EU-Kommissar will Schutzfrist um 45 Jahre verlängern
Der EU-Kommissar für den Binnenmarkt Charlie McCreevy kündigte heute an, dass er der Kommission vorschlagen werde, die Dauer des Urheberrechtsschutzes für ausübende Künstler von heute 50 auf 95 Jahre zu verlängern. „Ich bin überzeugt, dass Urheberrechtsschutz für Europas Künstler das moralische Recht darstellt, die Nutzung ihrer Arbeit zu kontrollieren und damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen.” Er kenne keinen überzeugenden Grund, sagte McCreevy, warum das Werk eines Komponisten, den oft kein Mensch kenne, bis 70 Jahre nach seinem Tod geschützt ist, aber das der Musiker nur bis 50 Jahre nach der Aufnahme.
Dabei sollte er, wenn er die europäische Urheberrechtsdebatte nicht völlig verschlafen hat, die guten Gründe kennen, die die britische Regierung überzeugt haben, eine solche Verlängerung abzulehnen. Die Plattenfirmen hatten darauf gedrängt, weil die Schutzfrist für die ersten Aufnahmen von Elvis Presley ausliefen. Im Auftrag der britischen Regierung führte die Gowers-Kommission eine großangelegte faktenorientierte Untersuchung der ökonomischen Folgen einer solchen Verlängerung durch.
Darin wies sie alle Argumente, die McCreevy heute anführte, als haltlos zurück. Insbesondere zeigte sie auf, dass eine Verlängerung nicht den Musikern, sondern den Plattenfirmen zugute kommen würde. In ihrem Abschlussbericht empfahl die Gowers-Kommission der britischen Regierung und der EU-Kommission, niemals rückwirkend den Umfang und die Dauer von geistigen Eigentumsrechten zu ändern.
Nach der Schlappe in England haben die Plattenfirmen nun einen Fürsprecher an höchster Stelle in Brüssel gefunden. Es ist diese Art von Korruption, die Larry Lessig im vergangenen Sommer veranlasst hat, dem Urheberrecht und der freien Kultur den Rücken zu kehren und sich als Akademiker und Aktivist künftig ganz auf Fragen der strukturelle Verzerrung des politischen Prozesses zu konzentrieren. Nein, damit ist nicht gemeint, dass Sony BMG McCreevy bestochen hätte. „I mean ‘corruption’ in the sense that the system is so queered by the influence of money that it can’t even get an issue as simple and clear as term extension right.”
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