 11.00 Uhr)
Ein Überflug über die künstlerische Tradition, sich mit dem Urheberrecht kritisch auseinanderzusetzen, so könnte man den Vortrag von Florian Cramer mit einem Satz zusammenfassen. Konkret begann die Reise Mitte des 19. Jahrhunderts (einzelne Ausflüge gingen auch in die Antike) und führte uns bis in die Gegenwart.
Anticopyright: Die Tradition des Plagiats
Anticopyright, die Weigerung, sich an das Urheberrecht zu halten, hat eine lange Tradition. Jedenfalls wenn man bedenkt, dass auch das Urheberrecht ein relativ junges Modell ist (es stammt in dieser Form erst vom Ende des 18. Jahrhunderts).
Cramer berichtete, wie schon der Comte de Lautréamont ca. 1870 das Plagiat als notwendig für den kulturellen Fortschritt propagierte. In der künstlerischen und literarischen Subkultur wurde dies in verschiedensten Zusammenhängen aufgegriffen. So zum Beispiel in der 1985 von Steward Home initiierten Veranstaltungsreihe Festivals of plagiarism oder sich wechselseitig plagiierenden Fanzines wie SMILE oder VAGUE aus den 1980er Jahren.
Open Content vers. Anticopyright oder “Some rights reserved” vers. “No rights reserved”
Open Content basiert nicht auf den Ideen des Anticopyright. Open-Content-Autoren verzichten nicht auf ihr Urheberrecht oder lehnen es ab. Im Gegenteil, sie bedienen sich des Rechts, um einige Rechte an ihren Werken an die Allgemeinheit zu vergeben, sich andere Befugnisse aber vorzubehalten. Indem sie sich Copyleft-Prinzipien in Open-Content- und Open-Source-Lizenzen zunutze machen, setzen die Autoren ihr Recht dazu ein, die freie Zirkulation ihrer Werke zu garantieren, nicht um sie zu verhindern.
Die Wurzeln von Open Content und Open Source
So neu, wie wir angesichts Creative Commons und Wikipedia denken, ist die Idee des Open Content nicht. Cramer nannte Beispiele, in denen die Urheber schon vor Jahrzehnten ihre Werke zur Nutzung durch die Allgemeinheit freigaben. So etwa der Songwriter Woody Guthrie, der schon in den 1930er Jahren die freie Nutzung seiner Songbooks durch entsprechende Copyright-Hinweise erlaubte und befürwortete. Das freien Lizenzen zugrunde liegende Prinzip der “Geschenkökonomie” führte Cramer zurück auf den französischen Soziologen und Ethnologen Marcel Mauss, der sich hiermit bereits in seinem Werk “Die Gabe” (“Essai sur le don”) auseinandersetzte, und der bedeutende Kunstrichtungen, vor allem die künstlerische Linke wie zum Beispiel die Situationisten, beeinflusste. Dieses Prinzip werde auch durch Open-Source-Befürworter wie Eric Raymond bemüht, dabei jedoch fehlinterpretiert. Was Mauss als eine „umgekehrte kapitalistische Ökonomie“, frei von romantisierenden Ideen darstellte, werde heute häufig zu einem Ideal verklärt.
Wer führt die Tradition fort
Wer führt die Tradition der kritischen Auseinandersetzung mit geistigen Eigentumsrechten heute und in Zukunft fort? Die Copy- und Filesharingkultur wie Piratebay oder die Piratenparteien? Oder eher Künstler wie die, deren Werke auf unserer Ausstellung “Anna Kournikova Deleted By Memeright Trusted System – Kunst im Zeitalter des Geistigen Eigentums” zu sehen sind. Florian Cramer sieht den größeren und bedeutenderen Beitrag derzeit von den Piraten erbracht, die es mit spektakulären Aktionen zu einer erheblichen Öffentlichkeitswahrnehmung gebracht haben.
Mehr dazu
Wer sich näher zu den interessanten Facetten und Hintergründen der Auseinandersetzung mit geistigen Schutzrechten in der Kunst informieren möchte, dem sei ans Herz gelegt, den Beitrag zu lesen, den Florian Cramer im Ausstellungskatalog veröffentlicht hat. Der kann als als PDF (6 MB) von der Webseite des HMKV heruntergeladen oder natürlich als Buch erworben werden. Eine ältere Version des Artikels (aus dem Jahr 2000) findet sich hier.
2 Kommentare
1 vanhellslinger am 16. April, 2010 um 16:22
God Bless the DVD pirate. He is a hero in the battle against the communist copyright Hollywood regime, a conglomerate of unions, guilds, and associations that control what and when we see movies. You people that believe because Hollywood epitomizes financial success they represent free enterprise, but China is one of the richest nations in the world and it’s 100% communist. True free enterprise would not include the government endorsing and protecting monopolies. The system of copyright has it’s roots in slavery, tyranny, and oppression, reading and writing was restricted to royalty, the wealthy and the church. Look at the current court battles between the people mapping the DNA of the human body, if it was a thousand years ago we would be talking about those who first dissected and mapped the bones of the body. Could you imagine looking at an anatomy book and see the bones missing because the publisher didn’t pay off the copyright holder of the femur bone?
Communist government control of IP has destroyed the quality of life in America. We need to put an end to copyright laws and see a renaissance of art blossom from it.
Because of copyright laws we are living in the “dark ages of movie theatres”. Other than slightly reclining seats and drink holders on the chair movie theatres have not changed in a hundred years. Take away the government bailout out of Hollywood and we will see “futuristic theatres” that will combine the old fashioned outdoor theatre with the indoor, amenities galore, we will be able to eat and drink and talk on our cell phones all while enjoying the movie, and a little simulation too. It will only happen when the theatre has to compete in business with the DVD and cable, and that will only happen when copyright is dead.
Footnote: I do not use pirate DVD’s! I do however support the anticopyright movement. Pirate DVD’s provide a valuable service to people that can’t get away to the theatre and would like to be up to date on current events. New movies sometimes contain political and cultural messages and it’s not fair to punish the working man by leaving him without options.
Communism and the Devil Worshipping Copyright Laws
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