re:publica: Das Recht auf Vergessen
Unter der Formel „Recht auf Vergessen“ (English: right to be forgotten) fordert EU-Grundrechtekommissarin Viviane Reding schärfere Datenschutzregeln im digitalen Raum. Speziell Soziale Netzwerke sollen Daten ihrer Nutzer löschen, wenn die es wünschen. Das klassische Beispiel: Wer sich auf eine Stelle bewirbt, will vorher Party- und Saufbilder von sich aus dem Netz entfernen.
Moderiert von Paul Klimpel (iRights.info) versuchte ein Podium auf der re:publica die Problematik auf eine abstraktere Ebene zu heben. Wie ändert das Netz die Erinnerungskultur?
So richtig froh schienen die Diskutanten mit dem „Recht auf Vergessen“ nicht zu sein. Das Vergessen der Menschen bestimmt nicht der Gesetzgeber. Es geht bei Reding eher um die Kategorie eines Löschungsanspruchs. Um das, was im Netz dauerhaft verfügbar ist. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kollidiert hier im Einzelfall mit anderen Grundrechten, der Meinungsfreiheit, der Kunst- und Pressefreiheit. „Man sollte eine Freiheit nicht absolut gegen die anderen setzen“, sagte Rainer Stenzel vom Bundesinnenministerium. Ein Urheberrecht an den eigenen Daten könne es nicht geben.
Verena Metze-Mangold, Vizepräsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, brachte die Idee einer Netzverfassung ins Spiel, in der man die Rechte und Interessen austariert.
Klar ist, das Netz bewahrt vieles, von dem sich der Einzelne später distanzieren will. Bewegt man sich von rechtlichen Fragen weg, kommt man schnell zum gesellschaftlichen Umgang mit Biographien, die im Netz dauerhaft transparenter bleiben als in analogen Zeiten. Die Gesellschaft könnte dem Einzelnen seine Jugendsündern nachsehen, oder dem Einzelnen die Chance geben, seine Brüche und Irrwege zu erklären. Einstellungen, Meinungen und Menschen ändern sich, das sollte auch einem Personalchef klar sein, wenn er Bewerber googelt. Eine Frage gesellschaftlicher Ethik, meinte Börries von Notz (Jüdisches Museum Berlin).
Neben der sozialen mag auch die demokratische Kontrolle in der digitalen Welt steigen.
Der Bibliotheksjurist Eric Steinhauer (Fernuniversität in Hagen) lenkte den Blick auf das kulturelle Gedächtnis und das Recht auf Erinnern, für das im digitalen Raum noch ein geeigneter Rechtsrahmen fehlt. An Büchern besitzen die Bibliotheken Eigentumsrechte. Bei der „Archivierung der Internets“ handelt es sich dagegen um Vervielfältigungsvorgänge, die nach derzeitiger Rechtslage stark eingeschränkt werden können.
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